# taz.de -- Ende der scheinheiligen Zeit: Hilfe, es weihnachtete zu sehr | |
> Für viele ist Weihnachten keine besinnliche Zeit, sondern das Hochamt für | |
> Heuchelei. Zum Glück kommt nun Silvester, das ehrlichere Fest. | |
Bild: Good bye Weihnachtsroutine: Zwischen den Feiertagen ist Platz für das ei… | |
Puh, es ist geschafft! Weihnachten liegt hinter uns! Die Werbebranche | |
inszenierte Harmonie, Instagram erzählte von Heimkehr, verspäteten Bahnen | |
und Familienglück. [1][Medien verrieten Strategien für Gespräche mit dem | |
AfD-Onkel] und Konter gegen die Frage, wann man die Eltern zu Großeltern | |
macht. [2][O du schöne, heile und verdammt stereotype Weihnachtszeit]. Denn | |
für viele ist dieses Fest in echt alles andere als besinnlich: ein stilles | |
Trauerspiel. | |
Geschenke kaufen? Ein Alibiakt, bei dem man lächelnd Geld verbrennt, das im | |
Januar fehlen wird. Oder, noch besser, die Zahl hinter dem Minus auf dem | |
Konto weiter wachsen lässt. Familie? Eher Minenfeld als Rückzugsort. | |
Besinnlichkeit? Eine wiederkehrende Marketinglüge, untermalt von „Last | |
Christmas“ in Dauerschleife. | |
Während manche freudig in die „Heimat“ düsen, werden andere unfreiwillig … | |
all das erinnert, was fehlt: Eltern, die nicht mehr leben; Verwandte, die | |
man nicht aus ihrer Sucht retten kann; ein Ort, der sich nach Zuhause | |
anfühlt, der Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit und an lustige | |
Anekdoten aus der Vergangenheit evoziert und nicht den Gedanken „Bin ich | |
froh, dass ich hier weg bin“. | |
Hätte man wenigstens einen Ort vor Augen, wenn man an Heimat denkt. Oder | |
Erinnerungen an eine Zeit, in der der Haussegen noch nicht schief hing. | |
Doch was, wenn es den Haussegen im eigenen Leben noch nie gab? Das „Fest | |
der Liebe“ lässt viele nicht nur einsam zurück, sondern beschert einem | |
Narrative, die nicht stärker von der Realität vieler Menschen abweichen | |
könnten. | |
## Zwischen den Jahren fühlt sich alles freier, leichter an | |
Aber jetzt ist es ja geschafft, und die Geschäfte öffnen wieder. | |
Fitnessstudios begrüßen Vorsatzwütige. Freunde kehren aus ihrer | |
Weihnachtsblase zurück. Das Leben geht weiter – ohne [3][Zimt], Lametta und | |
Heuchelei. | |
Und dann ist ja auch gleich Silvester. Zum Glück! Ein ehrlicheres Fest mit | |
Raum für Individualität. Zwischen den Feiertagen ist Platz für das eigene | |
Tempo, ohne sentimentale Werbespots und Weihnachtsroutine. Man kann sich in | |
die Massen stürzen, allein die Korken knallen lassen oder es ignorieren. | |
Alles fühlt sich freier, leichter an. Und vor allem: wahrlich besinnlich. | |
Vielleicht ist es genau das, was wir uns für das kommende Jahr (und für | |
alle anderen Jahre auch) wünschen sollten: mehr Raum für das, was wirklich | |
zählt – und echt ist. | |
27 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Klaudia Lagozinski | |
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