# taz.de -- Kretschmer als MP von Linkes Gnaden: Ein ganz besonders windiges Lu… | |
> Die Linke hat Michael Kretschmer ins Amt verholfen. Sie tut sich keinen | |
> Gefallen, einen Ministerpräsidenten zu wählen, nur weil von rechts die | |
> AfD droht. | |
Bild: Michael kretschmer, Ministerpräsident von Linkes Gnaden | |
Mit eingeschränktem Sichtfeld hat die Linke Sachsen am Mittwoch ihre | |
Stimmen hergegeben, um [1][CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer ins | |
Amt] zu heben. Damit hat sie einem Regierungschef zur Macht verholfen, der | |
selbst für die CDU ziemlich weit rechts steht, ohne dabei wirklich etwas zu | |
gewinnen. Die Partei verliert so an Glaubwürdigkeit, auch für die | |
Bundestagswahl. | |
Als die Abgeordneten des sächsischen Landtags zur Wahl des neuen | |
Ministerpräsidenten zusammenkamen, spukte der Geist Thomas Kemmerichs durch | |
das Parlament. Mit ihm kam die Angst, dass die AfD einen | |
Ministerpräsidenten bestimmen würde, wie sie das schon 2020 in Thüringen | |
getan hatte. Das Schreckensszenario: Die schwarz-rote Minderheitsregierung | |
hätte keine Mehrheit für die Wahl Kretschmers organisieren können. Die AfD | |
hätte stattdessen gemeinsam mit dem BSW Matthias Berger von den Freien | |
Wählern zum Ministerpräsidenten gemacht. | |
Das wollte die Linke verhindern, aber es war ein Irrtum, der sie dazu | |
brachte: Neuwahlen wären wahrscheinlicher gewesen, als dass das BSW gleich | |
im ersten Jahr einen AfD-Skandal neu auflegt. Mit ihren sechs Stimmen hat | |
die Linke stattdessen einem Mann ins Amt verholfen, der offen über eine | |
Abschaffung des Grundrechts auf Asyl spekuliert, der | |
Asylbewerber*innen die Leistungen kürzen will und von einer eigenen | |
sächsischen Grenzpolizei träumt. Zwar schließt er eine Zusammenarbeit mit | |
der AfD aus, aber rechte Positionen vertritt er auch alleine. Um Mehrheiten | |
in der kommenden Legislaturperiode zu finden, will die Minderheitsregierung | |
im Konsultationsverfahren andere Parteien in die Gesetzgebung einbeziehen. | |
Die sächsische Linkspartei hofft nun, ihre eigenen Ideen so einbringen zu | |
können. Doch das ist ein Luftschloss – und zwar ein ganz besonders | |
windiges. Es ist zwar richtig, dass die Minderheitsregierung Stimmen von | |
anderen Parteien braucht, um Gesetze zu verabschieden. Aber die Linkspartei | |
überschätzt ihren Einfluss, wenn sie denkt, dass sie so etwa Kürzungen im | |
Sozialen verhindern kann. Denn anders als in Thüringen, wo die Linke | |
tatsächlich Zünglein an der Waage sein kann, hat die Regierung in Sachsen | |
andere und leichtere Möglichkeiten, [2][AfD-freie Mehrheiten im Parlament] | |
zu finden. Mit den Stimmen des BSW ergäbe sich eine komfortable Mehrheit | |
etwa für Gesetze, die Asylbewerber*innen schaden. Verhindern kann die | |
Linkspartei das jetzt nicht mehr. | |
Wer die [3][zwei Direktkandidat*innen der Linkspartei] gewählt und | |
die Partei so ins Parlament gerettet hat, dessen Stimme hat nun also | |
geholfen, einen irrlichternden Ministerpräsidenten ins Amt zu heben, der | |
einer Partei angehört, für die selbst die Grünen linksextrem sind. | |
Demokratie braucht Optionen, doch welche glaubwürdige Wahl bleibt für | |
Menschen, die linke Politik wollen, wenn selbst die Linke nicht mehr | |
verhindern möchte, dass ein Kretschmer ins Amt kommt? Neuwahlen hätten der | |
Demokratie weniger geschadet – und der Partei auch. | |
20 Dec 2024 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Luisa Faust | |
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