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# taz.de -- Michael Kretschmer in Sachsen gewählt: Sein Tanz übers Wasser
> Am Ende wurde Kretschmer sogar mit absoluter Mehrheit zum
> Ministerpräsidenten gewählt. Das hat er mehr den Linken zu verdanken, als
> seinem eigenen Verhandeln.
Bild: Dresden, 18. Dezemeber: Michael Kretschmer gibt im ersten Wahlgang im Ple…
Habemus Kretscham, ließe sich in einer Mischung aus Papstwahllatein und der
slawischen Bezeichnung für eine Dorfschänke flachsen. Doch nach einer Sause
mit Feiersekt war am wenigsten dem [1][im zweiten Wahlgang wiedergewählten]
Amtsinhaber Michael Kretschmer (CDU) zumute.
Denn demokratietheoretisch interessante Minderheitsregierungen erweisen
sich wie in Thüringen seit 2020 als höchst anstrengend und verschleißend.
Nicht anders wird es in Sachsen sein, nachdem das Wagenknecht-Bündnis die
Verhandlungen über eine Mehrheitskoalition gesprengt hatte. Mit nur der SPD
an seiner sicheren Seite wird Kretschmer für jedes Gesetzesvorhaben für
Unterstützung aus anderen Parteien werben müssen.
Mehrheitsfindung wird generell schwieriger bei AfD-Stimmenanteilen von bis
zu einem Drittel. Zugleich demonstrierten die Septemberwahlergebnisse im
Osten den Trend weiterer Aufspaltung in Vertreter verschiedener
Partikularinteressen.
Gemeinsinn ist ein veralteter Begriff, „Landesvater“ auch. Deshalb
beschwören Kandidaten für eine solche Vaterrolle nur noch die gemeinsame
Verantwortung für das Land. Mit einer schwächeren CDU-Hausmacht als in
Sachsen hat Mario Voigt in Thüringen gezeigt, [2][dass daraus intensive
Sondierungen mit Mehrheitsbeschaffern folgen müssen].
## Ignoranz statt Strategie
Sein sächsischer Kollege Kretschmer ist zwar der umgänglichste sächsische
Ministerpräsident seit 1990. Und „Demut“ ist seit dem ersten September sein
Lieblingswort. Aber er ist kein Stratege, gilt wegen widersprüchlicher
Äußerungen als Chamäleon. „Er läuft übers Wasser“, damit spielen
Regierungskreise nicht nur auf die Unmöglichkeit seines Vorhabens, sondern
auch auf dessen Fragilität an.
So hat er nicht rechtzeitig um Vertrauen geworben. Kretschmers Erbfeinde,
die Grünen, kreiden ihm weniger Wahlkampfattacken als seine Ignoranz bis
kurz vor der MP-Wahl an. Beim BSW hat er sich erst am Dienstagnachmittag
vorgestellt.
Auf einmal erwies sich wie in Thüringen die Linke als staatstragend, ein
Teil der Fraktion muss ihn mitgewählt haben. Ein gutes Omen, dass
parteiübergreifend doch etwas geht. Mit diesen Schmuddelkindern darf ein
linientreuer Christdemokrat aber natürlich eigentlich nicht. Die Mauer muss
weg gegenüber Linken und Grünen, wenn Berechenbarkeit einziehen soll.
Jene gegenüber der AfD muss bleiben. Deren Hasardeure versuchten es wie in
Thüringen 2020 mit einem [3][Kemmerich-Effekt], als sie im zweiten Wahlgang
ihren Landesvorsitzenden Jörg Urban plötzlich fallenließen und für den
Solisten Matthias Berger von den Freien Wählern stimmten. Hauptsache,
Destabilisierung. Immerhin bleiben Sachsen letztlich Neuwahlen erspart. Das
Experiment Minderheitsregierung bekommt so eine Chance.
18 Dec 2024
## LINKS
[1] /Ministerpraesidentenwahl-in-Sachsen/!6057712
[2] /Thueringens-Ministerpraesident-Mario-Voigt/!6051294
[3] /Ministerpraesidentenwahl-in-Sachsen/!6054326
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahl Sachsen 2024
Sachsen
Michael Kretschmer
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