# taz.de -- Plan gegen Menschenhandel: Mehr Aktion | |
> Gegen sexuelle Ausbeutung, Zwangsheirat, Arbeitsausbeutung: Am Mittwoch | |
> will das Kabinett einen Aktionsplan beschließen, der sofort in Kraft | |
> treten kann. | |
Bild: In Bonn protestierten Aktivist*innen im Oktober beim „Walk for Freedom�… | |
Berlin taz | 226 minderjährige Betroffene von Menschenhandel in Deutschland | |
zählte das Bundeskriminalamt 2023. Ein Großteil der Verfahren beschäftigte | |
sich mit sexueller Ausbeutung, auch Arbeitsausbeutung und Zwangsheiraten | |
spielten eine Rolle. Unter anderem dagegen will die Bundesregierung nun | |
intensiver vorgehen: Am Mittwoch berät das Kabinett den von | |
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) eingebrachten Nationalen | |
Aktionsplan zur Prävention und Bekämpfung von Menschenhandel. | |
Anders als bei Gesetzen, die danach noch den Weg durchs Parlament nehmen | |
müssen, kann der Aktionsplan sofort nach Beschluss in Kraft treten. Dass | |
das Kabinett zustimmt, gilt als sicher. | |
In dem Aktionsplan, der der taz exklusiv vorliegt, geht es um alle Formen | |
des Menschenhandels – neben sexueller Ausbeutung, Arbeitsausbeutung und | |
Zwangsheirat also zum Beispiel um Menschenhandel zum Zweck der | |
Organentnahme oder Ausbeutung durch Leihmutterschaft. | |
Der Plan sei ein „strategischer Leitfaden“, heißt es aus dem zuständigen | |
Referat des Bundesfamilienministeriums. Ziel sei es, die Unterstützung für | |
Betroffene zu verbessern und deren Rechte zu stärken, indem Maßnahmen | |
gebündelt und überprüfbar gemacht werden. | |
## Bedarf an Hilfe „immens“ | |
Es sei „ein Erfolg und wichtiger Schritt“, sagte Paus der taz, dass der | |
Aktionsplan erstmals verabschiedet werde. „Menschenhandel ist eine schwere | |
Menschenrechtsverletzung, der wir energisch entgegentreten müssen.“ | |
Ein besonders hohes Risiko, betroffen zu sein, heißt es im Aktionsplan, | |
hätten Menschen, die in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen leben, | |
einen unklaren aufenthaltsrechtlichen Status haben und über geringe | |
deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Zugleich sei der Bedarf an Hilfe und | |
Unterstützung „immens“: Dabei geht es unter anderem um psychosoziale | |
Beratung sowie Hilfe bei der Opferentschädigung oder in | |
aufenthaltsrechtlichen Verfahren. | |
Das Dokument ist in vier Handlungsfelder gegliedert: Prävention, | |
Strafverfolgung, Kooperation sowie Schutz, Unterstützung und Entschädigung. | |
Zudem befasst sich ein Kapitel mit Forschung und Monitoring. Für alle | |
Handlungsfelder werden detailliert aktuelle und geplante Maßnahmen und | |
Zuständigkeiten aufgelistet. Im Bereich der Prävention etwa geht es um | |
Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen, die zum Teil schon laufen, | |
Projekte zur Stärkung der Beratungsstruktur sowie den Ausbau von | |
Kooperationen zwischen AkteurInnen. | |
Im Handlungsfeld Schutz, Unterstützung und Entschädigung sind laufende | |
Modellprojekte inbegriffen, in denen es beispielsweise um besondere | |
Schutzbedarfe bei der Aufnahme von Geflüchteten geht, zudem | |
Vernetzungstreffen von AkteurInnen. | |
## Wegen Ampelbruch schon jetzt | |
Im Bereich der Strafverfolgung geht es um europäische und internationale | |
Kooperationen sowie die Anpassung von Straftatbeständen an EU-Richtlinien. | |
Aufgelistet wird zudem die Überarbeitung von Praxisleitfäden, zum Beispiel | |
dem zur Anwendung kindgerechter Kriterien in Strafverfahren, sowie die | |
Etablierung von Bund-Länder-Projektgruppen, die sich mit der Umsetzung der | |
geplanten Maßnahmen beschäftigen sollen. Diese erstrecken sich zunächst auf | |
einen Zeitraum von vier Jahren. Danach sollen sie überprüft und | |
aktualisiert werden. | |
In die Umsetzung eingebunden sind Bundesministerien, Länder und | |
Zivilgesellschaft. Die Federführung soll beim Bundesfamilienministerium | |
liegen. Geplant war die Veröffentlichung des Aktionsplans ursprünglich für | |
Frühjahr 2025. Wegen des Bruchs der Koalition zog Paus dies nun vor. | |
11 Dec 2024 | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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