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# taz.de -- Satire-Serie „The Franchise“ auf Sky: Gelungene Selbstverarsche
> Mit messerscharfen Dialogen und brillantem Cast entlarvt „The Franchise“
> die absurden Mechanismen der Filmwelt. Ist es die lustigste Serie des
> Jahres?
Bild: Die Serie „The Franchise“ mit Daniel Brühl (r.) als Autorenfilmer Er…
Mit „Skyfall“ und „Spectre“ hat der britische Regisseur Sam Mendes zwei
riesige „James Bond“-Filme inszeniert – und entsprechend reichlich
Erfahrung mit großen Franchise-Produktionen. Doch um Superhelden-Filme hat
der britische Regisseur bislang einen Bogen gemacht.
Solche Blockbuster gucke ich mir vielleicht mit meinen Kindern an, will sie
aber nicht inszenieren, gab er etwa 2012 zu Protokoll, als er davon
berichtete, dass Marvel ihm nahegelegt habe, sich um den „Avengers“-Job zu
bemühen. Umso leichter fällt es Mendes nun aber, sich in der ersten von ihm
mitverantworteten Serie ausgerechnet über die Arbeit an einer ebensolchen
[1][Comicverfilmung] lustig zu machen.
Gleich in der ersten von insgesamt acht Episoden von „The Franchise“
erkannt man allerdings auch schnell: es ist weniger die Handschrift von
Mendes, die diese [2][satirische Comedy-Serie] auf Sky prägt, als jene von
Armando Iannucci.
Der hat mit „The Thick of It“ und „Veep“ zwei der besten, bösesten und
wortwitzigsten Workplace-Komödien der TV-Geschichte verantwortet – und
damit die Blaupause geliefert für Showrunner Jon Brown, den Mendes (der
auch die erste Folge inszeniert hat) und Iannucci für die gemeinsam
erdachte Produktion schließlich an Bord holten. Nur dass statt Politik
jetzt eben die Unterhaltungsbranche der Ort des Geschehens ist.
Acht Folgen lang begleitet „The Franchise“ die Arbeit an „Tecto: Eye of t…
Storm“, einem neuen, eher zweitrangigen Beitrag zu einem
Superhelden-Universum, das nicht zufällig an Marvel erinnert. Der
bierernste deutsche Autorenfilmer Eric (Daniel Brühl) will sich auf dem
Regiestuhl für Größeres in Hollywood empfehlen, während der ebenso
muskelbepackte wie in seiner Männlichkeit und seinem Star-Ruhm
gleichermaßen tief verunsicherte Hauptdarsteller Adam (Billy Magnussen) auf
den großen Durchbruch hofft und sein etablierter britischer Kollege Peter
(Richard E. Grant) seine Verachtung für das Genre mit einem ordentlichen
Honorar betäubt.
## Gags über zweitklassige Spezialeffekte
Daniel (Himesh Patel) muss als erster Regie-Assistent so gut wie möglich
das Projekt unter Kontrolle behalten. Das ist angesichts seiner Ex-Freundin
Anita (Aya Cash) als neuer Produzentin und dauernder Set-Besuche vom nur am
zu vermarktenden Produkt, nicht an der künstlerischen Filmarbeit
interessierten Studio-Repräsentanten (Darren Goldstein) leichter gesagt als
getan.
Weder muss man sich für Comic-Adaptionen begeistern noch das Genre
verachten, um an „The Franchise“ und dem herrlich komisch aufspielenden
Ensemble (Highlights sind unter anderem Jessica Hynes als Script Supervisor
und Lolly Adefope als neue, aber abgeklärte Assistentin) Spaß zu haben. Der
Serie gelingt es erstaunlich gut, beiden Seiten genug Futter zu geben, um
nicht zu einer einseitigen Angelegenheit zu werden.
Eine gewisse Begeisterung für die Arbeit beim Film sollte man allerdings
schon mitbringen. Je größer die Branchenkenntnis, desto größer das
Vergnügen. Zwischen jeder Menge Gags über zweitklassige Spezialeffekte,
chinesisches Product-Placement oder Protein-Zufuhr für Actionhelden stecken
die besten Pointen dieser vor rasanten Dialogen nur strotzenden Drehbücher
in den beiläufigen Details und Nebenbemerkungen.
Kleinigkeiten wie ein Beinahe-Cameo von Chris Nolan, Kommentare über die
Leinwandpräsenz einer Ziege, ein in vieler Hinsicht unerfreulicher
Abstecher nach Armenien oder Anspielungen an Scorseses Marvel-Zitate machen
die Serie zu einer der witzigsten des ganzen Jahres.
10 Dec 2024
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## AUTOREN
Patrick Heidmann
## TAGS
Satire
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Graphic Novel
Vietnamkrieg
Polizeiruf 110
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