# taz.de -- S-Bahn-Ausschreibung in Berlin: „Wir stehen ja nicht unter Zeitdr… | |
> Die Abgabefrist für Angebote zur S-Bahn-Ausschreibung ist erneut | |
> verschoben worden. Als Grund wird die Regierungsbildung in Brandenburg | |
> genannt. | |
Bild: Alles halb so wild: Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) | |
Berlin taz | Das sich seit Jahren hinziehende Vergabeverfahren für den | |
künftigen Betrieb eines Großteils des Berliner S-Bahn-Netzes dreht eine | |
weitere Ehrenrunde. Die Frist für die Abgabe verbindlicher Angebote für den | |
milliardenschweren Auftrag ist nun abermals verschoben worden – bereits zum | |
sechsten Mal seit März dieses Jahres. Der letzte Termin wurde an diesem | |
Montag gerissen. Jetzt wurde der 20. Februar 2025 als neues Zieldatum | |
ausgegeben. Zuerst hatte [1][die Tageszeitung nd] berichtet. | |
Zur Begründung verweist die Senatsverkehrsverwaltung auf den anstehenden | |
„Verantwortungswechsel“ in der Landesregierung von Brandenburg, das neben | |
Berlin beim S-Bahn-Betrieb schließlich mit drinhängt. Nach derzeitigem | |
Stand der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und BSW soll das hier | |
zuständige Infrastrukturressort in einer Woche an [2][den Templiner | |
Bürgermeister und Wagenknecht-Getreuen Detlef Tabbert] fallen. | |
„Es geht bei dem Volumen der S-Bahn-Ausschreibung ja doch um einen größeren | |
Happen“, heißt es auf taz-Nachfrage aus dem Haus von Berlins | |
CDU-Verkehrssenatorin Ute Bonde. Und der neue BSW-Kollege im Nachbarland | |
trage „am Ende des Tages auch Verantwortung“. | |
Tatsächlich handelt es sich bei der Vergabe nicht um irgendeinen, sondern | |
einen richtig dicken Happen. In [3][dem komplexen Vergabeverfahren] sind | |
der S-Bahn-Betrieb auf den Nord-Süd-Verbindungen sowie auf der Stadtbahn | |
zwischen West und Ost ab den 2030er Jahren ausgeschrieben. | |
## Allein 5,4 Milliarden für die Fahrzeuge | |
Hinzu kommt die Lieferung von bis zu 1.400 neuen S-Bahn-Wagen mit | |
anschließenden Instandhaltungsleistungen. Anfang 2024 wurden allein die | |
Kosten für die Fahrzeugbeschaffung auf 5,4 Milliarden Euro geschätzt, die | |
weiteren Milliarden für den Betrieb waren dabei noch gar nicht enthalten. | |
Doch wie es so ist: Der gesamte Ausschreibungsprozess ist von Beginn an | |
auch eine Geschichte des Scheiterns. Seit dem Start des Verfahrens 2020 | |
noch unter Rot-Rot-Grün reiht sich eine Panne an die nächste Schluderei. | |
Immer wieder wurde deshalb die Abgabefrist verlängert. Mal zog der | |
französische Fahrzeuganbieter Alstom [4][gegen die | |
Ausschreibungsmodalitäten vor Gericht], mal sollten mit Blick auf die | |
desolate Berliner Haushaltslage Finanzierungsaspekte noch einmal geprüft | |
werden. | |
Dass zur Begründung der aktuellen Verschiebung der Amtswechsel im | |
benachbarten Bundesland herangezogen wird, ist insofern zwar innovativ, | |
aber auch wenig überzeugend. Immerhin war bereits unmittelbar nach der | |
Landtagswahl in Brandenburg Ende September klar, dass der dortige | |
CDU-Infrastrukturminister Rainer Genilke seinen Hut nehmen wird. | |
Die Union hatte die Wahl krachend verloren, [5][der Gang in die Opposition | |
war beschlossene Sache]. Ebenso klar war, dass es bis mindestens Dezember | |
dauern wird, bis in Potsdam eine neue Regierung steht. Bisher | |
unbeeindruckt davon wurden seit der Wahl auch mehrfach und ohne Begründung | |
neue Termine genannt, bis zu denen die Bewerber ihre Unterlagen einreichen | |
sollen. Nun heißt es also: Potsdam ist schuld. | |
## Vorbild BVG: Sehenden Auges in die Krise | |
„Die Argumentation ist absolut vorgeschoben und in keiner Weise | |
nachvollziehbar“, ärgert sich dann auch der verkehrspolitische Sprecher der | |
Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Kristian Ronneburg. Es handele sich | |
hierbei um eine „originäre Ausschreibung des Berliner Senats, die er auch | |
selbst durchzuführen hat“, sagt Ronneburg zur taz. | |
In der Verkehrsverwaltung gibt man sich offiziell tiefenentspannt und teilt | |
mit: „Wir stehen bei der Vergabe ja nicht unter Zeitdruck.“ | |
Das sei schon eine dreiste Behauptung, sagen Bahnexpert:innen. So wäre auch | |
ein Teil der S-Bahn-Flotte ordentlich in die Jahre gekommen. Deutliche | |
Verzögerungen bei der Lieferung neuer Fahrzeuge hätten in einigen Jahren | |
wohl vor allem eine Folge: Das Angebot auf den Strecken müsste reduziert | |
werden. Die BVG macht es aktuell vor. | |
3 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187178.nahverkehr-bvg-und-s-bahn-auf-cra… | |
[2] /Regierung-in-Brandenburg/!6048522 | |
[3] /S-Bahn-Berlin/!6025471 | |
[4] /Streit-um-S-Bahn-Ausschreibung/!5995730 | |
[5] /Landtagswahl-in-Brandenburg/!6037857 | |
## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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