Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hamburger Hotel mit Beatles-Erbe: Zwei Sterne für die Nacht
> Im Hamburger Hotel Pacific haben einst die Beatles und Jimi Hendrix
> genächtigt. Jetzt steht es auf der Liste der denkmalgeschützten Bauten.
Bild: Große Geschichten hinter schmuckloser Fassade: das Pacific Hotel in Hamb…
Hamburg taz | Wie das Hotel Pacific zu seinem Namen gekommen ist, wüsste
ich gern. Schließlich ist der Ozean sehr viel weiter entfernt als die circa
eineinhalb Kilometer bis zur Elbe. Der helle Klinkerklotz steht an einer
belebten fünfarmigen Kreuzung, am Neuen Pferdemarkt in Hamburg-Altona.
Ziemlich schlicht wirkt die Fassade, die durch 36 Fenster auf vier
Stockwerken durchbrochen ist, neun in die Breite und vier in die Höhe. Das
Erdgeschoss ist hauptsächlich verglast, rechts liegt der Empfangsbereich
des Hotels.
Beim Hineinspähen sehe ich: hölzerne Tische, Anrichten, Rundbänke,
Wirtshaus-stühle, einen dunklen Tresen und mit dem gleichen braunen Holz
vertäfelte Wände. So gemütlich-rustikal hatte man das in den 1960er Jahren
gern. Hier, in der kombinierten Lounge, Bar und Frühstücksraum ist die
Möblierung von damals fast so geblieben.
Die nostalgische Spurensuche setze ich im Inneren des Hotels bei einer
Besichtigung im Rahmen einer Kunstaktion fort. Auf Stufen aus schwarzem
Terrazzo-Marmor schreite ich über vier Etagen durch das Treppenhaus aus
Glasbausteinen. Beim Laufen durch die Gänge, von denen die insgesamt 55
Zimmer abgehen, fallen die Beschriftungen einiger Türen auf: „Dusche“ zum
Bespiel, für die billigeren Zimmer, die nur ein Waschbecken haben, umgeben
von rosa, hellgelben, lindgrünen oder blassblauen Kacheln – je nach
Stockwerk.
Allerdings gehen diese Details fast unter, denn in den Zimmern beherrschen
bereits die 90er Jahre das Ambiente. Über den alten, rokokogemusterten
Tapeten klebt jetzt Raufaser in angegrautem Vanillegelb.
Aber auch diese Zeiten sind vorbei: Seit Corona ist der Hotelbetrieb
geschlossen. Von März 2022 bis Mai 2023 wurden die Räume noch als
Unterkunft für ukrainische Geflüchtete genutzt. Dann war geschlossen.
Vorübergehend konnte man mal wieder zur Besichtigung kommen, denn bis zum
ersten Adventssonntag zeigten KünstlerInnen ihre Werke in den Räumen.
## Kunst auf der Durchreise
Organisiert hat das die fortlaufende [1][Kulturveranstaltung altonale], die
mit dem „Kunstherbst“ erstmalig eine Schau für bildende KünstlerInnen
umgesetzt hat. Erst Mitte Oktober kam die Zusage für das Hotel. Wie durch
ein Hotel-Museum konnten Besucher durch alle Etagen laufen und neben den
gezeigten Arbeiten auch über alte Lichtschalter mit Service-Rufknopf und
Toiletteneinrichtungen staunen.
Durch die Fenster der rückseitigen Zimmer ist die Ruine eines ehemaligen
Anbaus zu sehen, der auch Schlafplätze enthielt, umgeben von schick
sanierten Backsteinwohnungen. In einer früheren Phase des Leerstands 2013
gab es hier schon mal eine „Velada“ mit internationalen KünstlerInnen oben
in den Zimmern und Bands unten in der Lounge, die vor einigen Monaten als
„Pacific Bar“ wiederbelebt wurde.
1961 eröffnete der von Hans Warncke entworfene Bau. Ende 1962, also in der
letzten Phase ihrer Hamburger Berühmtwerdung, wohnten (unter vielen anderen
mehr oder weniger bekannten Popstars) auch die Beatles hier. Das war in
mehrerer Hinsicht praktisch, denn in etwa 10 Fußminuten erreichten sie den
Top Ten Club, in dem sie auftraten. Außerdem konnten sie bei
Musik-Rotthoff, der quasi hauseigenen Musikalienhandlung, ihr Equipment
besorgen. Paul McCartney kaufte hier seinen berühmten Höfner-Bass. Mit
seinem roten – nicht mehr leuchtenden – Schriftzug und den Worten
„Ankauf-Verkauf-Reparatur“ sieht der Laden sieht heute noch aus wie damals.
Bezahlt wird – auch wie einst – in bar.
## Bescheiden und günstig
Trotz berühmter Gäste war das Hotel immer eine preiswerte
Zwei-Sterne-Unterkunft und hat auch nie eine große Sache aus der eigenen
Historie gemacht. Nur ein paar Fotos im Gastraum erinnern daran, während
Reiseführer und das Stadtmarketing bei jeder Gelegenheit darauf hinwiesen.
Solange der reguläre Hotel-Betrieb lief, illuminierten ab Anbruch der
Dunkelheit die gelben Leuchtbuchstaben PACIFIC am Dach die Szenerie. Nicht
immer funktionierten sie vollständig, deswegen prangte auch für einige Zeit
„EL P FIC“ vom Haus, wie eine Verheißung auf dem Weg zum nahen
Rotlichtmillieu an der Reeperbahn. Das erzählt mir eine andere Besucherin,
deren Arbeitsweg vor etwa 20 Jahren hier entlangführte. Leider leuchtet
jetzt nichts mehr.
Noch steht das Pacific als unprätentiöser Zeitzeuge an der Kreuzung – und
auf der Liste der denkmalgeschützten Bauten. Was hier weiterhin passieren
wird, ist nicht öffentlich bekannt. Ideen von einer weiteren Nutzung als
Hotel sickern durch, nach einer „Entkernung“ mit dem Erhalt der Fassade,
eventuell sollen die Bauarbeiten im Herbst 2025 beginnen. Wer also noch
einmal ein Stück Wahres sehen möchte, bevor das Bling-Bling es erstickt und
der Schatten des auf der anderen Straßenseite hochwachsenden Bürokomplexes
den Ort verdunkelt, sollte bald mal vorbeischlendern.
9 Dec 2024
## LINKS
[1] https://www.altonale.de/
## AUTOREN
Imke Staats
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
wochentaz
Hamburg
Hotel
Beatles
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Stadtland
## ARTIKEL ZUM THEMA
In Heide auf dem Marktplatz: Ganz viel Weite in der Stadt
Heide in Dithmarschen ist bekannt für den überdimensioniert wirkenden
Marktplatz. Da gibt es allerhand Historie – und viel Platz für parkende
Autos.
Die Gemüsewerft in Bremen: Industrial Chic meets Villa Kunterbunt
Die Gemüsewerft in Bremen zieht Kohl und Möhren und braut auch Bier. Dass
sie dazu ein soziales Projekt ist, ist auf den ersten Blick gar nicht
sichtbar.
Thermalbad in Aachen: Badespaß im Freien
In einem Aachener Kurpark hat eine Bürgerstiftung drei Thermalbecken
hingestellt. Sie waren beliebt, doch das Ende kam schneller als gedacht.
NS-Historie im Schloss Bensberg bei Köln: Unbehagen mit Domblick
Schloss Bensberg ist ein feines Hotel und Ausflugsziel. Fast niemand weiß
aber, dass es mal eine Nazi-Eliteschule und Außenlager des KZ Buchenwald
war.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.