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# taz.de -- Schon wieder Preiserhöhung beim VBB: Danke für nichts!
> Der Berliner ÖPNV wird im kommenden Jahr erneut teurer. Weil die Qualität
> weiterhin mies ist, kann man sich den Zynismus nur schwer verkneifen.
Bild: Der Ort zum unfreiwilligen Händchenhalten wird jetzt noch teurer: die Be…
Einmal von der Leinestraße bis zum Kotti braucht es mit der U8 vier
Stationen, sieben Minuten, 420 Sekunden – und am Automaten künftig 3,80
Euro. Das ergibt auf dieser Strecke rechnerisch 54 Cent pro Minute. Mal
ganz abgesehen davon, dass jede Minute in der U8 eine zu viel ist: Die in
dieser Woche beschlossenen Preiserhöhungen der Verkehrsverbunds
Berlin-Brandenburg (VBB) sind gemessen an der Leistung eine Frechheit.
Um durchschnittlich 7,5 Prozent will der VBB seine Preise ab Januar
erhöhen. Statt 3,50 Euro kostet ein Einzelfahrschein innerhalb der Berliner
Stadtgrenze bald dann also 3,80, die Kurzstrecke wird um 20 Cent teurer und
die Tageskarte knackt mit 10,60 Euro die 10-Euro-Marke. Das vergünstigte
Azubi-Abo soll sogar ganz abgesägt werden.
Nun, sobald sich der angesichts der Preissteigerung erhöhte Puls wieder
beruhigt hat, könnte man ja die Hoffnung hegen, dass parallel auch die
Qualität des Angebots steigt. Ein paar brandneue U-Bahnen statt der zuletzt
immer fleißiger eingesetzten Uraltwagen vielleicht? Ein Ende der lästigen
Kurzzugphase? Oder eine Garantie, dass sich die Fahrpläne wieder
verstetigen? Nein? Okay, super, hat auch niemand wirklich erwartet.
Stattdessen legt [1][eine aktuelle Antwort des Senats auf eine Anfrage der
SPD-Fraktion] das Grauen offen, das die Berliner:innen schon lange
fühlen: 2023 legte die BVG ganze 5.489.024 Kilometer weniger Strecke
zurück. Hauptverantwortlich für diese schon fast unvorstellbare
Minderleistung sind vor allem die Berliner Busse. Und als wäre das nicht
genug, kamen von der S-Bahn Berlin in Sachen Nichtangebot noch einmal 2,3
Millionen Zugkilometer oben drauf.
## Neue Räume des Kennen- und Liebenlernens
Auch bei der Flotte hapert es weiter: Eigentlich hatte die BVG den Kauf von
1.000 neuen U-Bahnwagen fest eingeplant, [2][nun wurde bekannt, dass es
wohl doch erst mal nur 600 werden]. Ups, kann ja mal passieren.
Aber klar, man kann das Scheitern auch als Chance begreifen. Abgespeckte
Fahrpläne haben doch auch etwas Gutes: Wenn man schon 20 Minuten in der
Kälte auf den nächsten Zug warten muss, kann man sich drinnen wenigstens
mit 200 anderen Menschen gemütlich warmkuscheln. Mit Blick auf die
Einsamkeitsgefühle der Berliner:innen könnte man dem VBB einfach mal
„Danke“ sagen für das Bemühen um mehr Miteinander.
Gemeinsames Kopfschütteln vor dem Ticketautomaten, schüchterne Blicke beim
Warten auf die U-Bahn, unfreiwilliges Händchenhalten in einer überfüllten
Tram: Vielleicht eröffnen sich sogar ganz neue Räume des Kennen- und
Liebenlernens in den öffentlichen Verkehrsmitteln. In Anbetracht der hohen
Ticketpreise könnten die Öffis bald eine ernstzunehmende Konkurrenz für die
Dating-Plattform Elite Partner werden.
Erst zu Beginn dieses Jahres [3][erhöhte der VBB seine Preise um knapp
sieben Prozent]; mit der diesjährigen Erhöhung klettern die Preise
weiterhin steil nach oben – die ÖPNV-Krise aber bleibt uns erhalten. Und
das dank des nicht erst seit heute grassierenden hochgradigen Berliner
[4][Dilettantismus bei der Ausschreibung neuer Züge] wohl auch noch
mindestens bis zum Ende des Jahrzehnts. Anreize für umweltfreundliche
Mobilität zu schaffen, geht anders.
## Bund machts auch nicht besser
Doch zur Wahrheit gehört auch, dass es Bund und Länder derzeit nicht anders
vormachen. Auf der Verkehrsministerkonferenz im September ging es auch dem
bisher 49 Euro teuren Deutschlandticket an den Kragen. Ab 2025 soll es 58
Euro kosten, wie lange das so bleibt, ist unklar.
Wenigstens gibt es bei einem Preis kein Gezanke: Eine
Jahres-Premiummitgliedschaft von Elite Partner kostet 49,90 Euro – weniger
als das Deutschlandticket und in etwa so viel wie 13 Einzelfahrscheine für
den Berliner Nahverkehr.
16 Nov 2024
## LINKS
[1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-20…
[2] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-20…
[3] /Preiserhoehung-beim-VBB/!5979478
[4] /Streit-um-S-Bahn-Ausschreibung/!5995730
## AUTOREN
Katharina Wulff
## TAGS
BVG
VBB
Öffentlicher Nahverkehr
Wochenkommentar
ÖPNV
Schwarz-rote Koalition in Berlin
S-Bahn Berlin
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