# taz.de -- Schutzräume im ÖPNV: Mehr Frauen-Wagen wagen | |
> Von den Grünen kommt der Vorschlag, für Frauen reservierte U- und | |
> S-Bahn-Wagen einzusetzen. Aber ist das ein gute Idee? | |
Bild: Die U-Bahn kann ein Angstraum sein – vor allem in den Nachtstunden | |
Berlin taz | Mexiko-Stadt macht es schon seit Jahrzehnten, Tokyo und Delhi | |
haben schon vor einer Weile nachgezogen, Busan und Bangkok, Rio, Dubai und | |
Kairo sind auch schon mit von der Partie: In all diesen Großstädten gibt es | |
Waggons oder Abteile in U-Bahnen oder Regionalzügen, die für Frauen | |
reserviert sind. Die sollen, getrennt von männlichen Jugendlichen und | |
Erwachsenen, ohne Furcht vor Belästiungen und sexualisierten Übergriffen | |
unterwegs sein können. | |
Jetzt wollen auch die Berliner Grünen nachziehen und schlagen Frauen-Wagen | |
bei BVG und S-Bahn vor, berichtete die B.Z. – als Reaktion auf die | |
wachsende Zahlen von Sexualdelikten im ÖPNV. Tatsächlich sind diese in der | |
BVG-Sicherheitsstatistik dokumentierten Delikte in den vergangenen zehn | |
Jahren aus dem zwei- in den dreistelligen Bereich geklettert. 313 Vorfälle | |
gab es 2022, vergangenen Jahr waren es immerhin 259 Vorfälle. | |
Ein Vorstoß wie dieser löst zuverlässig hitzige Debatten aus, die sich | |
sogar im eigenen Kopf abspielen können. Klappt doch niemals in Berlin, | |
sowas, sagt die eine Stimme, und überhaupt: Wollen wir wirklich Sicherheit | |
über Segregation herstellen? Ist das nicht ein schlimmer Rückschritt in | |
frühere Zeiten? Frauenabteile gab es in Deutschland auch schon mal – zu | |
Zeiten der Preußischen Staatsbahn. | |
Die andere Stimme ergreift Partei für all jene, denen sichere – oder: | |
sicherere – Räume mehr Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen. | |
Sexualisierte und sonstige Gewalt sind nun mal eine Realität, warum also | |
nicht geschützte Orte dagegensetzen? Wobei: Sind wirklich nur Frauen oder | |
als Frauen gelesene Menschen potenzielle Opfer? | |
## Großes Grübel-Emoji | |
Während sich beim Nachdenken ein großes Grübel-Emoji vor dem inneren Auge | |
bildet, weist Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin der | |
Grünen-Fraktion, darauf hin, dass es sich noch gar nicht um einen fertigen | |
Vorschlag, sondern einen Impuls handele, den sie in einer internen Debatte | |
gegeben habe und der irgendwie nach außen gedrungen sei. Es gibt also weder | |
einen Antrag auf Aufnahme ins nächste Wahlprogramm noch einen Gesetzentwurf | |
oder Ähnliches, nur eine – offenbar polarisierende – Idee. | |
Freilich zieht Kapek ihren Aufschlag deshalb nicht zurück, auch wenn ihr | |
bewusst ist, dass eine Umsetzung große praktische Herausforderungen | |
bedeuten würde. „Man könnte das sicher nicht von heute auf morgen machen, | |
aber man kann sich ja einmal anschauen, wie das andere Städte lösen“, sagt | |
sie am Rande einer „Verkehrssicherheitskonferenz“ ihrer Fraktion im | |
Abgeordnetenhaus, bei der es allerdings in erster Linie um „Vision Zero“ | |
und Unfallvermeidung geht. | |
## Angsträume zu später Stunde | |
Züge und Bahnhöfe müsse man „zusammen denken“, findet Kapek, viel lasse | |
sich auch durch den Einsatz von mehr Personal verbessern: In Tokyo etwa | |
begleite immer eine zweite Person den Zug in der hinteren Fahrkabine, mit | |
Blick auf die PassagierInnen. Ihr schwebt vor, die für Frauen reservierten | |
Wagen nicht wie in Japan zu den Stoßzeiten einzusetzen, wo Gedränge und | |
unfreiwilliger Körperkontakt ein geeignetes Umfeld für Übergriffe schaffen, | |
sondern eher in den Abendstunden, wenn die leere U- oder S-Bahn zum | |
Angstraum wird. | |
Über eines komme sie „nicht weg“, so Kapek: „wenn Männer sagen, sie fü… | |
sich durch so eine Maßnahme ausgegrenzt“. Sie erinnert an eine | |
Vergewaltigungsfall, der sich Anfang des Jahres in der fahrenden U3 | |
Richtung Krumme Lanke ereignete: „Hier geht es um das Leben und die | |
Unversehrtheit von Menschen.“ | |
13 Nov 2024 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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