# taz.de -- Was von der Ampel übrigbleibt: Künstliche Intelligenz und Gewalts… | |
> Nach dem Scheitern der Ampel-Koalition liegen auch zahlreiche | |
> digitalpolitische Vorhaben auf Eis. Eine Auswahl – und was | |
> Expert:innen hoffen. | |
Bild: Sie wollte die Vorratsdatenspeicherung: Bundesinnenministerin Nancy Faese… | |
Berlin taz | Vom Gesetz zum Schutz vor digitaler Gewalt bis zur Reform des | |
Hackerparagrafen – die Ampel-Regierung hatte noch einiges an digital- und | |
verbraucherschutzpolitischen Vorhaben auf der Liste. Vorhaben, die nun | |
voraussichtlich erst einmal nicht mehr realisiert werden. Dazu zählen auch | |
einige Umsetzungen von EU-Gesetzen in deutsches Recht. | |
Eine davon ist die europäische Verordnung zu künstlicher Intelligenz, der | |
[1][AI Act]. Im August ist das EU-Gesetz in Kraft getreten, doch einiges | |
müssen die Mitgliedstaaten noch selbst regeln. Zum Beispiel müssen sie eine | |
nationale Behörde benennen oder einrichten, die die Umsetzung der | |
Verordnung kontrolliert. In Deutschland soll das die Bundesnetzagentur | |
werden. | |
Doch die braucht auch entsprechende Mittel und Stellen – und dafür bräuchte | |
es den nächsten Haushaltsplan, der sich nun deutlich verzögern wird. Auch | |
weitere Bundesbehörden sollen in die Aufsicht mit eingebunden werden, zum | |
Beispiel die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) und das | |
Kraftfahrt-Bundesamt. Auch hier wird es neue Stellen, zumindest aber | |
Umstrukturierungen und Fortbildungen in Sachen KI geben müssen – und dafür | |
Finanzmittel. „Nun haben wir endlich dieses große europäische Gesetz, aber | |
in Deutschland wird es erst mal nicht umgesetzt werden“, kritisiert Jürgen | |
Bering von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). | |
## Vorratsdatenspeicherung ungelöst | |
Eigentlich hätte in dieser Legislaturperiode auch ein jahrelanges | |
Streitthema zwischen den Parteien abgeräumt werden können und sollen: die | |
Vorratsdatenspeicherung. Die Ampel-Koalition hatte sich nach langem Gezerre | |
auf eine datenschutzfreundlichere Variante geeinigt: den [2][Quick Freeze]. | |
Statt die Telefon- und Internetverbindungsdaten sämtlicher Bürger:innen | |
anlasslos zu erfassen, sollen beim Quick Freeze im konkreten Verdachtsfall | |
in Bezug auf bestimmte schwere Straftaten wie sexuelle Gewalt an Kindern | |
und auf richterliche Anordnung hin die ohnehin noch vorhandenen | |
Verbindungsdaten gespeichert, also quasi eingefroren, werden. Der | |
entsprechende Gesetzentwurf ist derzeit in der Verbändeanhörung. | |
„Quick-Freeze dürfte angesichts der eh schon skeptischen Haltung von Faeser | |
und dem Law-and-Order-Flügel der SPD vermutlich nicht mehr kommen“, sagt | |
Tom Jennissen vom Verein Digitale Gesellschaft. „Stattdessen dürfte uns | |
eine weitere Episode mit der ewig untoten Vorratsdatenspeicherung | |
bevorstehen.“ In einer schwarz-roten Koalition werde die SPD den | |
Überwachungsinteressen der Union dabei kaum etwas entgegensetzen. | |
## Schutz vor digitaler Gewalt verschoben | |
Das Justizministerium hatte bereits vor anderthalb Jahren Eckpunkte für ein | |
Gesetz zum Schutz vor digitaler Gewalt vorgelegt. Betroffene digitaler | |
Gewalt, von denen zum Beispiel Nacktfotos oder persönliche Informationen im | |
Internet veröffentlicht worden sind, sollten es damit einfacher haben, die | |
Daten aus dem Netz zu tilgen. „Es ist dringend an der Zeit, dass der | |
Gesetzgeber hier tätig wird“, sagt Bürgerrechtsexperte Bering. Zwar seien | |
viele der Taten bereits strafbar. Aber die Daten aus dem Internet zu | |
entfernen sei meist schwierig bis unmöglich. | |
Ebenfalls auf der Kippe steht die [3][Reform des sogenannten | |
Hackerparagrafen]. Wenn Sicherheitsforscher:innen unabgesprochen in | |
fremde Computersysteme eindringen, um Sicherheitslücken zu finden und diese | |
mitzuteilen, dann sollen sie künftig eindeutig legal handeln. Momentan | |
bewegen sie sich in einem Graubereich. Jennissen hofft hier, dass der | |
Gesetzentwurf noch eingebracht wird. | |
„Eine Entkriminalisierung von Sicherheitsforschung ist weniger kontrovers | |
und im Übrigen durch den Cyber Resilience Act auch europarechtlich | |
vermutlich geboten, jedenfalls naheliegend.“ Er vermutet, dass eine | |
unionsgeführte Bundesregierung hier weniger Ambitionen habe. | |
## Transparenzgesetz bleibt liegen | |
Darüber hinaus müssen unter anderem weitere Vorhaben warten: ein Gesetz zur | |
Stärkung der Cybersicherheit, das auf eine EU-Richtlinie zurückgeht und | |
schon im Oktober hätte verabschiedet sein sollen. Dazu kommen Gesetze, die | |
die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben sollten, Gesetze zur | |
Beschleunigung des Netzausbaus und das Transparenzgesetz. Das sollte | |
Behörden dazu verpflichten, Informationen selbst zu veröffentlichen. | |
Momentan müssen Bürger:innen eine Veröffentlichung aufwendig über | |
entsprechende Anträge einfordern. | |
„Viele wichtige Themen sind liegen geblieben“, kritisiert Jutta Gurkmann, | |
Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik im Verbraucherzentrale | |
Bundesverband (vzbv). „In einer immer unübersichtlicheren Welt erwarten | |
Verbraucher:innen Lösungen von der Politik.“ Für Konsument:innen sei | |
auch die fehlende Einigung bei der Reform der Altersvorsorge oder der | |
weiterhin fehlende Schutz vor Kostenfallen problematisch. | |
19 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /FAQ-zum-neuen-AI-Act-der-EU/!5991054 | |
[2] /Quick-Freeze/!6040210 | |
[3] /Geplante-Reform-des-Hacker-Paragrafen/!6041457 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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