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# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Kein Frieden mit Putin
> Wer glaubt, Moskau gäbe sich mit den bisherigen Gebietsvorstößen
> zufrieden, hat nicht kapiert, wer der Chef im Kreml ist. Und was Putin am
> Ende will.
Bild: An seiner Position hat sich seit Kriegsbeginn nichts geändert: Wladimir …
Seit über 1.000 Tagen tobt nun der Krieg in der Ukraine und rückt in der
Öffentlichkeit mehr und mehr in Vergessenheit. Bezeichnend ist, welche
Themen in Deutschland die Debatte dominieren: Es sind nicht die
persönlichen Tragödien so vieler Ukrainer*innen, nicht die täglich
steigende Zahl von Toten und Verletzten, flächendeckende Bombardements und
die Aussicht darauf, angesichts einer fortschreitenden Zerstörung der
kritischen Infrastruktur bei Minusgraden zu erfrieren.
Vielmehr geht es – wieder einmal – um Waffen. Die jüngst von einigen als
„Abschiedsgeschenk“ titulierte Freigabe von [1][ATACMS-Raketen] für
Angriffe auf russisches Territorium durch den scheidenden US-Präsidenten
Joe Biden, die Lieferung international geächteter [2][Antipersonenminen]
sowie den Einsatz britischer Storm-Shadow-Raketen.
Werden diese Waffen jetzt zum „Gamechanger“ und damit endgültig „rote
Linien“ überschritten? Droht eine weitere Eskalation? Wird Kanzler Olaf
Scholz, derzeit im Wahlkampf und erklärter Gegner von deutschen
Alleingängen, jetzt doch noch sein kategorisches Nein zur Lieferung von
Taurus-Marschflugkörpern überdenken? Stehen die bisherigen westlichen
Verbündeten wirklich fest an der Seite der Ukraine, [3][solange es
notwendig ist]?
Ist das gebetsmühlenartig vorgetragene Credo, Russland dürfe diesen Krieg
nicht gewinnen und die Ukraine ihn nicht verlieren, noch Richtschnur
politischen Handelns? Viele dieser Fragen beschäftigen uns seit dem Beginn
von [4][Russlands Angriffskrieg] gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 und
harren bis heute einer Antwort. Aus gutem Grund. Denn die Zahl der
Unbekannten, um diese komplizierten Gleichungen zu lösen, wächst stetig.
## Putin bleibt sich treu
Und wir sollten in den vergangenen 1.000 Tagen dieses Grauens mitten in
Europa gelernt haben, auch [5][das Unvorstellbare] zumindest zu denken. Dem
zum Trotz gibt es sie: die Schlaufüchse, die uns weismachen wollen, sie
wüssten, wie dieser Krieg zu beenden sei. Da geht allen voran Sahra
Wagenknecht. Waffenlieferungen an Kyjiw einstellen und ab an den
Verhandlungstisch, lautet ihre Forderung. Schließlich müsse das sinnlose
Sterben endlich ein Ende haben. Wer möchte sich der Forderung nicht gleich
anschließen.
Im Falle Wagenknechts zielt sie jedoch auf die eigene politische Dividende,
ohne jede Empathie für die Ukrainier*innen. Hier lohnt sich ein Blick
auf den Aggressor in Moskau. An Wladimir Putins Position hat sich seit
Kriegsbeginn nichts geändert. Nur seine anfänglichen Auslöschungs- und
Entnazifizierungsfantasien mit Blick auf die Ukraine sind derzeit seltener
zu vernehmen. Moskaus Vorbedingungen für Verhandlungen sind unverrückbar.
Der Mindesteinsatz für Kyjiw, um zu Kreuze kriechen zu dürfen, ist die
Anerkennung der aktuellen „territorialen Realitäten“, sprich: der Verzicht
auf rund ein Fünftel des eigenen Landes. Dass Russland sich mächtig genug
wähnt, um allen diesen Preis diktieren zu können, musste [6][Olaf Scholz
unlängst auch nach dem Telefonat mit Putin] einsehen. Eine bittere
Erkenntnis. Trotzdem ist es immer schön, mal miteinander zu sprechen.
Tatsächlich geht es längst nicht mehr nur um die Ukraine. So rüstet Moskau
auch verbal weiter in Richtung „kollektiven Westen“ auf. Bidens
ATACMS-Entscheidung quittierte der Kreml mit Drohgebärden. Die Anspielungen
auf einen [7][möglichen Einsatz von Atomwaffen] waren unüberhörbar. Dazu
passt auch die Atomdoktrin, die der starke Mann in Moskau diese Woche
unterzeichnete. Die ist übrigens nicht neu – genauso wenig wie
entsprechende Tiraden von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
## Kein Zeichen der Stärke
Doch ist das ein Zeichen der Stärke, wie auch der Umstand, dass über 10.000
[8][nordkoreanische Soldaten] jetzt an der Seite Russlands kämpfen? Kaum.
Und Wolodymyr Selenskyj? Den Machtwechsel im Weißen Haus, mit allen
Unwägbarkeiten, vor Augen und militärisch am Limit, gibt sich der
[9][ukrainische Präsident verhandlungsbereit]. Weil er muss. Von temporären
Abtretungen völkerrechtswidrig russisch besetzter Gebiete ist da die Rede.
Dabei weiß niemand besser als Selenskyj, was das bedeutet.
Dort schafft Russland Fakten: Repressionen, Gewalt, Deportationen,
Zwangsumerziehung – das ganze Programm. Mit all dem könnte sich der Westen
allenfalls abfinden, wenn doch nur die Waffen endlich schweigen würden.
Aber wäre es wirklich so?
Der Angriff auf die Ukraine ist noch nicht das Ende. Georgien, die Republik
Moldau, vielleicht Estland oder Lettland? Wer steht als Nächstes auf Putins
Liste? Zumindest eine Erkenntnis sollte sich in den gut 1.000 Tagen
durchgesetzt haben: Naivität, Wunschdenken und Illusionen im Umgang mit
Russland – diese Zeiten sind endgültig vorbei.
22 Nov 2024
## LINKS
[1] /Krieg-in-der-Ukraine/!6049607
[2] /Krieg-in-der-Ukraine/!6048770
[3] /Baerbock-in-der-Ukraine/!5959202
[4] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
[5] https://www.dw.com/de/russland-pr%C3%A4sident-wladimir-putin-drohung-atomwa…
[6] /Scholz-telefoniert-mit-Putin/!6049500
[7] /Putins-Atomdrohungen/!6048729
[8] /Kommandant-eines-beruechtigten-Korps/!6046601
[9] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!6049512
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wladimir Putin
Atomwaffen
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