# taz.de -- Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn: Kein Döner ist illegal | |
> Am Montag entscheidet der Stadtrat von Heilbronn über eine Obergrenze für | |
> Dönerläden, die die CDU fordert. Rechtlich ist die Lage eindeutig. | |
Bild: Hat nichts gegen Döner, will aber eine Obergrenze: Stadtrat Christoph Tr… | |
Karlsruhe taz | Schulden-, Geflüchteten- oder Parteispenden-, von | |
Obergrenzen ist derzeit viel die Rede in der Politik. Die „Dönerobergrenze“ | |
hat Heilbronn in [1][Baden-Württemberg] allerdings exklusiv. Seit dem | |
Sommer hat es die Heimatstadt von Landesinnenminister Thomas Strobl und | |
[2][Discountermilliardär Dieter Schwarz] mit der Forderung der | |
CDU-Stadtratsfraktion, eine Obergrenze für Dönerläden zu beschließen, | |
bundesweit in die Schlagzeilen geschafft. | |
In ihrem Antrag, über den der Gemeinderat am kommenden Montag abstimmen | |
soll, schreibt die CDU, „ein Überangebot einseitiger gastronomischer | |
Angebote und Dienstleistungen erzeugt eine negative Magnetwirkung“. Es | |
gelte, die Innenstadt „vor der gefährlichen und wertvernichtenden | |
Trading-Down-Spirale aus der gefürchteten 'Fruchtfolge Ein-Euro-Laden, | |
Barbershop, Dönerbude, 24-Stunden-Automaten-Shop, Leerstand, steigende | |
Kriminalität zu bewahren.“ | |
Nun hat Heilbronn als große Stadt mit den Schwierigkeiten des Einzelhandels | |
ebenso zu kämpfen wie viele Fußgängerzonen in anderen Großstädten. | |
Dönerbuden sind jedoch keineswegs überrepräsentiert. Im Durchschnitt hat | |
die Stadt sogar eine geringere Dichte dieser Imbissangebote als andere | |
Städte in Baden-Württemberg, wie der SWR nachgerechnet hat. | |
Dass sich die CDU also ausgerechnet auf jenes beliebte Gericht versteift, | |
das einst in Berlin erfunden wurde und das Bundespräsident Steinmeier | |
unlängst bei einem Staatsbesuch sogar in die Türkei mitbrachte, dahinter | |
vermutet der Grüne Fraktionschef Holger Kimmerle andere Motive. | |
## Kein Unterschied zwischen Barbershop und Friseur | |
Es gehe ja nicht nur um eine Obergrenze für Drehspießgrillfleisch und | |
Herrenfriseure, eher darum, dass diese vorzugsweise von [3][Menschen mit | |
Migrationshintergrund] betrieben würden, sagt Kimmerle. Zur Sitzung des | |
Gemeinderats an diesem Montag habe die CDU neben der Dönerobergrenze mal | |
wieder den strittigen Mosche-Neubau und die Kürzung der Finanzmittel für | |
die Antidiskriminierungsstelle auf die Tagesordnung gesetzt. Da machten | |
„Teile der CDU-Fraktion eine Politik, die man sonst von der AfD kennt“, | |
sagt Kimmerle. Es würde ein Sündenbock für Entwicklungen gesucht, für die | |
jeder Konsument mitverantwortltich sei, wenn er im Internet bestelle, statt | |
den Einzelhandel in der Stadt zu konsultieren. Eine Entwicklung, die man | |
wohl nicht mehr zurückdrehen könne, fürchtet Kimmmerle. Schon gar nicht mit | |
einem Verbot für bestimmte Läden, die immerhin von Jugendlichen | |
frequentiert würden. | |
Zu den Vorwürfen würde man den CDU-Fraktionsvorsitzenden gerne befragen, | |
doch der antwortet auf mehrfache Anfrage der taz nicht. Stattdessen geht | |
sein Vize mit Fernsehteams durch die Fußgängerzone und beteuert, dass er | |
und seine Parteifreunde gar nichts gegen Döner an sich hätten. Mit dem | |
Dönerverbot hat die CDU in Heilbronn schon im Frühsommer Wahlkampf gemacht. | |
Für die Gemeinderatswahl im Juni hatte sie in ihrem Wahlprogramm erstmals | |
die „Obergrenzen für Dönerläden, Barbershops, Nagelstudios“ formuliert. | |
Doch rechtlich ist das gar nicht so einfach, wie die Stadt in einem | |
Rechtsgutachten darlegt. Die Stadt könne eigentlich nur bestimmte | |
Nutzungsarten wie Imbissbuden oder Gastronomie als Ganzes einschränken. Um | |
speziell Barbershops und Dönerbuden zu begrenzen, müssten sich diese Läden | |
juristisch trennscharf von anderen Friseurläden oder Fastfood-Ständen | |
abgrenzen lassen. Das sei aber schwierig, heißt es in der Stellungnahme der | |
Stadt, wenn in einem Barbershop im Wesentlichen die gleichen Leistungen | |
erbracht werden wie beim Friseur oder wenn sich die „typischen Tätigkeiten | |
in einem Dönerladen kaum von sonstigen Imbissen unterscheiden dürften“. | |
Hinter den Kulissen arbeiten Grüne, SPD und Freie Wähler nun an einem | |
Antrag für ein Konzept zur Belebung der Innenstadt, dem auch die CDU am | |
Montag zustimmen kann. Stadtrat Kimmerle ärgert sich: „Mit dem Dönerverbot | |
sind wir über Monate in den Schlagzeilen. Dass wir in der gleichen Zeit die | |
Zahl der Schulpädagogen deutlich erhöht haben, interessiert nicht mal die | |
Lokalpresse.“ | |
10 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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