# taz.de -- Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl: Harris, Biden, die Elite?… | |
> Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl fragen sich die US-Demokraten, | |
> was schiefgelaufen ist. Nun steht die Suche nach Verantwortlichen an. | |
Bild: Die unterlegene US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris am Mittwoch … | |
Berlin taz | Die Niederlage ist vollständig und vernichtend. Die | |
US-Demokrat*innen haben das Rennen um das Weiße Haus, ihre Mehrheit im | |
Senat und mit größter Wahrscheinlichkeit erneut das Repräsentantenhaus | |
verloren. Keinen einzigen der sieben Swing States [1][konnte Kamala | |
Harris] für sich gewinnen. Dass Donald Trump diesmal auch landesweit rund | |
fünf Millionen Stimmen mehr bekommen hat als Harris, macht das Ergebnis | |
emotional noch niederschmetternder für die Partei. Sie ist zutiefst | |
verunsichert und braucht eine neue Formel, wenn sie bestehen will. | |
Die Demokratische Partei hat in traditionell ihr zugewandten Wählergruppen | |
deutlich an Zuspruch verloren und in anderen nichts dazugewinnen können. | |
[2][Der Trend ist nicht mehr ganz neu, aber er hat sich an diesem | |
Wahldienstag so drastisch gezeigt wie noch nie zuvor.] Zumal spätestens | |
seit der ersten Niederlage gegen Donald Trump 2016 die Probleme bekannt | |
waren. Damals hatte Hillary Clinton die Staaten der ehemaligen „Blue Wall“, | |
Wisconsin, | |
Michigan und Pennsylvania verloren, weil große Teile der früher an die | |
Demokraten gebundenen Arbeiterschaft zu Trump gewechselt waren. Sie fühlten | |
sich durch die Demokraten einfach nicht mehr ernstgenommen und vertreten. | |
Es sind die gleichen Schichten, die heute am stärksten unter den | |
Teuerungsraten der letzten Jahre leiden, für die Miete, Ratenzahlungen beim | |
Häuserkauf, Kraftstoff an der Tankstelle und selbst der Einkauf im | |
Supermarkt zur echten Belastung geworden sind. Trump gewann sie erneut für | |
sich. | |
[3][Die Demokraten wunderten sich, dass sie keine Anerkennung dafür | |
bekamen,] dass die Wirtschaft sich besser als die anderer Industrienationen | |
aus der Pandemie herausgearbeitet hat. „Aus irgendeinem Grund fühlen die | |
Leute, dass es vor vier Jahren besser war – und dagegen konnten wir nicht | |
ankommen,“ erklärt ein langjähriger Demokratischer Stratege gegenüber | |
Politico. „Unsere Marke ist derzeit verbrannt.“ | |
## Sanders bestätigt Wut in der Bevölkerung | |
Kein Wunder, sagen dazu altgediente Linke. Bernie Sanders, der gerade | |
wiedergewählte sozialistische Senator aus Vermont, schreibt auf X: „Es | |
sollte für eine eine Demokratische Partei, die sich von Menschen aus der | |
Arbeiterklasse abgewandt hat, keine Überraschung sein, dass sich die | |
Arbeiterklasse von ihr abwendet. Während die demokratische Führung den | |
Status quo verteidigt, ist die amerikanische Bevölkerung wütend und will | |
Veränderung. Und sie hat recht.“ Tatsächlich haben in allen | |
Nachwahlbefragungen rund 70 Prozent der Wähler*innen angegeben, über den | |
Zustand des Landes unzufrieden oder verärgert zu sein. | |
Fehler im Umgang mit den Folgen der Inflation gestehen auch Strategen aus | |
dem Regierungsumfeld ein: „Das hat Leuten wirklich wehgetan, und wir sind | |
dem politisch nicht so begegnet, wie es möglich und nötig gewesen wäre, und | |
kommunikativ schon gar nicht“, zitiert ebenfalls Politico den Gründer der | |
Organisation Democracy Partners, Mike Lux. Biden selbst habe zu spät | |
begriffen, was die Teuerungen mit den Leuten machten. Und Kamala Harris als | |
Bidens Vize hat es nicht geschafft, sich mit eigenen Politikvorstellungen | |
so glaubwürdig zu distanzieren, dass sie nicht in Mithaftung genommen | |
würde. | |
Der Vorschlag der Linken für eine andere Haltung der Partei hat sich 2016 | |
und 2020 in zwei spektakulären, aber letztlich erfolglosen | |
Präsidentschaftskandidaturen von Bernie Sanders manifestiert. Bis heute | |
sind viele der Meinung, Sanders hätte 2016 eher eine Chance gegen Trump | |
gehabt als die überaus unbeliebte Clinton. | |
## Es fehlt an Personal bei den Demokraten | |
Einen Vorschlag aus der Mitte der Partei, der über den Status quo | |
hinausginge, gibt es derzeit nicht, eine neue linke Führungsfigur mit | |
Präsidentschaftsaspirationen auch nicht, und Bernie Sanders ist 83. | |
Die Struktur US-amerikanischer Parteien bringt es mit sich, dass sich deren | |
Programmatiken in Wahlkämpfen und durch erfolgreiche Personen und | |
Koalitionen herausbilden und nicht in Programmkommissionen, | |
Grundsatzpapieren und Parteitagsdiskussionen beschlossen werden. Trump ist | |
unumstrittener republikanischer Führer – bei den Demokrat*innen ist | |
Leere. | |
Das lässt jede Menge Platz für ausführliche Diskussionen in den | |
Meinungsspalten der linksliberalen Medien. Ob nicht Biden schuld ist, der | |
niemals noch einmal hätte kandidieren dürfen. [4][Oder der niemals die | |
unerfahrene Harris zur Vizepräsidentin hätte machen dürfen.] Oder ob Harris | |
schuld ist, die sich hasenfüßig nur auf Plattitüden zurückgezogen hat, ohne | |
eigene Politikvorstellungen einzubringen. Oder beide. | |
Vor der Neuaufstellung einer Demokratischen Partei, die es mit dem | |
Trumpismus aufnehmen kann, steht das Fingerzeigen. Das wird wohl noch einen | |
Moment dauern. | |
7 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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