# taz.de -- Til Schweiger in Belarus: Driften für Diktatoren | |
> Schauspieler Til Schweiger gerät vor Journalisten in Belarus ins | |
> Schleudern. Sein Lob für den autokratischen Staat dürfte Machtinhaber | |
> Lukaschenko freuen. | |
Die Meldung ist zwar bitter, aber, wenn wir mal ehrlich sind, irgendwie | |
nicht sonderlich überraschend: [1][Til Schweiger] macht Werbung für | |
Belarus. Der deutsche Schauspieler und Regisseur ist für Dreharbeiten zu | |
einem Werbespot dorthin gefahren. Und er fand glühende Worte für | |
[2][Lukaschenkos Diktatur], ausgerechnet gegenüber der staatlichen | |
Nachrichtenagentur BelTA. „Mein Eindruck ist, dass es ein sehr sauberes und | |
sicheres Land ist“, sagt er in seinem holprigen Urlaubsenglisch in einem | |
Video, das am Samstag [3][auf Youtube] veröffentlicht wurde und den Titel | |
„Früher waren die Russen die Bösen!“ – ein Schweiger-O-Ton – trägt. | |
Es ist eine Art Pressekonferenz für eine Blockchain-Sports-Agentur, die | |
Schweiger bewerben soll. Aber eigentlich geht es in dem Video mehr um das | |
Land selbst als um das Produkt, das er eigentlich verkaufen soll. | |
Schweigers Antworten werden von einer Moderatorin ins Russische übersetzt. | |
Es ist an vielen Stellen schlicht probelarussische [4][Propaganda]. | |
Dazwischen werden Clips aus dem Werbespot eingeblendet: Schweiger driftet | |
in einem gebrandeten Blockchain-Sportauto, bevor er im Anzug einen roten | |
Teppich herunterläuft. | |
„Ich mag die Menschen hier, sie sind freundlich und lächeln immer“, | |
nuschelt Schweiger. Er sei bereits mindestens zehn Mal in Moskau gewesen, | |
aber noch nie in Belarus. „Daher war ich neugierig, weil ich die besten | |
Dinge über das Land gehört habe.“ Er habe erst mal gegoogelt, „wie groß | |
Minsk ist“. | |
Schweiger scheint es in der belarussischen Hauptstadt gutzugehen. Er habe | |
ein gutes Hotel, möge das Essen, die Menschen seien freundlich. „Die | |
Filmproduktion hat mir sogar einen Arzt organisiert, der mir eine | |
Vitamin-Infusion verabreicht hat, sodass ich mich wie neugeboren fühle.“ | |
## Wellness und Propaganda | |
So macht Schweiger offenbar irgendwas zwischen Wellness-Retreat und | |
Propaganda für ein brutales Regime, das Oppositionelle einsperrt, | |
niederknüppelt, foltert. Ein Regime, das den russischen Angriffskrieg gegen | |
die Ukraine unterstützt, in dem es keine freien Wahlen gibt, das laut | |
russischen Oppositionellen Putin zu einigen der autoritärsten Maßnahmen | |
inspiriert hat. Doch all das scheint Schweiger überhaupt nicht zu stören. | |
Hauptsache Infusion, Hauptsache Aufmerksamkeit. | |
Man ist von Til Schweiger einiges gewohnt. Die Messlatte der Erwartungen | |
liegt bei ihm so niedrig, dass man nicht mal über sie stolpern kann. Und | |
der Kinodarling von uninspirierten, aber lukrativen Filmen wie | |
„Keinohrhasen“ (2007) oder „Zweiohrküken“ (2009) ist schon längst | |
Geschichte. | |
Stattdessen gibt es nur noch den selbstverliebten Keinverstandschweiger, | |
der während der Covid-Pandemie gegen Kinderimpfungen schwurbelte oder am | |
Filmset mit aggressiven, alkoholisierten Tiraden für Schlagzeilen sorgte. | |
Den Schweiger, der darum kämpft, relevant und rentabel zu bleiben. | |
## Späte Klarstellung | |
Dass dabei nicht nur positives Feedback zurückkommen kann, merkt er selbst | |
und stellt seine Absichten auf Instagram klar: Seine Aussagen seien aus dem | |
Zusammenhang gerissen worden und er unterstütze keine politischen oder | |
ideologischen Haltungen. | |
Das hätte er sich auch vor seiner Reise überlegen können. So scheint es, | |
als ob sich Möchtegern-Strongman Schweiger von dem tatsächlichen Strongman | |
Lukaschenko blenden lässt. Wundern würde es nicht. | |
11 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Til-Schweiger/!t5020189 | |
[2] /Alexander-Lukaschenko/!t5023767 | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=BI8u_4LUAW4 | |
[4] /Propaganda/!t5016527 | |
## AUTOREN | |
Nicholas Potter | |
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