# taz.de -- Hannover kürzt bei Integration: Sieht so ein Rechtsruck aus? | |
> Die informelle „Deutschland-Koalition“ in Hannover streicht dem Verein | |
> Kargah nicht nur Mittel für Kultur, sondern auch für Beratung und | |
> Dolmetschen. | |
Bild: Kann das weg? Mitarbeiterinnen von Kargah zeigen 2011 Selbstportträts vo… | |
Vor zwei Wochen habe [1][ich mich an dieser Stelle über die beabsichtigten | |
Kürzungen] im städtischen Haushalt aufgeregt, die die inoffizielle | |
Deutschland-Koalition aus SPD, CDU und FDP vornehmen will. Insbesondere | |
über die beim Verein Kargah. | |
Seither habe ich das eine oder andere Streitgespräch dazu geführt. Es gibt | |
Genossen, die sich sehr getroffen fühlen, wenn man ihnen unterstellt, sie | |
würden Integration nicht länger als eine der zentralen Aufgaben dieser Zeit | |
begreifen. Gut zu wissen. | |
Nützt nur nichts. In Wirklichkeit ist die Schweinerei noch viel größer, als | |
beim Schreiben der vorigen Kolumne klar war. Gestrichen werden sollen | |
nämlich bei weitem nicht nur die 53.000 Euro für das Kulturprogramm. | |
Sondern auch 51.191 Euro bei der Beratung für Menschen ohne Papiere, 39.886 | |
Euro bei der allgemeinen Beratung für Geflüchtete, 10.000 Euro beim | |
Webportal und 50.000 Euro bei den Dolmetscherdiensten. Summa summarum | |
204.077 Euro. Gefährdet sind vier Vollzeitstellen. | |
Einfach so, ohne Vorwarnung. In einem Verein, dem bis gestern noch alle | |
bescheinigten, supergute Arbeit zu machen und wichtig zu sein. Einem | |
Verein, an den alle gern verweisen, in Behörden und Kirchen und | |
Beratungsstellen und überall sonst, wo man mit dem Thema in Berührung | |
kommt. Das sind auch diejenigen, die gerade auf Social-Media-Plattformen | |
die Trommel rühren, um diese Kürzungen doch noch zu verhindern. | |
Wenn man ein bisschen im Ratsinformationssystem stöbert, kommt man schnell | |
auf die Anträge, die das Kargah in den vergangenen Jahren unter Beschuss | |
genommen haben. Sie stammen in der Regel von der AfD oder den | |
Hannoveranern, einer ebenfalls rechten Wählergemeinschaft. Sie | |
verunglimpfen den Verein als „Profiteur der Asylindustrie“. Die freuen sich | |
jetzt vermutlich, dass die bürgerlichen Parteien endlich „vernünftig“ | |
werden. Sieht so ein Rechtsruck aus, wenn er in der Kommunalpolitik | |
ankommt? | |
Wirtschaftsliberale argumentieren an solchen Stellen natürlich gern, die | |
Vereine sollten sich gefälligst unabhängig machen von der staatlichen | |
Förderung, Mitgliedsbeiträge erhöhen, Sponsoren finden, andere Töpfe | |
anzapfen. Schön und gut. Aber wem fällt das wohl leichter? Den | |
Sportvereinen, wo man sich vehement gegen Kürzungen gestemmt hat? Dem | |
Wilhelm-Busch-Museum und dem Marketing des Schützenfestes, die man mit mehr | |
Geld bedacht hat? Oder denen, die sich um das schwächste Glied in der Kette | |
kümmern? | |
Ich will damit nicht sagen, dass [2][das Schützenfest] oder das | |
Wilhelm-Busch-Museum unwichtig sind, im Gegenteil. Und natürlich leisten | |
Sportvereine auch grandiose Integrationsarbeit. Aber sie haben es eben | |
auch leichter, an Sponsoren zu kommen als ein Verein, der so eng mit einem | |
gesellschaftlich polarisierenden Thema assoziiert ist. Und unabhängig | |
davon, wie man zur weiteren Zuwanderung steht: Irgendwer muss sich halt um | |
die kümmern, die schon da sind. Es sei denn, man möchte gern sehen, wie das | |
Ganze vor die Wand fährt. | |
Womit wir wieder bei der AfD-Agenda wären. Ist es wirklich das, was diese | |
Deutschland-Koalition will? | |
24 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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