# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Alexa, vertreib die Anwohner | |
> Amazon will in Friedrichshain einziehen. Gegen den Tech-Konzern, der das | |
> Spreeufer verschandelt und Arbeiter:innen ausbeutet, gibt es Protest. | |
Bild: Klare Ansage, die auch Jeff Bezos verstehen dürfte | |
Eine der nervigsten Eigenschaften des neuen hippen Berlins ist es, dass | |
sich die globalen Tech-Yuppies hier so widerwärtig wohl fühlen. Ginge es | |
nach ihnen, soll Berlin zu einer durchneoliberalisierten „Creative City“ | |
werden. Schon heute ploppen überall Start-Ups, „Gründer-Campusse“ und | |
Co-Working-Spaces auf. Befeuert wird diese Entwicklung vom Berliner Senat, | |
in dem seit Jahren der Traum von Berlin als nächstem Silicon Valley | |
herumgeistert. | |
Nur konsequent in dieser Entwicklung ist der kommende Einzug von Amazon in | |
den East Side Tower an der Warschauer Brücke, schließlich ist der Schritt | |
vom flache-Hierarchien-Start-Up zum monopolkapitalistischen Gigakonzern | |
viel kleiner, als gewöhnlich angenommen. Wohin diese Entwicklung führt, | |
wissen die Berliner:innen längst aus erster Hand. Dass es aber noch | |
schlimmer werden kann, zeigt sich an Städten wie San Francicso oder New | |
York, wo auch der Zuzug von Tech-Konzernen die Mieten noch astronomischer | |
als in Berlin in die Höhe getrieben hat. | |
Doch Städte wie New York sind nicht nur Negativbeispiel. Vor einigen Jahren | |
ist Amazon hier im Stadtteil Queens [1][mit Plänen für einen riesigen | |
Firmen-Campus gescheitert]. Nachbarschaftsinis wie [2][Queens Neigherhood | |
United] liefen damals von Haustür zu Haustür und verknüpften den Kampf | |
gegen Gentrifizierung mit den Kämpfen gegen Rassismus und Ausbeutung. | |
Obwohl auch Berlin etwa mit Blick auf [3][den verhinderten Google-Campus in | |
Kreuzberg] einiges an Erfahrung hat, was den Kampf gegen technofeudale | |
Giga-Konzerne angeht – hier lässt sich noch einiges lernen. | |
## Amazon: Dienstleister für Abschiebung und Krieg | |
Denn natürlich ist Amazon nicht nur Gentrifizierer, sondern auch | |
gnadenloser Ausbeuter. [4][In Befragungen] berichten Beschäftigte, dass sie | |
bei der Arbeit permanent überwacht werden. Beschäftigte fühlen sich durch | |
die engen Arbeitsvorgaben und die technisierte Kontrolle wie Maschinen ohne | |
körperliche Autonomie. Bereits seit 2013 streiken Amazon-Beschäftige immer | |
wieder an verschiedenen Standorten in Deutschland. Noch immer verweigert | |
Amazon die Anerkennung der Flächentarifverträge im Einzelhandel. | |
Amazon hat aber sogar noch dunklere Seiten. Der Cloud-Dienst Amazon Web | |
Services (AWS) [5][dient etwa der US-Abschiebebehörde als zentrale | |
technische Infrastruktur] für die Verfolgung und Festnahme von | |
illegalisierten Migrant:innen. Der gleiche Cloud-Dienst spielt | |
[6][Recherchen des +972 Magazines] zufolge auch eine wichtige Rolle für | |
Israels entgrenzten Krieg in Gaza. Hier werden auf Amazon-Servern riesige | |
Mengen Überwachungsdaten über die Bevölkerung des Gazastreifens | |
gespeichert. Amazon-Beschäftigte haben in der Vergangenheit [7][gegen | |
solche Kollaborationen protestiert]. | |
Diese Dinge gilt es im Kampf gegen den Amazon-Tower zu verknüpfen, der | |
natürlich scheiß Nachbar für Friedrichshain ist. Höchste Zeit deshalb, dem | |
steuerscheuen Konzern des Multimilliardärs Jeff Bezos (der so bodenständige | |
Hobbys hat, wie sich [8][ins All schießen zu lassen]) zu zeigen, dass er | |
und sein auf Überkonsum basierender Laden in Berlin nicht willkommen ist. | |
Um das deutlich zu machen, [9][ruft ein Protestbündnis auf die Straße]. Die | |
Demo startet am Samstag (26. 10.) um 16:30 Uhr am Schleidenplatz nahe des | |
S- und U-Bahnhofs Frankfurter Allee. | |
Da man sich auch in Kreuzberg, auf der anderen Spreeseite, Forderungen wie | |
der nach bezahlbaren Wohnungen statt Luxusbüros anschließen kann, hat die | |
Initiative [10][Görli 24/7] eine Zubringerdemo auf die Beine gestellt | |
(Start: Lausitzer Platz, 16:30 Uhr). Denn aus ihrem Kampf gegen die | |
nächtliche Schließung und den Umbau des Görlitzer Parks wissen die | |
Aktivist:innen genau, dass in der kapitalistischen Stadt nur die | |
Interessen der Besitzenden durchgesetzt werden, während sich die Polizei um | |
die sozialen Konsequenzen dieser Politik kümmert. | |
## Protest gegen Kai Wegner | |
Für so ein autoritäres Politikverständnis steht zum Beispiel Kai Wegner, | |
der seine Pläne für den Görli notfalls mit Polizeigewalt durchsetzen wird. | |
Doch gleichzeitig will Wegner gerne „bürgernah“ sein – zumindest im | |
Prinzip. Diejenigen, die in den Genuss der wegner'schen Bürgernähe im | |
Rahmen der Gesprächsreihe [11][„Kai Wegner vor Ort“] kommen wollen, müssen | |
sich zuvor schriftlich anmelden, ihren Personalausweis zeigen und sich | |
bereit erklären, dass der Senat alle Aufnahmen der Veranstaltung | |
propagandistisch ausschlachtet. [12][Gegen all das gibt es lauten Protest] | |
– mit Topfdeckeln, Hupen, Trillerpfeifen und mehr (Montag, 28. 10., | |
Statthaus Böcklerpark, 17 Uhr). | |
Vor dem Statthaus ebenfalls anwesend sein, werden Beschäftigte der freien | |
Träger Berlins, die immer noch nicht wissen, ob sie die 150 Euro | |
Hauptstadtzulage erhalten werden, die für Beschäftigte des öffentlichen | |
Dienstes inzwischen tarifvertraglich geregelt ist. Die Unklarheit ist eine | |
Sauerei, schließlich leisten die Beschäftigten bei freien Trägern die | |
gleiche Arbeit und verdienen denselben Respekt. Auch sie rufen deshalb | |
[13][zum Protest gegen Wegner] auf (Montag, 28. 10., Statthaus Böcklerpark, | |
16:30 Uhr). | |
Gegen Leerstand im Kaskelkiez richtet sich ein Herbstfest, bei dem unter | |
anderem das Kiezteam von Deutsche Wohnen & Co. enteignen dabei ist. Das | |
leerstehende Haus in der Türrschmidtstraße 1 soll durch ein | |
[14][familienfreundliches Herbstfest] wachgeküsst werden. Es werden | |
Lampions gebastelt, es gibt Kaffee und Kuchen, Kiezspaziergänge, | |
Kinderschminken, ein Kiez-Quiz und mehr. Los geht es am Sonntag (27. 10.) | |
ab 14 Uhr. | |
Persönlich mit den Auswirkungen des Ausverkaufs der Stadt konfrontiert? Wie | |
jede Woche bietet Rechtsanwalt Henrik Solf mit Unterstützung der | |
Bezirksgruppe Prenzlauer Berg der Berliner Mietergemeinschaft am Montag | |
(28. 10.) von 18:30 Uhr bis 19:30 Uhr in der Kultur- und Schankwirtschaft | |
Baiz eine [15][kostenlose Beratung] an. Denn gegen die kapitalistische | |
Stadt hilft bekanntlich vor allem eines: Solidarität. | |
25 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Amazon-kuscht-vor-New-York/!5570946 | |
[2] https://www.instagram.com/queensneighborhoodsunited/ | |
[3] /Digitalisierung-und-Stadtentwicklung/!5596731 | |
[4] https://www.rosalux.de/publikation/id/8801/amazon-in-leipzig/ | |
[5] https://www.technologyreview.com/2018/10/22/139639/amazon-is-the-invisible-… | |
[6] https://www.972mag.com/cloud-israeli-army-gaza-amazon-google-microsoft/ | |
[7] https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/oct/12/google-amazon-workers… | |
[8] /Kapitalismus-und-Raumfahrt/!5854163 | |
[9] https://berlinvsamazon.noblogs.org/ | |
[10] https://goerli247.noblogs.org/ | |
[11] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/veranstaltungen/kai-wegner-vor-ort/ | |
[12] https://stressfaktor.squat.net/node/308124 | |
[13] https://stressfaktor.squat.net/node/308352 | |
[14] https://stressfaktor.squat.net/node/308136 | |
[15] https://stressfaktor.squat.net/node/302610 | |
## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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