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# taz.de -- Sterbehilfe in Großbritannien: Tod auf eigenen Wunsch
> Die Labour-Abgeordnete Kim Leadbeater hat einen Gesetzentwurf zur
> Sterbehilfe vorgestellt. Die Mehrheit der Brit:innen spricht sich dafür
> aus.
Bild: Befürwortet Gesetzentwurf zur Sterbehilfe: die Britin Sarah Fenton mit e…
London taz | Sarah Fenton steht mit weiteren Aktivist:innen der die
Sterbehilfe unterstützenden Gruppe „Dignity in Dying“ vor dem britischen
Parlament in London. In der Hand hält sie ein großes Porträt ihres Mannes
Keith. „Auf diesen Tag habe ich sieben Jahre gewartet“, sagt sie und
erzählt von ihrem Mann, der an der Huntington-Krankheit litt und vor sieben
Jahren mit Hilfe des Sterbehilfeunternehmens Dignitas in der Schweiz starb.
Den Suizid habe er gewählt, da bereits seine beiden Geschwister an der
vererbbaren Erkrankung gestorben waren, so die 62-jährige Witwe. Sollte der
am Mittwoch dem britischen Parlament vorgestellte Gesetzesentwurf [1][der
Labour-Hinterbänklerin Kim Leadbeater] zur Sterbehilfe verabschiedet
werden, müssten Menschen wie Keith Fenton nicht mehr über 15.000 Euro an
Sterbehilfeorganisationen zahlen, argumentiert seine Witwe.
Leadbeaters Gesetzesantrag soll nur Menschen, deren Lebenserwartung
aufgrund einer Krankheit im Endstadium nicht mehr als ein halbes Jahr
beträgt, die Sterbehilfe ermöglichen. Der taz erklärte Leadbeater, dass
Absicherungen im Mittelpunkt ihres Antrags stünden.
## Nur für Menschen, deren Tod unmittelbar bevorsteht
Die Sterbehilfe gelte nicht für Menschen mit Behinderung, psychischen
Krankheiten oder hohem Alter. „Es geht um eine Option für Menschen, deren
letzte Lebenswochen und -monate unmittelbar bevor stehen. Nur sie sollten
ihren Todeszeitpunkt selbst wählen dürfen.“
Vorgesehen ist derzeit, dass zwei Ärzt:innen, von denen ein/e die
betroffene Person nicht kennen darf, und ein/e britische Hochrichter:in
bei dem Antrag auf Sterbehilfe involviert sind. Außerdem müssten sich die
Sterbewilligen die tödliche Dosis selbst verabreichen. Die beiden
Ärzt:innen müssten die geistige Gesundheit der Antragsteller:innen
und die Unabhängigkeit der Entscheidung bestätigen und den Betroffenen
palliative Versorgungsmöglichkeiten erklärt und angeboten haben. Der
Todeswunsch müsste jederzeit, auch mündlich, revidierbar sein.
## Auch Sterbehilfe-Gegner:innen werden aktiv
Auch Aktivist:innen gegen Sterbehilfe versammelten sich am Mittwoch vor
dem britischen Parlament hinter Pappmaché-Grabsteinen. Tim Dieppe von der
Gruppe „Christians Concerned“ (Besorge Christen) erzählt der taz von seiner
Frau, die an Krebs starb. Der 54-jährige Witwer hält Sterbehilfe für
gefährlich und unnötig. „Es setzt Menschen im schwächsten Moment ihres
Leben unter Druck, ihr Leben zu beenden. Das hat nichts mit Empathie zu
tun.“ Dieppe plädiert stattdessen für [2][Schmerzlinderung, Fürsorge, Liebe
und gute Hospize]. Starke Gesetze könnten, so wie auch beim
Abtreibungsgesetz, über Jahre verwässert werden, warnt er.
Neben Dieppe schildert Karen Kenward, 71, der taz, dass sie heute nicht
mehr leben würde, hätte es Sterbehilfe gegeben, als sie mit
Guillain-Barré-Syndrom auf der Intensivstation lag und sich nicht mehr
bewegen konnte. „Heute weiß ich, dass man sich im Leben nie sicher sein
kann, wie etwas ausgeht“, sagt die Rollstuhlfahrerin energisch. Es sei
vielmehr wichtig, die Palliativpflege auszubauen. Auch Erzbischof Justin
Welby, das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, sprach sich diese Woche
gegen die Sterbehilfe aus.
## Mehrheit der Britinnen und Briten für Sterbehilfe
Am 29. November soll es eine Unterhausdebatte zu dem Gesetzesentwurf geben,
bevor darüber abgestimmt wird. Der Entwurf gilt zunächst für England und
Wales, ein paralleler Antrag läuft jedoch durch das schottische Parlament.
Eine Meinungsumfrage vom 16. Oktober im Auftrag von Humanist UK ergab dass
74 Prozent aller Brit:innen für ein Sterbehilfegesetz sind, eine weitere
Umfrage kam auf 67 Prozent.
18 Oct 2024
## LINKS
[1] /Nachwahl-in-West-Yorkshire/!5783884
[2] /Leben-und-Tod/!5907474
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Großbritannien
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