# taz.de -- Autoritäre Auswüchse beim BSW: Lenin lässt grüßen | |
> Katja Wolf wird öffentlich abgestraft, weil sie sich von Sahra | |
> Wagenknecht emanzipiert. Jetzt zeigt sich beim BSW die dunkle Seite der | |
> Macht. | |
Bild: Anleihen an alte Zeiten: Das BSW ist ganz schön autoritär. SED-Spitze i… | |
Die SED, die Staatspartei der DDR, war eine Partei leninistischen Typs. Es | |
galten strenge Top-down-Strukturen, und mit dem Verweis auf die heilige | |
Parteidisziplin hielt man die Mitglieder gehorsam. Wenn die nicht folgsam | |
waren, mussten sie sich in ihrer Ortsgruppe dem Ritual der „Kritik und | |
Selbstkritik“ unterwerfen, und wenn das nicht half, kam die „Rüge“ und am | |
Ende der Parteiausschluss. Letzterer mit dramatisch existenziellen Folgen | |
für das Mitglied. | |
Derzeit erinnert das BSW Sahra Wagenknechts stark an die SED (das passt, | |
denn als die Partei 1989 am Zerbröseln war, trat sie in die SED ein). Katja | |
Wolf, die erfrischend pragmatische und selbstbewusste Spitzenfrau in | |
Thüringen, hat es gewagt, von der Wagenknecht-Linie abzuweichen, und in der | |
Ukraine-Frage [1][einen geradezu dialektischen Kompromiss ausgehandelt], | |
der für die Partner in spe – BSW, CDU und SPD – gleichermaßen | |
gesichtswahrend ist. | |
Die Rache des Politbüros, pardon, der Berliner Zentrale kam umgehend: | |
[2][Via Gastbeitrag auf T-Online] sandten der Schatzmeister und die | |
Geschäftsführerin der BSW-Gruppe im Bundestag (das schmutzige Geschäft | |
lässt die Chefin andere machen) eine klare Drohung: Opposition sei besser | |
als eine falsche Politik, und „wer das nicht kapiert, wird vielleicht | |
schnell Ministerin, ist aber in unserer Partei falsch“. Richtig versus | |
falsch, und was richtig ist, das bestimmen die Kader. | |
Kadermäßig liest sich übrigens auch [3][die Satzung des BSW]. Dort sind | |
säuberlich die „Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder“ aufgelistet: Was bei | |
der SED die Rüge war, heißt hier „Verwarnung“. Eine weitere Daumenschraube | |
aus dem Besteckkasten des Neo-Leninismus: die „Fähigkeit zur Bekleidung von | |
Parteiämtern“ kann zeitweilig aufgehoben werden. | |
Das klingt alles gruselig, aber das Beispiel Katja Wolf macht Hoffnung: | |
Parteien sind in Deutschland föderal organisiert, die Zentralen haben per | |
se nur eine eingeschränkte Macht. Das Parteiengesetz garantiert | |
demokratische Prozesse innerhalb der Parteien. Das wird eines Tages auch | |
Sahra Wagenknecht erkennen müssen. | |
30 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Koalitionsverhandlungen-in-Thueringen/!6042686 | |
[2] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100519878/b… | |
[3] https://bsw-vg.de/wp-content/uploads/2024/02/Satzung_BSW.pdf | |
## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
## TAGS | |
BSW | |
Sahra Wagenknecht | |
BSW | |
BSW | |
Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen | |
Koalitionen in Ostdeutschland | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
BSW in Koalitionen: Bald an der Macht – aber mit Risiko | |
Das Bündnis Sahra Wagenknecht steht vor Regierungsbeteiligungen. Der | |
Widerspruch zwischen Systemveränderung und einem Weiter so bleibt ungelöst. | |
BSW in Thüringen: Position zu Krieg und Frieden schärfen | |
Die Thüringer BSW-Chefin Wolf war nach innerparteilicher Kritik unter Druck | |
geraten. Nun will sie in den Koalitionsgesprächen den Markenkern der Partei | |
stärken. | |
Koalitionsverhandlungen in Thüringen: Erster Dämpfer für Wagenknecht | |
In Brandenburg hat sich Sahra Wagenknecht bei der Ukraine-Formel | |
durchgesetzt, in Thüringen nicht. Erstmals zeigen sich die Grenzen ihrer | |
Macht. | |
Regierungsbildung im Osten: Sondierungen zum Dritten | |
Fünf Wochen nach der Wahl in Brandenburg stehen SPD und BSW vor | |
Koalitionsverhandlungen. Auch in Thüringen und Sachsen wird wieder geredet. | |
Parteien in Ostdeutschland: Tief verwurzelter Populismus | |
Erst die AfD, jetzt das BSW: Das ostdeutsche Parteiensystem koppelt sich | |
zunehmend ab. Die Wurzeln dieser Entfremdung vom Gesamtstaat reichen tief. |