# taz.de -- Jordanien und der Krieg: Jubel und Sorge in Jordanien | |
> Irans Raketen fliegen auf ihrem Weg in Richtung Israel wieder über | |
> Jordanien. Das Land befindet sich unfreiwillig mitten in der | |
> Konfrontation. | |
Bild: Ins Visier genommen: Überreste einer iranischen Rakete, die über Jordan… | |
Amman taz | Fast sechs Monate, nachdem der Iran eine Welle an Raketen und | |
Drohnen auf Israel schoss, wiederholten sich am Dienstagabend die Szenen am | |
Jordaniens Himmel. Kurz nach halb acht waren in der Hauptstadt Amman dumpfe | |
Explosionen zu hören, ehe dutzende brennende Raketen wie Sternschuppen aus | |
Richtung Osten den Himmel überquerten. | |
Aus dem Westen erhellten ebenfalls Flugkörper die Nacht. Manchmal trafen | |
sie auf die ankommenden Raketen, die in der Luft explodierten und teils in | |
Richtung Boden fielen. Menschen schrien auf den Straßen und aus den | |
Fenstern – teilweise aus Angst, [1][teilweise aus Freude]. | |
Über 180 Raketen soll der Iran nach Angaben des israelischen Militärs | |
abgefeuert haben. Laut der iranischen Führung handelte es sich dabei auch | |
um Hyperschallraketen, die von Radaren schwerer zu erfassen sind. Mehrere | |
konnte das israelische Luftabwehrsystem abfangen, einige erreichten jedoch | |
ihr Ziel. Auch die USA haben sich von ihren Marine-Schiffen aus im | |
Mittelmeer am Abschuss beteiligt. | |
Unklar ist, [2][ob die jordanische Luftwaffe auch so wie im April dazu | |
beigetragen hat.] Das Königreich befindet sich geographisch in der | |
Schusslinie zwischen Israel und dem Iran – und gerät als traditioneller | |
Partner des Westens unfreiwillig zwischen die Fronten. | |
## Experte: „Jordanien bleibt für Iran immer Transitzone“ | |
Sicherlich könne man sagen, dass Jordanien „stets zum Abschuss von Raketen | |
beitragen wird, die seinen Luftraum verletzen“, sagt der jordanische | |
Geopolitik-Experte Amer Al-Sabaileh. Die Lage sei mit Risiken verbunden, | |
und doch sei unwahrscheinlich, dass sich die Beziehungen zwischen Iran und | |
Jordanien ändern. „In den Augen Irans wird Jordanien immer eine Transitzone | |
bei den Auseinandersetzungen mit Israel bleiben.“ | |
Für Ayman Khalil, Direktor des jordanischen Arab Institute for Security | |
Studies, seien Eindämmungsstrategien gegen die Bedrohung durch Raketen in | |
der Region notwendig. | |
Das jordanische Militär teilte am Abend mit, seine Einheiten stünden | |
angesichts der Lage in Bereitschaft an den Grenzen und würden weiterhin | |
„die Heimat vor jeder Bedrohung schützen, die ihre Sicherheit | |
unterminiert“. | |
Regierungssprecher Mohammad Momani wiederholte gegenüber lokalen Medien, | |
Jordanien werde nicht zum Schlachtfeld und der Schutz der | |
Jordanier*innen stünde an erster Stelle. | |
## Einschläge von Raketenfragmenten | |
Unter Jordanier*innen sorgen die iranischen Raketenangriffe für | |
gemischte Gefühle. „Für mich ist jede Reaktion auf die Gräueltaten im | |
Libanon, Palästina und Syrien eine gute Reaktion“, sagt ein 35 Jahre junger | |
Mann palästinensischer Herkunft. „Unabhängig von dem, was man von der | |
Hisbollah oder dem Iran hält.“ Sie zeugten von Solidarität. | |
Ein jordanischer Mann, der in einem Gemischtwarenladen arbeitet und | |
ebenfalls anonym bleiben möchte, findet hingegen, das sei eher ein „Spiel“ | |
Irans. „Der Iran will sich ein gutes Image vor seinen eigenen Bürgern | |
aufbauen und Kontrolle über seine Anhänger*innen in anderen Ländern | |
erlangen“. Kritik übt er am Abschuss der Raketen in Himmel über Jordanien, | |
denn die Splitter hätten jemanden töten können. | |
Raketenfragmente haben drei Menschen an verschiedenen Orten leicht | |
verletzt, auch Straßen und Gebäude wurden beschädigt. In den Medien und | |
sozialen Netzwerken kursierende Video zeigen etwa ein Mann, der durch die | |
zerstörten Räume seines Hauses in Mafraq wandert, die Wände zerbröckelt. | |
In Sahab, Südostamman, steht hingegen ein Raketenteil mitten auf der Straße | |
in Flammen. In der Kleinstadt As-Salt feiern, singen und klatschen junge | |
Männer auf einem abgebrochenen Flugkörper – scheinbar unwissend über die | |
Gefahren, die von eventuellen Blindgängern ausgehen. | |
2 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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