# taz.de -- Kommunale Wohnungsunternehmen: Haie im Landesgewässer | |
> CDU und SPD verteidigen die Mieterhöhungen der landeseigenen | |
> Wohnungsgesellschaften. Per Gesetz schleifen sie zudem deren Kontrolle. | |
Bild: Für die Mieter ist es egal, wer der Hai ist | |
Berlin taz | Die Zeit, in der die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften | |
mit ihren 360.000 Wohnungen auf einen strengen Sozialkurs getrimmt wurden, | |
ist vorbei. Das wurde bereits vor einem Jahr deutlich, als der schwarz-rote | |
Senat den Gesellschaften [1][per neuer Kooperationsvereinbarung] | |
Mietsteigerungen bis zu 2.9 Prozent jährlich erlaubte und die Quoten bei | |
der Wiedervermietung für besonders einkommensschwache Mieter:innen | |
absenkte. Zuletzt machten Gesobau, WBM und Co erneut davon Gebrauch und | |
verschickten mehr als 90.000 Mieterhöhungen, im Schnitt um 32 bis 45 Euro | |
monatlich. | |
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag wollte die | |
Linksfraktion nun die Notbremse ziehen. Sie beantragte, die | |
Wohnungsbaugesellschaften anzuweisen, die Erhöhungen zurückzunehmen und die | |
Mieten im Jahr 2025 [2][stabil zu halten], so wie es Rot-Rot-Grün etwa | |
während der Energiepreiskrise beschlossen hatte. Ihr mietenpolitischer | |
Sprecher Niklas Schenker warf dem Senat vor, „in großem Stil an der | |
Mietenspirale“ mitzuwirken. Schon im Vorjahr waren die Mieten in 170.000 | |
städtischen Wohnungen erhöht wurden. Dies sei für den Senat eine „traurige | |
Bilanz“. | |
Von den nun verschickten Mieterhöhungen, teilweise in Höhe von bis zu 9 | |
Prozent, seien insbesondere Mieter:innen in besonders günstigen | |
Wohnungen von unter 7 Euro pro Quadratmeter betroffen, so Schenker. Die | |
Grüne Katrin Schmidberger betonte, die Landeseigenen hätten eine | |
Vorbildfunktion und müssten eine „mietpreisdämpfende Wirkung für die | |
ganze Stadt“ haben. Denn: Jede Mieterhöhung hat Auswirkungen auf den | |
nächsten [3][Mietspiegel]. Schmidberger plädierte für einen | |
„Mietendimmer“, der Erhöhungen auf ein oder zwei Prozent begrenze. | |
Für die CDU erinnerte der Abgeordnete Ersin Nas an die – praktisch kaum | |
genutzte – Möglichkeit, dass Mieter:innen per Antrag ihre Miete auf 27 | |
Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens beschränken können. Nas betonte, die | |
Gesellschaften müssten in der Lage sein „Investitionen tätigen zu können | |
und Instandsetzungsarbeiten ohne Kredite durchzuführen“. Schenker dagegen | |
hatte kritisiert, dass der Senat „Mieter:innen für den teuren Neubau | |
bezahlen“ lasse, und warb dafür, Neubau über [4][Transaktionskredite] zu | |
finanzieren. | |
## Wohnraumversorgung beschnitten | |
Mit Stimmen von CDU und SPD wurde kurz darauf eine Gesetzesnovelle zur | |
[5][„Wohnraumversorgung Berlin“] beschlossen, jener Institution, die als | |
Kompromiss nach dem Mietenvolksentscheid von 2015 zur Überwachung der | |
Landesgesellschaften geschaffen worden war. Sie wird in „Sicheres Wohnen – | |
Beteiligung, Beratung, Prüfung – Anstalt öffentlichen Rechts“ umbenannt u… | |
ihrer Kernaufgaben entledigt. Statt Entwicklung und Überprüfung der | |
Landesgeselschaften samt Jahresberichten soll sie sich zukünftig vor allem | |
um Mieterschutz kümmern, etwa durch eine neu Ombudsstelle für Streitfälle | |
und einer Prüfstelle für Verstöße gegen die Mietpreisbremse und Mietwucher. | |
Die Arbeit der Wohnraumversorgung war seit der Besetzung eines der beiden | |
Geschäftsführer-Postens durch den vermieterfreundlichen SPD-Politiker | |
[6][Volker Härtig] blockiert, was auch zu [7][Kritik des | |
Landesrechnungshofes] aufgrund ihrer Ineffizienz geführt hatte. Doch die | |
Reform komme einer „Abwicklung“ gleich, so Katrin Schmidberger. Der | |
Berliner Mieterverein hatte ebenso kritisiert, der Senat sorge damit für | |
„ein Abschaffen der sozialen Leitlinien“ der landeseigenen | |
Wohnungsunternehmen. | |
17 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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