| # taz.de -- Spannungen zwischen Nord- und Südkorea: Nicht mehr nur das üblich… | |
| > Nordkorea lässt Straßenverbindungen nach Südkorea sprengen und droht mit | |
| > der Zerstörung von Seoul. Die Spannungen haben einen neuen Höhepunkt | |
| > erreicht. | |
| Bild: Touristen spazieren in Südkorea entlang des Zauns zur demilitarisieren Z… | |
| Seoul taz | Begreift man die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel als | |
| Wellenbewegungen, dann laufen sie derzeit mit erschreckendem Tempo auf | |
| einen neuen Höhepunkt zu: Erst am Wochenende hat Nordkoreas Generalstab | |
| Südkoreas Regierung beschuldigt, unbemannte Drohnen mit | |
| Propagandaflugblättern über die Pjöngjang entsandt zu haben. | |
| Am Dienstag ließ das Kim-Regime dann innerkoreanische Straßenverbindungen | |
| sprengen. „Unser Angriffszeitpunkt für die Zerstörung von Seoul […] ist | |
| nicht festgelegt“, erklärte [1][Kim Yo Jong], Schwester des Diktators Kim | |
| Jong Un: „Aber der Moment, wenn erneut eine Drohne der Republik Korea am | |
| Himmel über unserer Hauptstadt entdeckt wird, wird sicherlich zu einer | |
| fürchterlichen Katastrophe führen.“ | |
| Und am Mittwoch hieß es aus Pjöngjang, 1,4 Millionen junge Menschen hätten | |
| sich freiwillig der Volksarmee angeschlossen, um Südkoreas Drohnen zu | |
| bekämpfen. | |
| Den Ernst der Lage zeigt ein kurzfristig einberufenes Treffen der | |
| Vizeaußenminister von Südkorea, Japan und der USA in Seoul am Mittwoch, um | |
| sich gegenüber der Bedrohung aus Nordkorea zu koordinieren. | |
| ## Man sollte Kim Jong Un beim Wort nehmen | |
| Immer mehr Beobachter glauben, dass Pjöngjangs Rhetorik nicht nur das | |
| übliche Aufplustern eines paranoiden Regimes ist, sondern man Kim beim Wort | |
| nehmen sollte. Dies sei „beängstigend“, sagt ein südkoreanischer Ex-Gener… | |
| mit Bitte um Anonymität. | |
| Schon im Dezember hatte Kim Südkorea zum „Hauptfeind“ erklärt und dies in | |
| die Verfassung schreiben lassen. [2][Das jahrzehntealte Ziel einer | |
| Wiedervereinigung hat er aufgegeben.] | |
| Seit dem Frühsommer wenden beide Seiten nahezu täglich Methoden | |
| psychologischer Kriegsführung an: Südkorea stellte riesige | |
| Lautsprecheranlagen mit Propagandabeschallung an der entmilitarisierten | |
| Zone auf. Und [3][Nordkorea schickt sogenannte Müllballons über die Grenze] | |
| und hat den Todesstreifen zwischen den Staaten seit Jahresbeginn mit | |
| Zehntausenden Landminen befestigt. | |
| In Seoul ist inzwischen eine Regierung an der Macht, die sich von Kims | |
| Drohungen nicht einschüchtern lässt. Präsident [4][Yoon Suk Yeol] spricht | |
| aus, worüber sein Vorgänger Moon Jae In stets geschwiegen hat: Dass er | |
| nämlich das abgeschirmte und verarmte Volk Nordkoreas mit kritischen | |
| Informationen über sein Regime und dessen Menschenrechtsverbrechen | |
| versorgen möchte. Doch wäre es ein Fehler, Nordkoreas Verhalten als bloße | |
| Reaktion darauf zu erklären. | |
| ## Kim hat von Gaddafis Schicksal gelernt | |
| Lange ließ sich Nordkoreas Militärdoktrin darauf reduzieren, nicht als | |
| zweites Libyen zu enden. Das Schicksal, das Muammar al-Gaddafi 2011 | |
| ereilte, wäre dem Diktator wohl erspart geblieben, hätte er sein | |
| Nuklearprogramm nicht im Tausch für fragile Sicherheitsversprechen | |
| aufgegeben. Deshalb galt auch Kims Atomarsenal stets als Absicherung gegen | |
| eine US-Invasion. | |
| Längst ist eine Abkehr von der reinen Selbstverteidigungsdoktrin zu sehen. | |
| [5][Nordkorea verfügt schon seit einer Dekade über genügend Sprengköpfe für | |
| eine glaubhafte Abschreckung]. Trotzdem baut es sein Arsenal aus und setzt | |
| statt auf Interkontinentalraketen mittlerweile auf Kurzstreckenraketen und | |
| taktische Nuklearwaffen, die vor allem gegen Südkorea nützlich wären. | |
| „Für mich sieht es so aus, als wolle sich Nordkorea auf einen Krieg | |
| vorbereiten – wohl nicht kurzfristig, sondern in den nächsten fünf bis | |
| zehn, vielleicht auch 20 Jahren“, sagt anonym ein Nordkorea-Experte in | |
| Seoul. „Der Plan ist, Südkorea einzunehmen und die USA daran zu hindern, | |
| sich in den Konflikt einzumischen.“ | |
| Nordkoreas Militär hat vier, möglicherweise auch schon fünf Typen an | |
| Interkontinentalraketen, die alle das US-Festland erreichen können. Das | |
| Regime verfügt also über eine glaubhafte Abschreckung. Sollten Kims Truppen | |
| in Seoul einmarschieren, stünde die US-Regierung vor dem Dilemma, womöglich | |
| in einem Atomkrieg etwa San Francisco für Seoul opfern zu müssen. | |
| ## Trump sieht Südkorea als Geldmaschine | |
| Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump betrachtet | |
| Südkoreas Sicherheit vor allem als finanzielles Problem. Am Dienstag sagte | |
| er in Chicago, wie er gegenüber Seoul auftreten würde, säße er im Weißen | |
| Haus: „Wäre ich jetzt dort, würden sie uns 10 Milliarden Dollar pro Jahr | |
| zahlen. Und wissen Sie was? Sie würden es mit Freude tun. Es ist eine | |
| Geldmaschine. Südkorea.“ | |
| Die Summe wäre fast das Zehnfache von dem, was Seoul derzeit für die | |
| US-Soldaten im Land zahlt. Dabei sind auch die Kapazitäten der USA | |
| begrenzt. Der einstige Weltpolizist wird schon durch die Kriege in der | |
| Ukraine und in Nahost und durch den drohenden Taiwankonflikt stark | |
| beansprucht. | |
| Erst am Dienstag hat der Watergate-Enthüller Bob Woodward in seinem neuen | |
| Buch mit dem Titel „War“ rekonstruiert, wie haarscharf die USA während | |
| Trumps Amtszeit an einem Krieg mit Nordkorea vorbei geschrammt sind. Damals | |
| soll Verteidigungsminister James Mattis derart besorgt darüber gewesen | |
| sein, dass Trumps impulsive, scheinbar unbekümmerte Diplomatie gegenüber | |
| Nordkorea in einem Atomkrieg ende, dass er nachts oftmals in Sportkleidung | |
| schlief – stets auf Abruf bereit für den Ernstfall. | |
| 17 Oct 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Fabian Kretschmer | |
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