Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Geplante Lauterbach-Entführung: „Kindliche Naivität gepaart mit…
> Sie planten, Karl Lauterbach zu entführen und die Bundesrepublik
> abzuschaffen. Julian V. wollte ihnen die Waffen dafür liefern. Jetzt
> wurde er verurteilt.
Bild: Ex-Soldat Julian V. wollte Waffen beschaffen, um Karl Lauterbach zu entf�…
München taz | Sie planten das Ende der Bundesrepublik, wollten
Gesundheitsminister [1][Karl Lauterbach entführen] und nahmen den Tod
vieler Menschen in Kauf. Weil er die wirren bis irren Verschwörer
unterstützte, ihnen Waffen für ihre Vorhaben zu liefern versprach, wurde
jetzt in München ein 42-jähriger Ex-Soldat zu einer Bewährungsstrafe von
einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Dabei war auch Julian V. für
rechtsextremes Gedankengut offenbar durchaus empfänglich.
Der Vorsitzende Richter Philipp Stoll begann die Urteilsbegründung am
Montagmittag mit zwei Zitaten. Von „kindlicher Naivität gepaart mit
sonnigem Größenwahn“ habe V.s Verteidiger mit Blick auf seinen Mandanten
gesprochen. „Brandgefährlich“ habe dagegen der Vertreter der
Generalstaatsanwaltschaft dessen Tun genannt. „Das eine schließt das andere
nicht aus“, befand nun Stoll und verurteilte den Mann, der da in grauer
Trainingshose und Kapuzenpulli vor ihm saß, wegen der Unterstützung einer
terroristischen Vereinigung.
Die Schwelle für diesen Tatbestand sei sehr niedrig, erklärte der Richter.
Nach seiner Überzeugung sei Julian V. kein [2][Reichsbürger]. „Herr V.
hatte ganz andere Motive.“ Vor allem hob Stoll das besondere
Geltungsbedürfnis des Angeklagten hervor. Auch seien dessen militärischen
Vorlieben sehr ausgeprägt. In Kombination mit einer immer wieder
auftretenden, „alkoholbedingten Enthemmung“ habe dies fatale Folgen gehabt.
Wie sich V. in sogenannten sozialen Netzwerken präsentierte, ging
allerdings weit über sein Faible für alles Militärische hinaus. Als sein
Lieblingszitat nannte er dort beispielsweise den SS-Wahlspruch „Meine Ehre
heißt Treue“, eine in Deutschland verbotene Parole. Bei Richter Stoll kam
so etwas nicht zu Sprache, er attestierte V. indes lediglich „eine Skepsis
zu den Corona-Maßnahmen“ sowie „Distanz zur aktuellen Politik“.
## Öffentlichkeitswirksame Entführung während Talkshow
V. war im Januar 2022 ins Visier der Ermittler geraten, als er sich in
einer Telegram-Chatgruppe namens „Veteranenpool“ von einer
Verschwörergruppe, die [3][sich „Vereinte Patrioten“] nannte, anwerben
hatte lassen. V hatte behauptet, Kontakte in Kroatien zu haben, die ihm
zehn Tonnen Waffen und Munition überlassen würden, und sie den Umstürzlern
angeboten. Bei einem Treffen im Allgäu zwei Monate später wurden weitere
Details des Deals besprochen. Spätestens hier muss V. auch erfahren haben,
was seine Partner planten.
Es klingt wirr und nicht ganz ausgereift, was diese sich vorgenommen
hatten. Und auch wenn der geplante Umsturz wohl sehr, sehr weit von seiner
Verwirklichung entfernt war, war die Sache keinesfalls ungefährlich, hätte
durchaus Menschenleben kosten können. Davon sind auch die Ermittler
überzeugt, die sich dank abgehörter Telefonate ein recht genaues Bild über
die Absprachen der Möchtegern-Revolutionäre machen konnten.
So sollte der in der Reichsbürger- und Querdenkerszene besonders verhasste
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach entführt werden – möglichst
öffentlichkeitswirksam während der Teilnahme an einer Talkshow. Der bizarre
Gedanke dahinter: Lauterbach sei in der Bevölkerung derart unbeliebt, dass
man sich auf diese Weise die Unterstützung der Menschen sichern könnte. Zu
dem Plan gehörte auch, einen Doppelgänger für den Bundeskanzler oder
wahlweise den Bundespräsidenten zu organisieren, der dann in einer
Videobotschaft an das deutsche Volk, das Ende der Bundesrepublik verkünden
sollte. So sollte eine Legitimität der Machtübergabe vorgetäuscht werden.
## Hilfe von Putin erhofft
Im Anschluss sollte mit Anschlägen auf Strommasten und Transformatoren ein
großflächiger Stromausfall verursacht werden, der die deutsche
Infrastruktur für mehrere Wochen lahmlegt: Operation „Silent Night“. So
sollten nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft bürgerkriegsähnliche
Zustände herbeigeführt werden, die die Verschwörer für die eigene
Machtübernahme zu nutzen gedachten.
Hilfe für die Umsturzpläne erhoffte man sich auch aus dem Ausland. Mit
einem Brief wollte man sich an den russischen Machthaber Wladimir Putin
wenden, um ihm eine Zusammenarbeit anzudienen. Ziel war offenbar die
Wiedererrichtung einer Staatsform nach Vorbild des Kaiserreichs von 1871.
Nach Überzeugung der Gruppe ist dessen Verfassung ohnehin noch in Kraft.
Eine Konstituierende Verfassung hätte dann die Details klären sollen. Für
deren militärischen Schutz sei ebenfalls V. ebenfalls eingeplant gewesen.
Dem Urteil war eine Verständigung vorausgegangen. Die Staatsanwaltschaft
hatte denn auch nur eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten gefordert,
V.s Anwalt vier Monate weniger. Seit Mai 2023 müssen sich bereits fünf der
verhinderten Revolutionäre in Koblenz vor Gericht verantworten. Einem
weiteren Mitglied der Gruppe wird seit August diesen Jahres in Frankfurt am
Main der Prozess gemacht.
14 Oct 2024
## LINKS
[1] /Geplante-Entfuehrung-von-Karl-Lauterbach/!6000730
[2] /Nach-Razzien-bei-Reichsbuergern/!5971588
[3] /Razzia-in-Bad-Bramstedt/!5975147
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
Reichsbürger
Karl Lauterbach
Prozess
Social-Auswahl
Reichsbürger
Karl Lauterbach
Reichsbürger
Schwerpunkt Rechter Terror
Verschwörungsmythen und Corona
## ARTIKEL ZUM THEMA
Urteil gegen „Reichsbürger“ in Koblenz: Hohe Haftstrafen für Umsturztruppe
Die „Vereinten Patrioten“ wollten Gesundheitsminister Karl Lauterbach
entführen und einen wochenlangen Stromausfall herbeibomben. Nun wurden sie
verurteilt.
Geplante Entführung von Karl Lauterbach: Reichsbürger muss in Haft
Ein Mitglied der terroristischen „Kaiserreichgruppe“ ist zu einer
Haftstrafe verurteilt worden. Er wurde der Umsturzpläne für schuldig
befunden.
Prozess gegen Reuß-Truppe: Reichsbürger mit dem Richtertraum
Seit April wird in Stuttgart Reichsbürgern aus der Reuss-Gruppe der Prozess
gemacht. Ein Mitglied spielt nun seine Rolle runter und gibt sich reuig.
Reichsbürger-Prozess in Frankfurt: Malsack-Winkemanns Endlosschleife
Die AfD-Politikerin ist die erste Angeklagte, die sich in Frankfurt zu den
Putschvorwürfen äußert. Nach vier Prozesstagen bleiben viele Fragen offen.
Geplante Lauterbach-Entführung: Wirre Reichsbürger-Telefonate
Rechte wollten 2021 Karl Lauterbach entführen und die Regierung stürzen.
Beim Prozess wird klar, wie absurd ihr Plan war.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.