# taz.de -- Parteitag von Schleswig-Holsteins Grünen: Im Norden herrscht noch … | |
> Auf dem Parteitag von schleswig-holsteins Grünen steht die Asylpolitik im | |
> Mittelpunkt. Von „roten Linien“ ist die Rede und am Ende stimmt der | |
> Beifall. | |
Bild: Gelöste Stimmung: Noch-Parteichef Omid Nouripour (M.) in Neumünster mit… | |
Neumünster taz | Vor der Tür des Saals, in der der Landesparteitag der | |
Grünen tagt, steht eine Gruppe Jung-Grüner. Keine Lust, drinnen | |
mitzuarbeiten? „Nee, wir sind ja keine Delegierten“, antwortet einer. Aber | |
sie sind da, sichtbar, ansprechbar und bereit, sich weiter in der Partei zu | |
engagieren, nachdem die meisten Vorstandsmitglieder der | |
Nachwuchsorganisation in den vergangenen Wochen [1][ausgetreten sind.] | |
„Millionäre verbieten“, steht auf der Stofftasche, die einer aus der Runde | |
über der Schulter trägt. Wie wichtig die soziale Frage für den grünen | |
Nachwuchs ist, machten dessen Vertreterinnen Maya Vriesema und Jaqueline | |
Kühl in einem Statement klar: „Wir sparen am Sozialen und fragen uns, warum | |
bei den Wahlergebnissen der braune Balken immer länger wird“, sagte | |
Vriesema. | |
Kühl zählte auf, was auch die jetzige Regierung nicht anpacke: „Es fehlt | |
Geld für Bildung, Kindergrundsicherung, Energie-Zuschuss.“ Die Grünen | |
müssten die Verteilungsfrage stellen: „Wir müssen uns öffentlich mit | |
Konzernen, Mietriesen und Reichen auseinandersetzen.“ Es sei verständlich, | |
dass sich Menschen, denen es wirtschaftlich schlecht gehe, nicht mit Arten- | |
und Klimaschutz befassen wollten. | |
Dafür gab es reichlich Beifall und Zustimmung, etwa vom alten und neuen | |
Ko-Landesvorsitzenden Gazi Freitag. Auch der Flensburger EU-Abgeordnete | |
[2][Rasmus Andresen] sagte am Rand des Parteitags, er könne die Position | |
der Jungen gut nachvollziehen: „Die Partei muss sich sozialer aufstellen.“ | |
Es gelte, deutlich zu machen, dass der Klimawandel gerade die sozial | |
Schwächsten am stärksten treffe. | |
Das unterstrich der [3][scheidende Bundesvorsitzende Omid Nouripour], der | |
als Gast auf dem Parteitag sprach: „Die Klimakrise bedroht uns am meisten; | |
ihre Lösung ist eine Menschheitsaufgabe.“ Trotz ständig neuer | |
Katastrophenmeldungen würden sich nur die Grünen um das Thema kümmern. | |
„Lasst uns alles tun, um den Planeten zu retten, um weniger geht es nicht“, | |
rief Nouripour und erhielt dafür Standings Ovations. | |
Doch statt über Klima oder Umverteilung debattiert die Öffentlichkeit vor | |
allem über Migration. Auch beim Parteitag rutschte ein Antrag zu | |
Artenschutz und Flächenerhalt weit nach hinten in der Tagesordnung, während | |
[4][die Asyldebatte im Mittelpunkt] stand. Asylverfahren an den | |
europäischen Außengrenzen und schnellere Abschiebungen fordern inzwischen | |
auch die Länder Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und | |
Nordrhein-Westfalen, in denen die Grünen mitregieren. | |
Das sei nicht leicht gewesen, bekannte Gazi Freitag. Aber es gebe klare | |
Signale aus den Kommunen, die über Überlastung durch Zuzug klagten. „Wir | |
stehen fest hinter den Beschlüssen – aber es darf keine Aushöhlung des | |
Rechts auf Asyl geben“, so Freitag. Als „rote Linien“ nannte er, dass der | |
Zugang zu fairen Verfahren erhalten bleiben müssen, zudem dürfe es keine | |
Abschiebung in unsichere Länder geben. | |
Sozialministerin [5][Aminata Touré] sprach von einem | |
„Überbietungswettbewerb von Abschottung und Abgrenzung“ in der | |
Migrationsdebatte, der besorgniserregend sei. Sie forderte unter anderem | |
rascheren Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete: So sollen bereits in der | |
Erstaufnahme Kontakte mit dem Arbeitsmarkt geknüpft werden und Geflüchtete | |
dann dort einen Wohnsitz bekommen, wo ihre Qualifikation gebraucht wird. | |
Touré erhielt Beifall, genau wie ein zweiter Antrag, die „Migrationsdebatte | |
ganzheitlich zu denken“ und etwa mehr Sprachkurse oder Integration | |
anzubieten. | |
„Unsere Demokratie wird derzeit massiv bedroht – von innen wie außen“, | |
warnte der Bundestagsabgeordnete und Sicherheitsexperte [6][Konstantin von | |
Notz]. Das betreffe Hass und Hetze gegen engagierte Bürger:innen, | |
Wissenschaftler:innen und Politiker:innen, aber auch das Ausspionieren | |
und die Bedrohung kritischer Infrastruktur wie Gasleitungen, | |
Bundeswehreinrichtungen oder Firmen – die [7][Drohnen über Brunsbüttel] | |
sind ein Beispiel dafür. „In Schleswig-Holstein liegen wichtige Teile | |
dieser Infrastruktur“, so von Notz. Er fordert unter anderem mehr Mittel | |
für Spionageabwehr. Auch dieser Antrag erhielt deutliche Zustimmung. | |
Die harmonische Stimmung beim Parteitag erklärte ein Grüner Mandatsträger | |
mit der Lage in Schleswig-Holstein: Die Regierung aus CDU und Grünen hat | |
weiter hohe Zustimmungswerte, zudem gewinnt die Partei an Mitgliedern. | |
Die Zufriedenheit zeigte sich auch bei den Wahlen: Gut 94 Prozent der | |
Delegierten stimmten für die Wiederwahl von Anke Erdmann als Vorsitzende, | |
Gazi Freitag erhielt 82 Prozent. Erdmann betonte in ihrer Bewerbungsrede | |
die Bedeutung der Grünen: „Das Land braucht einen Zukunftsmotor und nicht | |
die Ewiggestrigen.“ Gegen CSU-Chef Markus Söder, der mit Blick auf die | |
Bundestagswahl offenbar Schwarz-Grün als größtes Problem ansehe, teilte sie | |
aus: „Was für ein Knallkopp.“ | |
14 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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