Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klimapolitik in den USA: Ohne Klima ist es Märchenpolitik
> Zwei verheerende Hurrikans drängen die Klimapolitik in den US-Wahlkampf.
> Die immer stärkeren Auswirkungen des Klimawandels lassen es nicht anders
> zu.
Ein Abend in New York City vor zwei Wochen, es ist Climate Week, noch ist
Helene ein Schlagerstar und keine Jahrhundertkatastrophe. Der Ozeanforscher
Stefan Rahmstorf hält mir über den Tisch eines Thai-Imbiss hinweg sein
Handy hin, und sagt nur „Jetzt ist er Kategorie 4. Krass.“
Sowohl der Rechtsextreme als auch die demokratische
Präsidentschaftskandidatin hatten vor, das Klima aus ihren Kampagnen
herauszuhalten. Über die Strategie dahinter hatte ich zuletzt noch [1][eine
verständnisvolle Kolumne geschrieben]. Doch ausgerechnet in einer Region,
die sich selbst als sicher vor Hurrikanen gewähnt hat, demonstrieren
Verwüstungen ungekannten Ausmaßes nun seit zwei Wochen, wie arrogant, aber
vor allem wortwörtlich weltfremd das No-Klima-Kalkül der Wahlkämpfer war.
In den letzten Wochen wurden im Südwesten der USA Millionen Menschen von
der Stromversorgung abgekappt, zwei [2][Ausnahmestürme] haben
Milliardenschäden verursacht, durch [3][Hurrikan „Milton]“ sind wieder
Menschen gestorben.
Berechnungen zufolge hat „Helene“ durch die aufgeheizte Atmosphäre bis zu
50 Prozent mehr Regen gebracht. Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen und
Niederschläge produzieren, die ohne Klimakrise physikalisch unmöglich
wären. Das ist die Mathematik, die zunehmend das 21. Jahrhundert definiert.
Begriffe wie „Jahrhundertflut“ hingegen verkommen zu Worthülsen. Wir haben
die Geografie des Planeten so stark verändert, dass sich Jahrhunderte
längst nicht mehr miteinander vergleichen lassen. Keine der Wahlkampagnen
ist auf Klimainhalte vorbereitet, auf Social Media sieht man in den ersten
Tagen Trump, der auf einer Rally zu den Betroffenen sagt „you will be
fine“, und eine kurzatmige [4][Harris], die zwischen Tweets über
Grenzkontrolle hinweg von Katastrophenhilfe redet.
Zwei Tage später läuft die [5][Debatte der Vizekandidaten], ich gucke sie
bei einer Deutschlehrerin, die in einem Vorort von Washington lebt. Vor dem
TV-Studio hatten sich mehrere Klimaaktivist:innen von der
Sunrise-Bewegung festnehmen lassen, um für eine Debattenfrage zum Klima zu
protestieren. Mit Erfolg. Auch die bestfinanzierten Wahlkämpfe der
Geschichte können so für einen Moment aus dem klimalosen Paralleluniversum
herausgezogen werden.
Bemerkenswert sind weniger die Antworten der Kandidaten – [6][J.D. Vance]
leugnet wie erwartet die Klimakrise und Tim Walz stutzt die Extremlage
fachmännisch auf ein „Look, wir haben ein Problem, lets get to work“
zusammen. Nein, bemerkenswert ist etwas anderes: Die Wette gegen den
Planeten, das politische Verhandeln der Welt ohne Welt, der Versuch, eine
Politik von Sicherheit und Freiheit zu bewerben, ohne den wohl größten
Feind von beidem zu benennen – die Klimakrise – all das wird gerade zu
einem politischen Harakiri-Unterfangen.
Die Trump-Kampagne hat im Auge von „Helene“ eine massive
Desinformationskampagne gestartet und wirft Harris vor, Betroffenen Gelder
vorzuenthalten. Auf Harris wiederum wächst der Druck, immer mehr
Unterstützung zuzusagen, ohne ehrlich erklären zu können, mit welcher
Strategie die Klimakrise langfristig bekämpft werden soll. Denn über den
Auslöser dieser immer extremeren Extreme – die fossilen Energien – will
niemand reden. Weltpolitik ohne Klimapolitik wird im Jahr 2024 erkennbar
zur Märchenpolitik.
12 Oct 2024
## LINKS
[1] /Wahlkampf-in-den-USA/!6035967
[2] /Hurrikan-Helene-in-den-USA/!6037071
[3] /Hurrikan-Milton-in-den-USA/!6041974
[4] /Interview-Offensive-von-Kamala-Harris/!6041699
[5] /TV-Duell-der-US-Vizekandidaten/!6040640
[6] /Hillbilly-Elegie-von-JD-Vance/!6023710
## AUTOREN
Luisa Neubauer
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Kolumne Field Trip
Hurrikan
Extremwetter
US-Präsidentschaftswahl 2024
Luisa Neubauer
wochentaz
Zukunft
Social-Auswahl
wochentaz
Aktivismus
Wissenschaft
Kolumne Field Trip
Kolumne Radsam zur COP
Hurrikan
Kolumne Field Trip
USA
## ARTIKEL ZUM THEMA
Klimawandel und Extremwetter: „Jeder Mensch muss was von Hydrologie verstehen…
Hochwasser, Starkregen und Dürre treten häufiger und extremer auf. Wir
brauchen neue Begriffe, um darüber zu sprechen, sagt Forscher Thorsten
Wagener.
Jagoda Marinić über sanfte Radikalität: „Die Säle der Gleichgesinnten zu …
Die Autorin Jagoda Marinić über ihr Konzept der „sanften Radikalität“ und
wie sie damit in Heidelberg ein interkulturelles Zentrum realisiert hat.
Klimawandel am Südpol: Wie der Klimawandel die Antarktis ergrünen lässt
Das ewige Eis? Von wegen! Eine neue Studie zeigt, dass die
Vegetationsfläche am Südpol wegen des Klimawandels größer wird.
Umweltbewusstsein in den USA: Wandel, wo man ihn nicht erwartet
Ausgerechnet im mittleren Westen der USA findet unsere Kolumnistin ein
umweltbewusstes Amerika. Die Stadt Duluth wirkt politisch zerrissen.
Mit dem Rad zur Klimakonferenz in Baku: Ein Kontinent an Eindrücken
Radreisen fernab der Heimat sind super, um Abstand zur Newshektik zu
gewinnen, denkt unser Autor. Aber in Tiflis wird ihn die Politik wieder
einholen.
Florida vor dem Sturm: „Wenn Sie bleiben, sterben Sie“
Der Hurrikan „Milton“ wird am Mittwoch an der Westküste Floridas erwartet.
Es herrscht die höchste Gefahrenstufe. Eine Region wird zwangsevakuiert.
Klimabewegung in den USA: Deutschland als Vorbild? No Way.
Für viele Aktivist:innen in den USA ist Deutschland ein Beispiel dafür,
wie Klimaschutz scheitern kann. Das prägt auch internationale Politik.
Hurrikan „Helene“ in den USA: Von der Welt abgeschnitten
Der Sturm „Helene“ hat die USA mit Wucht getroffen. Mindestens 180 Menschen
starben, viele werden vermisst. North Carolina kämpft mit den Folgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.