Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hamburger Grünen-Abgeordnete tritt aus: Ab zur Linken
> Aderlass bei den Landesverbänden in Niedersachsen und Hamburg. Die
> Bürgerschaftsabgeordnete Ivy May Müller wechselt zur Linksfraktion.
Bild: Die Richtung dürfte aus Sicht der Grünen Jugend gestimmt haben: Wahlpla…
Hamburg taz | Dem [1][Parteiaustritt des Bundesvorstandes der Grünen
Jugend] hat sich eine Reihe junger Grüner aus Norddeutschland
angeschlossen. Dazu gehören der komplette Vorstand des Landesverbandes
Niedersachsen sowie mehrere Mitglieder des Hamburger und
Schleswig-Holsteiner Landesvorstandes. Der erst vor gut einer Woche
gewählte schleswig-holsteinische Landesvorstand hat eine weitere
Mitgliederversammlung angekündigt, um den Landesvorstand neu zu wählen.
Der Bundesvorstand der Grünen Jugend hatte vergangene Woche Mittwoch
angekündigt, die Geschäfte noch bis zum Bundeskongress der Grünen Jugend
vom 18. bis 20. Oktober weiterführen zu wollen, aber nicht wieder zur Wahl
anzutreten. Stattdessen [2][wirbt er dafür, einen neuen linken
Jugendverband zu gründen]. Projektname: „Zeit für was Neues“.
Als einzige Mandatsträgerin im Norden ist die Hamburger
Bürgerschaftsabgeordnete Ivy May Müller ausgetreten. Dass dieser Schritt
schon länger vorbereitet worden war, zeigt ein [3][professionell gemachter
Instagram-Beitrag der Abgeordneten]. „Als ich 2020 für die Grünen in den
Hamburger Landtag eingezogen bin, wollte ich die Hoffnung meiner Generation
ins Parlament tragen“, sagt Müller dort.
Diese Hoffnung habe ihre Generation verloren: Gegen Inflation, Rechtsruck
und Klimakrise scheine es kein Ankommen zu geben. Das sei aber kein Zufall
sondern politisches Versagen. „Es braucht eine neue Politik, die
Abstiegsängste ernstnimmt und Gerechtigkeit schafft.“ Diese müsse
bedingungslos an der Seite der arbeitenden Menschen stehen und dürfe nicht
immer wieder Kompromisse mit den Reichen und den Konzernen machen.
## Zu viel Regierung
Müller kündigte an, als parteilose Abgeordnete künftig bei der Linken in
der Bürgerschaft mitzuarbeiten. Die zeigte sich erfreut: Sie schätze Müller
als profilierte und gut vernetzte Bildungspolitikerin, erklärte die
Co-Fraktionvorsitzende Sabine Boeddinghaus.
„Mit ihrem Ansatz, den Menschen in der Stadt auf Augenhöhe zu begegnen und
bei Alltagssorgen für sie da zu sein, ist sie bei uns genau richtig“,
ergänzte ihre Kollegin Cansu Özdemir. Müller solle am Montag formell in die
Fraktion aufgenommen werden
Die Fraktionschefin der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft, Jennifer
Jasberg, bedauerte den Weggang der „fachpolitisch versierten, engagierten
Abgeordneten“. Ihr Austritt sei „auch menschlich ein Verlust“.
Jasberg gab aber zu bedenken, dass die großen Krisen unserer Zeit nur
gemeinsam und mit möglichst großer Mannschaftsstärke zu bewältigen seien.
„Wir sollten nicht den vergleichsweise einfachen Weg der Zersplitterung
wählen“, sagte Jasberg der taz. Müllers Austritt habe sich schon länger
angedeutet.
Die Hamburgerin Emilia „Milla“ Fester, mit 26 Jahren die jüngste
Abgeordnete im Deutschen Bundestag, reagierte „traurig und wütend“ auf die
Austritte. Sie äußerte der taz gegenüber jedoch Verständnis für den Frust.
Es habe in der letzten Zeit zu viel konservativ orientierte Politik
gegeben. Aber gerade in der aktuellen Zeit brauche es progressive Kräfte
bei den Grünen, „die klar für einen Kurs auf sooziale, linke Politik
einstehen.“
Aus Sicht des niedersächsischen Landesvorstandes ist die Politik der Grünen
nicht mit den Werten der Grünen Jugend vereinbar. Die Partei sei „viel zu
sehr von dem Anspruch getrieben, Teil einer Regierung zu sein, die aber
eine Politik umsetzt, die uns große Sorgen bereitet“, sagte Rukia
Soubbottina, Sprecherin des Landesvorstandes dem NDR. Lange habe die Jugend
versucht, sich etwa gegen Grenzkontrollen, ein schärferes Asylrecht oder
mehr Geld für die Bundeswehr zu stemmen – vergeblich.
Die ausgetretene Landessprecherin der Grünen Jugend Schleswig Holstein
Katharina Kewitz begründete ihre Entscheidung in einer Presseerklärung
konkret: „Ich treffe sie für Freunde und Familie, die sich in der Pflege
kaputtarbeiten, während Konzerne auf ihrem Rücken und auf Kosten unserer
Gesundheit Profite machen.“
## „Die Partei ist reformierbar“
Bei der Stange bleiben will Leon Bossen, der 23-jährige Fraktionschef der
Grünen in Flensburg. „Die Partei ist reformierbar“, sagte Bossen der taz.
Die Grünen müssten aber [4][nicht nur die Personalfrage klären] sondern
auch ihre inhaltliche Ausrichtung schärfen. „Die grünen brauchen ein
deutliches Profil der sozialen Gerechtigkeit, ein linkes Profil“, findet
Bossen.
Es brauche eine Partei, die den Mut habe „das gegenwärtige Deutschland beim
Namen zu nennen – ein Land, dass inmitten einer tiefen Armuts- und
Infrastrukturkrise steckt“. Die Grünen müssten es schaffen, den Klimaschutz
sozial gerecht zu gestalten.
„In der Problemanalyse sind wir dicht beieinander“, teilte Jasper Balke,
Landtagsabgeordneter und Mitglied der Grünen Jugend, mit. Doch der Weg, die
Partei zu verlassen, sei absolut falsch und dem Anliegen nicht dienlich.
Gazi Freitag, der Landesvorsitzende der schleswig-holsteinischen Grünen,
zeigte sich „ein bisschen überrascht“ über die Austritte, „weil wir die
Grüne Jugend hier in Schleswig-Holstein immer sehr miteinbezogen haben, um
ihren Anliegen Gehör zu verschaffen“. Die Grüne Jugend sei die
einflussreichste Jugendorganisation in Schleswig-Holstein der letzten Jahre
gewesen.
Der Landesvorstand der Grünen Jugend Mecklenburg Vorpommerns teilte mit, er
teile die inhaltliche Kritik am Kurs der Grünen, wolle aber in der Partei
bleiben.
Sie lesen die aktualisierte Fassung eines Beitrages vom 27. September.
Mitarbeit: Esther Geißlinger
27 Sep 2024
## LINKS
[1] /Nach-Ruecktrittswelle-bei-den-Gruenen/!6035815
[2] /Nach-Parteiaustritten-der-Gruenen-Jugend/!6035867
[3] https://www.instagram.com/reel/DAamUxPun7y/
[4] /Podcast-Bundestalk/!6039223
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Grüne Jugend
Grüne
Klima
Soziale Gerechtigkeit
Gerechtigkeit
Bündnis 90/Die Grünen
Omid Nouripour
Bündnis 90/Die Grünen
Grüne Jugend
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte um Vorverlegung wegen Ampel-Aus: Lasst die Hamburg-Wahl, wann sie ist
Auf Hamburg kommen im Frühjahr zwei Wahlen in acht Tagen zu. Also die
Bürgerschaftswahl vorziehen zur geplanten Bundestagswahl? Besser nicht.
Gescheiterte Politik der Grünen: Es gibt mehr als den Klimawandel
Die Grünen sind selbst schuld an ihrer Krise. Sie müssen sich auf eine
Politik der Reform konzentrieren, ihr Fokus auf die Klimakrise reicht
nicht.
Krise bei den Grünen: Der Bündnisfall
Was für eine Partei wollen die Grünen in Zukunft sein? Der Rücktritt der
beiden Vorsitzenden hat Diskussionen ausgelöst. Eine Analyse.
Krise der Grünen: Das linksgrüne Dilemma
Der Richtungsstreit droht die Grünen zu zerreißen. Eine linke Abspaltung?
Schwierig. Nützen dürfte das Ganze den Konservativen.
Turbulenzen im grünen Lager: Bislang kein Exodus
Am Tag nach der Austrittsankündigung ihres Bundesvorstands herrscht nach
außen Ruhe bei der Grünen Jugend Berlin.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.