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# taz.de -- Drohende Commerzbank-Übernahme: Bund will Unicredit machen lassen
> Angesichts einer drohenden Übernahme durch die Unicredit ist die
> Commerzbank unter Druck. Nun wird die Konzernspitze neu besetzt.
Bild: Die künftige Vorstandchefin der Commerzbank: Bettina Orlopp
Frankfurt/Main dpa | Die Bundesregierung hat eindringlich vor einer
feindlichen Übernahme der Commerzbank durch die italienische Großbank
Unicredit gewarnt – plant aber keine Abwehr des Übernahmeversuchs. Das
Institut sei eine sehr wichtige Bank für die deutsche Wirtschaft, sagte
Regierungssprecher Hebestreit in Berlin. Es gebe aber keine weiteren
Überlegungen, etwas abzuwehren, das sei „Sache der Kapitalmarktakteure“.
Inmitten des Übernahmekampfs besetzt die Commerzbank vorzeitig ihre
Konzernspitze neu. Die künftige Vorstandschefin Bettina Orlopp kann schon
kommende Woche das Ruder übernehmen. Der bisherige Vorstandschef Manfred
Knof tritt zum Monatsende ab. „Darauf haben sich der 59-Jährige und der
Aufsichtsrat verständigt“, teilte die Commerzbank mit. Unicredit-Chef
Andrea Orcel hält sich alle Optionen offen.
Die Unicredit war [1][überraschend im großen Stil bei der Commerzbank
eingestiegen]. Zuletzt hatten sich die Italiener über Finanzinstrumente die
Option gesichert, ihren Anteil von 9 auf 21 Prozent aufzustocken. Damit
wäre die Unicredit mit Abstand größter Aktionär – vor dem Bund, der rund
zwölf Prozent hält. Zugleich beantragte die Unicredit die behördliche
Erlaubnis, ihren Anteil auf bis zu 29,9 Prozent zu erhöhen. Damit wird ein
offizielles Übernahmeangebot für die Commerzbank wahrscheinlicher.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach jüngst erst von einer
„unfreundlichen Attacke“. Der Bund hat entschieden, bis auf Weiteres keine
Commerzbank-Aktien mehr zu verkaufen.
## Vorzeitiger Wechsel an der Führungsspitze
Mit dem vorzeitigen Chefwechsel schafft Deutschlands zweitgrößte Privatbank
Klarheit angesichts einer drohenden Übernahme durch die Mailänder Großbank.
Die Commerzbank hatte erst am Dienstagabend erklärt, dass sie ihre
Führungsspitze rasch neu besetzt und Orlopp (54) mit dem Ausscheiden von
Knof „zeitnah“ auf den Chefposten rücken soll. Nun wird der Zeitpunkt
konkret. Knof habe das Geldhaus in einer schwierigen Lage übernommen und
zurück auf Erfolgskurs geführt, teilte Aufsichtsratschef Jens Weidmann mit.
Weidmann stärkte dem Management den Rücken. Orlopp übernehme die Führung
„in dieser für die Zukunft unserer Bank entscheidenden Phase“, betonte er
in einem Brief an die Mitarbeitenden. Orlopp zur Seite steht künftig
Michael Kotzbauer als stellvertretender Vorstandsvorsitzender. „Damit haben
wir insgesamt ein schlagkräftiges Vorstandsteam, das über [2][langjährige
Commerzbank-Erfahrung] verfügt und entschlossen zur Commerzbank steht“, so
Weidmann. „Ich betone dies, denn die Commerzbank ist nicht irgendeine
Bank.“ Mit fast elf Millionen Privat- und Unternehmenskunden sei das
Geldhaus „von zentraler Bedeutung für die deutsche Wirtschaft“.
Anfang September hatte der Frankfurter Dax-Konzern mitgeteilt, dass Knof
seinen Ende 2025 auslaufenden Vertrag nicht verlängern wolle. Er führt die
Bank seit 2021 und hatte den Umbau des Instituts vorangetrieben. Im
vergangenen Jahr schrieb die Commerzbank einen Rekordgewinn. Doch mit dem
Einstieg der Unicredit geriet die Commerzbank unter Druck, Investoren
forderten schnelle Klarheit in der Führungsfrage.
Orlopp galt schon lange als die Favoritin für die Nachfolge. Die
promovierte Betriebswirtin ist bereits Vize-Chefin und seit Herbst 2017
Teil des Commerzbank-Vorstands. Sie wird die erste Chefin in der
154-jährigen Geschichte der Commerzbank und erst die zweite Frau überhaupt,
die alleine einen Dax-Konzern führt – neben Merck-Chefin Belen Garijo.
## Unicredit hält sich alle Optionen offen
Unicredit-Chef Andrea Orcel hält sich nach dem Einstieg bei der Commerzbank
alle Optionen offen. „Die Commerzbank ist ein Investment. Nichts anderes.“
Derzeit gebe es kein Übernahmeangebot, sagte Orcel auf einer
Branchenkonferenz in London. Ein Zusammengehen mit der Commerzbank könne
aber zum „Testfall für Europa“ werden, das größere Banken brauche. Die
Commerzbank passe strategisch gut zur Unicredit.
Der deutsche Bankenmarkt sei fragmentiert und Unicredit habe Erfahrung vor
Ort, sagte Orcel in Anspielung auf die Tochter HypoVereinsbank (HVB), die
2005 von der Unicredit übernommen worden war. Zugleich betonte Orcel
erneut, die Unicredit sei nicht unter Zugzwang. „Wir können den
Commerzbank-Anteil auch wieder verkaufen.“ Bei großen Fusionen brauche es
Einigkeit auf beiden Seiten.
## Berlin plant keine Abwehr von Unicredit – und übt Kritik
[3][Finanzminister Christian Lindner (FDP)] kritisierte im Bundestag den
Stil der Unicredit. Das Vorgehen habe die Bundesregierung überrascht und
„nicht Vertrauen in die Unicredit gestärkt“. Jetzt liege alles Weitere in
der Hand von Management und Aufsichtsrat der Commerzbank. Vonseiten der
Bundesregierung stehe kein weiterer Schritt an. Lindner stellte jedoch
klar: „Wenn die Bundesregierung Anteile veräußert, dann sind wir zu einem
diskriminierungsfreien Verfahren gezwungen.“
Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) hatte in Briefen an Lindner
und Scholz vor den Folgen der drohenden Übernahme gewarnt. „Diese
Entwicklung birgt potenzielle Risiken, die nicht nur die Stadt Frankfurt am
Main, sondern auch den Bankenstandort Deutschland betreffen“, heißt es in
den Schreiben. Frankfurt sei seit Jahrzehnten bedeutendster deutscher
Finanzplatz, „und die Commerzbank spielt hierbei eine zentrale Rolle“.
Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch hatte die
Bundesregierung zuvor aufgefordert, die Übernahme der Commerzbank durch
Unicredit zu verhindern. Es sei „ziemlich einmalig, dass die Bundesrepublik
als eine der größte Wirtschaftsmächte der Erde bei einer ihrer größten
Banken ihres Landes Anteilsverkäufe avisiert und diese dann zu einer
feindlichen Übernahme führen, weil man die Ausschreibung nicht so gestaltet
hat, dass kein einzelner Übernehmer alles bekommt“, sagte Koch der Berliner
Zeitung.
Nicht nur die Bundesregierung, auch die Deutsche Bank will sich aus dem
Übernahmeringen heraushalten. Das Institut konzentriere sich auf sich
selbst, sagte Finanzvorstand James von Moltke auf einer Branchenkonferenz.
Die Deutsche Bank habe noch Arbeit vor sich, bevor sie bereit sei, an einer
Branchenkonsolidierung teilzunehmen.
26 Sep 2024
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