# taz.de -- Arbeitssituation bei Lieferdiensten: Unwürdige Arbeit | |
> Am Internationalen Tag der menschenwürdigen Arbeit fordern Rider und | |
> Gewerkschaften in Berlin bessere Bedingungen bei Lieferando & Co. | |
Bild: Nicht immer verkehrstüchtig: Fahrräder von Ridern | |
Berlin taz | Arbeiten bei schlechtem Wetter sind Rider ja gewohnt – der | |
leichte Nieselregen am Montagnachmittag konnte sie also nicht schrecken. | |
Anlässlich des Internationalen Tags der menschenwürdigen Arbeit haben sie | |
sich zusammen mit Gewerkschaftsvertreter*innen vor dem Roten Rathaus | |
in Mitte versammelt, um auf ihre [1][schlechten Arbeitsbedingungen] | |
aufmerksam zu machen. | |
„Die Menschen werden um ihren ohnehin schon geringen [2][Lohn betrogen]“, | |
nennt Sebastian Riesner von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten | |
(NGG) eines der Probleme. So würden erbrachte Leistungen teilweise nicht in | |
den Lohnabrechnungen auftauchen. Doch auch Lieferdienste müssten sich an | |
Arbeitsrecht und Sozialstandards halten. | |
„Wir versuchen schon seit längerer Zeit, [3][bei Lieferando Tarifverträge | |
durchzusetzen]“, sagt Riesner. „Doch sie weigern sich, sich mit uns an | |
einen Tisch zu setzen und darüber zu verhandeln.“ Zwar gebe es mittlerweile | |
vereinzelt Betriebsräte, das reiche jedoch nicht aus. „Wir müssen zeigen, | |
dass wir das nicht akzeptieren. Dazu brauchen wir einen langen Atem.“ | |
Dass bei den Lieferdiensten einiges im Argen liegt, ist mittlerweile auch | |
beim Senat angekommen. Das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz | |
und technische Sicherheit (Lagetsi) kontrolliert regelmäßig Lieferdienste | |
und inspiziert dabei etwa die Sicherheit der Fahrräder. „Nicht schön“ sei | |
es, was er da schon alles erlebt habe, sagt Lagetsi-Direktor Robert Rath. | |
„Die Unternehmen sind an allem interessiert, aber nicht am Arbeitsschutz | |
der Rider.“ | |
## Rider werden über ihre Rechte aufgeklärt | |
Unsichere Arbeitsmittel, zu schwere Rucksäcke, [4][Angriffe auf Rider] im | |
Straßenverkehr und in Restaurants, [5][sexuelle Belästigung] – die Probleme | |
der Kurierfahrer*innen sind vielfältig. Um die meist [6][migrantischen | |
Kurier*innen] über ihre Rechte aufzuklären, hat das Berliner | |
Beratungszentrum für Migration und gute Arbeit einen englischsprachigen | |
Flyer erstellt, der am Montag bei einer Radtour an die Rider verteilt wird. | |
Das Faltblatt klärt über Sozialstandards in Deutschland wie die Höhe des | |
Mindestlohns (12,41 Euro), die wöchentliche Maximalarbeitszeit (10 Stunden | |
am Tag/48 Stunden die Woche) oder das Recht auf bezahlten Urlaub (4 Wochen) | |
auf. Auch ganz praktische Tipps sind darin enthalten, etwa was im Fall | |
eines Arbeitsunfalls zu tun ist. Die würden von den Lieferdiensten nicht | |
immer als solche anerkannt, sagt Robert Rath. Und das, obwohl die Rider auf | |
ihren teils nicht einmal verkehrstüchtigen Fahrrädern rücksichtslosen | |
Autofahrer*innen schutzlos ausgeliefert sind. | |
Für den Schutz der Rider brauche es mehr Unterstützung durch die | |
Senatsverwaltung für Wirtschaft und den Regierenden Bürgermeister Kai | |
Wegner (CDU), sagt Gewerkschafter Riesner. Dort gebe es zwar offene Ohren, | |
es passiere jedoch wenig. | |
Doch [7][auch die Kund*innen] müssten sich über die Arbeitsbedingungen im | |
Klaren sein. Lagetsi-Direktor Rath hat für die wenig Verständnis: „Menschen | |
legen Wert auf nachhaltige Lebensmittel und lassen sich dann Essen in den | |
zwölften Stock ohne Aufzug liefern.“ | |
7 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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