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# taz.de -- Bremen richtet Abschiebezentrale ein: Ausländer raus, jetzt mit Ef…
> Eine „Zentralstelle für Rückführungen“ soll die niedrige Abschiebequote
> in Bremen erhöhen – das könnte mehr Abschiebehaft bedeuten.
Bild: Sieht Migration oft als Problem: Ulrich Mäurer, hier bei einer Einbürge…
Bremen taz | „Allgemeines Rückführungsmanagement“ – etwas verklausuliert
benennt das Bremer Innenressort die Aufgabe, die im nun verstärkten Referat
24 der Behörde angesiedelt wird. Gemeint [1][sind Abschiebungen.]
Schon seit 2018 beschäftigt sich das Referat 24 damit, allerdings ist es
bisher nur für Straftäter und Gefährder zuständig. Die Abschiebungen und
Ausweisungen all jener, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen,
waren bisher in Bremen Sache des Migrationsamtes und in Bremerhaven der
Ausländerbehörde.
Doch die hatten in der Vergangenheit [2][wenig Erfolge vorzuweisen:] Um 58
Abschiebungen hatten sich die beiden Behörden im ersten Quartal des Jahres
bemüht, aber nur in vier Fällen wurde tatsächlich jemand abgeschoben. 54
versuchte Abschiebungen scheiterten. Das Referat 24 war erfolgreicher: Bei
15 Versuchen gab es am Ende 11 Abschiebungen.
In vergangenen Jahren war das Verhältnis ähnlich gewesen: Auch für das Jahr
2023 stehen im Referat 24 43 Versuche 27 Abschiebungen gegenüber; dagegen
fanden von 90 Versuchen der Ausländerbehörden nur sechs tatsächlich statt,
84 scheiterten.
## Abschiebungen aus der Haft heraus gelingen
Diese Effizienz will der Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) nun [3][auch für
alle anderen Ausreisepflichtigen] nutzen. Angekündigt wurde die
Zusammenlegung der Einheiten erstmals im Mai bei einer Sitzung der Bremer
Innendeputation. Im [4][Interview mit dem Weser Kurier ] bekräftigte der
Innensenator nun den Aufbau der spezialisierten Einheit.
Bei den Koalitionspartnern stößt das auf geteiltes Echo. Die Grünen zeigen
sich überzeugt von der Idee. „Es geht einfach um eine Prozessoptimierung“,
sagt der innenpolitische Sprecher der Bremer Grünen, Michael Labetzke.
Behörden zu einer Einheit zusammenzufassen, sei einfach sinnvoll, „wenn es
Vollzugsdefizite gibt“. Schließlich, so Labetzke, werde die Tat von
Solingen auch auf Verwaltungsversagen zurückgeführt.
Doch geht es tatsächlich nur um effizientere Verwaltungsabläufe? In der
Vorlage für die Sitzung der Innendeputation im Mai werden Gründe für
gescheiterte Abschiebungen aufgezählt. Zu den vorübergehenden Gründen
gehören das Nichtantreffen der Person, ein unbekannter Aufenthaltsort,
medizinische Gründe oder auch die Stornierung des Fluges durch die
Fluggesellschaft.
Zu den langfristigen Gründen gehören eine ungeklärte Identität oder
fehlende Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer, aber auch gerichtliche
Entscheidungen oder unzureichende soziale Sicherheit im Zielstaat.
Nur an wenigen dieser Gründe können effizientere Behördenstrukturen etwas
ändern. Die höhere Zahl an gelungenen Abschiebungen durch das Referat 24
liegt denn auch vor allem daran, dass es dort um Straftäter geht: Die waren
meist schon vorher in Haft und somit leicht anzutreffen.
## „Bremen muss nicht auch drei Schritte nach rehts“
Im Mai verleitete Mäurer das zu der Aussage „Wir müssen versuchen,
sicherzustellen, dass ein großer Teil der Betroffenen rechtzeitig in
Abschiebehaft landet.“ Vornehmlich junge Männer, die nicht freiwillig
ausreisen wollten, könnte das treffen.
Die Linke hatte sich bereits im Mai zum Thema Abschiebehaft geäußert –
damit sei eine Grenze überschritten. „Wir brauchen keine neue
Abschiebeeinheit. Und wir brauchen auch keine Ausweitung der Abschiebehaft,
die damit einhergehen könnte“, sagt heute Dariush Hassanpour,
fluchtpolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion. „In unserem
Koalitionsvertrag steht, dass wir ein humanitäres Aufenthaltsrecht in
Bremen wollen“, so Hassanpour weiter. „Nur weil der Bund drei Schritte nach
rechts rückt, muss Bremen das nicht auch tun“
Seitdem propagiert das Innenressort zwar weiterhin die neu verstärkte
Abschiebeeinheit, nicht aber die verstärkte Abschiebehaft, die vermutlich
den eigentlichen Unterschied ausmachen würde. Auf Nachfrage gibt die
Behörde an, dass die derzeit 17 Bremer Abschiebehaftplätze bei der Polizei
„nach jetziger Einschätzung“ ausreichend sein dürften.
Die generelle Entscheidung, Abschiebungen stärker zu forcieren, könnte sich
auch aus Mäurers negativer Sicht auf Migration begründen. Anders als die
Bürgerschaftsabgeordneten seiner Partei oder der Koalitionsfraktionen
stellte der SPD-Senator [5][in der Bürgerschaftsdebatte vom] September die
„ungesteuerte Zuwanderung“ als großes Problem dar.
Der Bundesrepublik fehle es an Einfluss, wie viele Menschen nach
Deutschland kämen, und aus welchen Ländern. Das „Problem der Migration“
zeige sich bei den Themen Wohnraum, Kitas, Schulen, Arbeitsmarkt und in der
Kriminalität.
## Nur ein Bruchteil kommt für Abschiebungen in Frage
Lösen oder auch nur mildern könnte die neue Abschiebeeinheit diese Themen
übrigens auch bei größtem Erfolg nicht: In den vergangenen Jahren gab es
jeweils nur zwischen 40 und 300 versuchte Abschiebungen durch die Behörden.
Selbst wenn jede davon gelänge: Allein im vergangenen Jahr haben sich 8.727
Menschen als Geflüchtete in Bremen registriert.
Eine etwas höhere Zahl an Menschen verlässt Bremen über die „freiwillige
Ausreise“, bei der Geflüchtete mit Geld und anderen Anreizen dazu gebracht
werden sollen, freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzukehren. 2022
entschieden sich 821 Menschen dafür, 2023 sogar 1.358. Auch in Zukunft soll
diese freiwillige Ausreise den Löwenanteil ausmachen.
Viele aber, darauf weist auch die Behörde hin, werden schlicht ein Teil von
Bremen, nutzen wie alle anderen Wohnraum, Kitaplätze und Sozialleistungen,
nehmen aber auch Jobs an, zahlen Steuern – und manche werden sogar
eingebürgert.
8 Oct 2024
## LINKS
[1] /Migrationspolitik-der-SPD/!6037541
[2] https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZaZGaj-o…
[3] /Rechtsruck-in-der-Asylpolitik/!6029209
[4] https://www.weser-kurier.de/bremen/politik/ulrich-maeurer-viele-probleme-du…
[5] https://vimeo.com/1011041672?turnstile=0.yX060m4QyW8CCjayRKALd-APE8f4uqCCWo…
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Abschiebung
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Schwerpunkt Flucht
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