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# taz.de -- Radsport-WM in Zürich: Verband in Halbtrauer
> Nach einem Sturz stirbt die 18-jährige Schweizerin Muriel Furrer.
> Sicherheitsdebatten holen den Weltverband UCI ein. Der sagt immerhin eine
> Gala ab.
Bild: Widmete ihren Titel der verunglückten Kollegin: Lotte Kopecky (li.) aus …
Die [1][Rad-WM-Straßenrennen] in Zürich waren überschattet vom Todesfall
der Schweizerin Muriel Furrer. Sie stürzte am Donnerstag beim Rennen der
Juniorinnen in einem Waldstück des sogenannten City Circuits schwer. Als am
Freitag die Nachricht von ihrem Tod um die Welt ging, war das Rennen der
männlichen U23 in vollem Gange. Sie fuhren an genau der Stelle vorbei, die
zum Todesort ihrer 18-jährigen Kollegin geworden war. Der spätere
U23-Weltmeister Niklas Behrens, ein gebürtiger Bremer, erfuhr erst im Ziel
davon. Die Freude über seinen Sieg wich schnell dem Erschrecken. „Ich weiß
auch nicht, was ich antworten soll. Ich habe mein Beileid ausgesprochen.
Leider passiert das viel zu oft“, sagte der Bremer.
Bei seinem Rennen konnte man zumindest wesentlich mehr Streckenposten
erkennen. Verschärfend für das tragische Geschehen war auch gewesen, dass
die schwer verletzte Schweizerin erst nach Ende des eigenen Rennens
entdeckt worden war. Schweizer Medienberichten zufolge dauerte es ein bis
zwei Stunden nach dem Unfall, bis Rettungskräfte vor Ort waren. Hätte es
Augenzeugen gegeben, wäre Hilfe sicher schneller zur Stelle gewesen. Furrer
befand sich zum Zeitpunkt ihres Sturzes offenbar auch nicht im Peloton.
Weil bei den WM-Rennen Funkverbot herrscht, war niemand in den
Begleitfahrzeugen informiert. Warum Signale des Transponders nicht zeitnah
ausgewertet wurden, ist Gegenstand der Ermittlungen der Schweizer Polizei.
Nach bisherigen Erkenntnissen passierte Furrers Transponder nicht einmal
die erste Zieldurchfahrt auf dem Sechsläuteplatz, die Sportlerin muss also
bereits vorher gestürzt sein. Die tragische Dimension erhöht noch, dass
Furrer, die selbst Zürcherin war, nur etwa 10 Kilometer von der
Unfallstelle entfernt wohnte und als ein Gesicht der WM galt.
Das Straßenrennen der Frauen begann am Samstag mit einer Schweigeminute,
bei der das Schweizer Nationalteam in der ersten Reihe stand. Viele
Sportlerinnen hatten Tränen in den Augen. „Es war ein besonderer Moment, es
ist etwas, was keiner erleben möchte“, sagte auch die neue und alte
Weltmeisterin [2][Lotte Kopecky] (Belgien) im Ziel. Sie widmete ihren Sieg
spontan Furrer.
Ein Abbruch der WM lag in der Luft. Nach dem Tod von Landsmann [3][Gino
Mäder] bei der Tour de Suisse im letzten Jahr war die Etappe des Folgetages
in eine Gedenkfahrt für den Verunglückten ungewandelt worden. Die
Österreichrundfahrt, bei der in diesem Sommer der Norweger [4][André Drege]
tödlich verunglückte, wurde nach dessen Sturz komplett abgebrochen. Doch
bei dieser WM sprach sich Medienberichten zufolge die Familie Furrers für
eine Fortsetzung der Wettkämpfe aus. Die Familie wünsche ausdrücklich, dass
viele Schweizerinnen und Schweizer an die Strecke kämen, ließ sie
ausrichten.
## Sicherheit im Radsport
Es ist tatsächlich eine Gratwanderung, wie mit einem solchen Unglück am
besten umzugehen ist. Für manche ist es gut, die gewohnten Abläufe als Halt
zu haben. Anderen mag es zynisch und unangemessen erscheinen, einfach
weiterzumachen. Immerhin sagt der Weltverband UCI eine für Samstag geplante
WM-Gala ab, und die Flaggen wurden auf Halbmast gesenkt.
Ein Faktor des Unglücks war sicher auch der Dauerregen, der die Straßen
glatt und die Kurven gefährlich machte. Er hielt auch bei den folgenden
Rennen an. Für manche Sportlerinnen und Sportler rückte der Wettkampf
selbst in den Hintergrund. Noemi Rüegg, Elfte des Straßenrennens der
Frauen, bekannte zwar, dass sie gern in den Kampf um die Medaillen
eingegriffen hätte. Vor allem aber hätten die letzten Tage gezeigt, dass es
Wichtigeres gebe als Resultate. „Es war schön, ins Ziel zu kommen und meine
Familie zu umarmen“, sagte sie. Die [5][Debatten um Sicherheit der
Rennstrecken], um die Organisation der medizinischen Versorgung und auch um
die Probleme, die immer schneller werdende Räder mit sich bringen, erhalten
mit dieser WM neue Nahrung.
Einen clownesken Schlusspunkt setzte am Wochenende noch Weltmeisterin
Kopecky. Als eine Teamkollegin sie auf dem Siegerpodest als Jubelgeste
hochheben wollte, purzelten beide zu Boden. Das löste für einen Moment ein
befreiendes Lachen aus.
Sportlich ist aus deutscher Sicht zu vermelden, dass Liane Lippert nach
bravourösem Rennen im Sechsersprint knapp auf den vierten Platz verwiesen
wurde. Im U23-Rennen, das innerhalb der Frauenkonkurrenz ausgetragen wurde,
gewann Antonia Niedermaier als Gesamt-18. Bronze. Zuvor wurde sie schon
U23-Weltmeisterin im Zeitfahren. Zählt man noch Behrens’ Titel hinzu, dann
ist der Bund Deutscher Radfahrer zumindest im Nachwuchsbereich wieder
Weltspitze.
29 Sep 2024
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## AUTOREN
Tom Mustroph
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Kolumne Press-Schlag
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