# taz.de -- Radprofi Tadej Pogačar: Konkurrenzloser Kraftprotz | |
> Die Dominanz von Lombardeirundfahrt-Sieger Tadej Pogačar lässt nur noch | |
> historische Vergleiche mit großen Radsportlegenden zu. | |
Bild: Alleinunterhalter Tadej Pogacar emotionalisiert die Fans | |
Mit einem erneuten Kraftakt beendete der frisch gebackene Weltmeister seine | |
Saison. Beim letzten der Klassikermonumente, der Lombardeirundfahrt, | |
düpierte Tadej Pogačar erneut die Konkurrenz durch einen Solosieg. 48 | |
Kilometer dauerte dieses Mal die Alleinfahrt. Beim Regenbogenrennen in | |
Zürich hatte er den entscheidenden Antritt schon 100 Kilometer vor dem Ziel | |
gesetzt, die Strade Bianche im Frühjahr mit einem 81 Kilometer langen Solo | |
gewonnen. Bei Lüttich – Bastogne – Lüttich waren es ebenfalls im Frühjahr | |
fast schon bescheidene 35 Kilometer vor dem Feld. | |
Und selbst bei Giro d’Italia und [1][Tour de France, wo Gesamtsiege] | |
gewöhnlich durch Kräftehaushalten errungen werden, gebärdete sich der | |
Slowene als sagenhafter Kraftprotz, erreichte bei neun seiner insgesamt | |
zwölf Etappensiege als Solist die weiße Linie. Eine derartige Dominanz | |
entlockte selbst dem großen Eddy Merckx den Ausruf: „Es ist offensichtlich: | |
Er steht jetzt über mir. Daran gibt es keinen Zweifel.“ | |
Gut, ein paar Menschen zweifeln doch noch. Roger de Vlaeminck, in den | |
1970er Jahren elffacher Sieger bei den Klassikermonumenten, hält weiterhin | |
mehr Stücke auf Merckx. Merckx selbst ruderte von seinem absoluten | |
Superlativ nach Pogačars WM-Triumph etwas zurück. „Ich habe mich nur auf | |
seine Taten bei der WM bezogen. Das war unglaublich. Aber abgesehen davon | |
denke ich nicht, dass Pogačar Merckx überlegen ist. Er muss noch einen | |
weiten Weg gehen“, sagte der Belgier spanischen Medien. Er bezog sich in | |
seinem Urteil vor allem auf die Unterschiede in den Arbeitszeiten zwischen | |
damals und heute. „Es gab eine Saison, in der ich 190 Renntage hatte, | |
heutzutage machen sie 80 Rennen pro Jahr, nicht mehr.“ | |
Die Statistiken beim Branchendienst procyclingstats.com stützen solche | |
Aussagen zwar nicht. Da liegt Merckx im normalen Jahresverlauf zwischen 45 | |
und 88 Renntagen, Pogačar zwischen 43 und 62. Allerdings werden hier vor | |
allem UCI-Rennen geführt. Zu Merckx’ Zeiten gab es jede Menge kleinere | |
Rennen, die auch die großen Stars fuhren. Beim Zählen darf man dem alten | |
Herrn also durchaus Vertrauen schenken. | |
## Maximal Zweiter | |
Ob Pogačar nun eine Stufe über oder unter Merckx steht, ist wohl auch nur | |
ein Thema für Nerds. Aus der aktuellen Radsportgeneration ragt Pogačar | |
jedenfalls heraus. Heftet er sich in einem Rennen eine Startnummer an, ist | |
den meisten seiner Berufskollegen bewusst, dass sie sich bestenfalls um | |
Rang 2 streiten können. „Ich habe das für mich Maximale herausgeholt“, | |
meinte etwa Zeitfahrweltmeister und Doppelolympiasieger [2][Remco | |
Evenepoel] nach seinem zweiten Platz am Wochenende in der Lombardei. | |
Auch im Hause Visma – Lease a Bike sind nach Pogačars überragenden | |
Auftritten beim Giro & Tour-Double die Zweifel an der eigenen | |
Konkurrenzfähigkeit gewachsen. „Pogačar ist jetzt auf einem Level, das für | |
[3][Jonas Vingegaard] schwer zu erreichen sein wird“, sagte Frans Maassen, | |
sportlicher Leiter Vingegaards, dänischen Medien. | |
Hoffnung macht, dass zumindest Evenepoel nicht aufsteckt. „Ich weiß, dass | |
ich in den Bergen besser werden muss. Und daran werde ich im Winter | |
arbeiten“, bilanzierte er nach Platz 2 bei der Lombardeirundfahrt und Platz | |
3 bei der Tour – jeweils deutlich hinter dem Slowenen. | |
Für Pogačar bleiben nach seinem fantastischen Jahr mit dem Triple aus Giro, | |
Tour und WM, zwei Monumentensiegen und insgesamt 25 Erfolgen bei 58 | |
Renntagen nur noch wenige Stimuli wie etwa Siege bei Mailand – Sanremo, | |
Paris – Roubaix und die Vuelta. Solange er weiter Lust auf Radsport hat, | |
ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Lücken schließen. Eine | |
andere Frage ist, wie lange die Rekorde halten und ob nicht doch einmal | |
eine Dopingkontrolle einen ganz anderen Erklärungsansatz für die Dominanz | |
erbringt. | |
14 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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