# taz.de -- Pogačar gewinnt Tour de France: Viel Sieg, viel Feind, viel Ehr | |
> Tadej Pogačar gewinnt die diesjährige Tour de France und bricht dabei | |
> einige Rekorde. Der Slowene zeigte sich dominant und unerbittlich. | |
Bild: Der momentane Prinz des Straßenradsports: Tadej Pogačar | |
Nizza taz | Historie ist geschrieben, das Double ist vollbracht. 26 Jahre | |
nach Marco Pantani gelang [1][Tadej Pogačar erneut eine der größten | |
Leistungen, die im Straßenradsport denkbar sind]. Nach dem Giro d’Italia | |
gewann er im gleichen Jahr die Tour de France. Beeindruckend war, wie er | |
dies vollzog. Beide Male präsentierte er sich als absoluter Dominator. Den | |
Gesamtsiegen bei beiden Rundfahrten fügte er noch jeweils sechs | |
Etappensiege hinzu. | |
Dabei gewann er auf jedem Gelände und bei jedem Profil, seien es kleine | |
Berge, große Schotterstrecken oder glatter Asphalt, der im Zeitfahren | |
bezwungen werden muss. Nein, nicht bezwungen, überflogen. Denn der Slowene | |
erwies sich als wahrer Überflieger seines Sports. „Es gibt kein | |
Etappenprofil und keinen Untergrund, auf dem Tadej besonders bevorzugt ist. | |
Er ist einfach gut auf allem. Er ist der Beste der Welt“, frohlockte Matxin | |
Fernandez, Sportdirektor beim siegreichen Rennstall UAE Emirates, | |
gegenüber der taz. | |
Vor allem in den Bergen herrschte er. Sechs neue Kletterrekorde stellte er | |
auf, entthronte dabei vergangene Größen des Sports wie Marco Pantani und | |
Miguel Indurain. Auch der große Eddy Merckx hat einen Rekord weniger. | |
Keinen Kletter-, nur einen Statistikrekord. 37 Tage lang trug der Belgier | |
bei seinem Double-Unternehmen 1970 das rosa Trikot des Giro und das gelbe | |
Leibchen der Tour. Pogačar brachte es auf 39 Tage, auch das: eine Zahl für | |
die Ewigkeit. | |
Der erst 25-Jährige war derart dominant, dass Mark Cavendish, | |
frischgebackener Rekordhalter mit 35 Tagessiegen bei der Tour, halb | |
fröhlich, aber auch halb besorgt nachfragte: „Tadej, hast du schon meinen | |
Rekord im Blick?“ Pogačar lachte und betonte auf der | |
Abschlusspressekonferenz: „Vielleicht in 30 Jahren, wenn ich mich | |
zurücklehne und in den Annalen blättere. Jetzt will ich aber vor allem | |
gewinnen.“ | |
## 52 Renntage, 21 Siege | |
Im Gewinnen hat er tatsächlich Übung; 21 Siege, inklusive der beiden | |
Gesamtsiege bei Giro und Tour hat er in diesem Jahr bei nur 52 Renntagen | |
erzielt. In einem Sport, in dem es jeden Tag, bei jedem Rennen mehr als 100 | |
Verlierer gibt, ist das enorm. | |
Neu ist die Unerbittlichkeit des Slowenen. Vor allem in der dritten Woche | |
zeigte er diebische Freude darin, seinen Hauptrivalen vom Rennstall | |
Visma-Lease a Bike Etappensiege zu verwehren. Auf der 19. Etappe holte er | |
den per Fluchtgruppe enteilten Helfer von Jonas Vingegaard, den danach | |
enttäuschten US-Amerikaner Matteo Jorgenson, ein. Am Folgetag sprintete er | |
Vingegaard selbst nieder. | |
„Ich hatte gehofft, Tadej würde mir den Etappensieg überlassen“, meinte d… | |
Däne geknickt. Um das Demütigungstriple vollzumachen, holte er noch einen | |
überlegenen Sieg im Zeitfahren. Wieder war Vingegaard der erste | |
Geschlagene. Auch Remco Evenepoel, Weltmeister in der Disziplin und Sieger | |
des ersten Tourzeitfahrens, musste erkennen: Selbst seine Bäume wachsen | |
nicht in den Himmel, wenn ein Pogačar an der Startlinie steht. | |
Auf die Frage, wie er es mit den [2][pharmazeutischen Hilfen] hielt, | |
äußerte der Übersieger dieser Saison zunächst Verständnis. Für die Zweifel | |
und das Misstrauen, was er angesichts der langen Betrugsgeschichte für | |
vollkommen gerechtfertigt hielt. Dann aber drehte er den Diskurs auf | |
Dominatorenmodus: „Wer keine Leute hat, die einen hassen, der hat auch | |
keinen Erfolg.“ | |
## Vom Prinz zum Herrscher? | |
Von jedermanns Liebling, der gemocht wurde, weil er den Radsport so | |
leidenschaftlich offensiv interpretiert, niemals zaudert oder zögert, | |
sondern ein großes Spektakel liefert, wurde er zu einem, dem es gefällt, | |
wenn ihm nicht Zuneigung, sondern Ablehnung entgegengebracht wird. „Viel | |
Feind, viel Ehr“, sagte vor etwa 500 Jahren Landsknechtführer Georg von | |
Frundsberg. Pogačar, vor Kurzem noch der zauberhafte Prinz des | |
Straßenradsports, hat sich zum Erwachsenwerden einen harten Weg gewählt: | |
Herrscher sein. | |
Man kann nur wünschen, dass ihm jemand wieder die Grenzen aufzeigt. „Wir | |
werden uns etwas einfallen lassen, um Pogačar im nächsten Jahr zu | |
bezwingen“, nahm zumindest Grischa Niermann, sportlicher Leiter von | |
Visma-Lease a Bike, die Herausforderung an. | |
22 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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