Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sechs Strategien gegen Rechts: Von Israel lernen
> Die israelische Linke hat viel Erfahrung mit dem Kampf gegen rechte
> Parteien. Davon könnte sich die deutsche Linke das eine oder andere
> abschauen.
Bild: Protest gegen die AfD in Berlin
Die Rechte in Deutschland ist auf dem Vormarsch. Ob die Ampelregierung ihre
Amtszeit beendet oder nicht – eine Koalition aus CDU und Sahra Wagenknecht
ist eine sehr realistische Prognose. Auch der Albtraum einer AfD als
Regierungspartei scheint nicht mehr nur Dystopie zu sein.
Noch vor wenigen Jahren schien Deutschland eine Art liberale Festung im
Herzen Europas zu sein, die den rasanten Aufstieg der populistischen
Rechten erfolgreich abwehren konnte. Inzwischen scheint es, als könnten die
Verteidiger der Demokratie ihre Schlacht verlieren.
In Israel ist die Festung schon lange gefallen. Vor einem Jahr sah es so
aus, als würde der Krieg zum Zusammenbruch der rechtsgerichteten Regierung
führen. Sie zeigt aber erstaunliche Widerstandskraft, und ihre Basis
scheint nicht wesentlich geschwächt zu sein. Die Atmosphäre des
Zusammenhaltens und der Patriotismus, der infolge des Krieges noch zunahm,
hat die Regierung sogar gestärkt. Dabei arbeitet die israelische Linke
weiter unermüdlich daran, sie zu stürzen.
Davon ausgehend, dass die deutsche Linke ihren Kampf gegen die [1][rechten
Regierungsparteien] intensivieren wird, um ein liberales und humanistisches
Deutschland zu erhalten – hier ein paar Tipps aufgrund der bitteren
Erfahrung der israelischen Linken:
1) [2][Proteste helfen nicht wirklich]. Natürlich ist den Rechten die
Meinung der Öffentlichkeit nicht gleichgültig, aber sie verfügen über eine
effiziente Giftmaschinerie (die in den sozialen Netzwerken auf Hochtouren
läuft) und stellen die Demonstranten als Verräter dar. Es ist genau diese
Rhetorik, die es der Rechten ermöglicht, den liberalen Diskurs zu zerstören
und einen nationalistischen Diskurs zu etablieren.
2) Es ist sehr wichtig, freie und kritische Medien zu erhalten, auch wenn
die Wirkung von Artikeln wie diesem begrenzt bleibt, da die meisten
rechtsextremen Wähler und auch die Mehrheit der jüngeren Generation
hauptsächlich Medien konsumieren, mit denen sie sich ohnehin
identifizieren. Deshalb ist der Kampf über die sozialen Netzwerke
wichtiger. Auch und vor allem, weil die Rechten gerade hier in der Regel
vorn liegen. Schließlich handelt es sich um eine Bühne, auf der Werte wie
Objektivität oder Wahrheit nicht allzu viel gelten.
3) Die [3][„Gatekeeper“] (Gerichte, Generalstaatsanwaltschaft usw.) sind
von großer Bedeutung, und es müssen alle Maßnahmen ergriffen werden, um sie
zu stärken und ihre Position auf jede erdenkliche Weise zu festigen. Die
rechtsgerichtete Regierung wird alles daran setzen, sie zu ersetzen und zu
schwächen.
4) Das Bildungssystem und die Hochschulen sind ebenfalls von entscheidender
Bedeutung. In Israel ist das Bildungssystem recht konformistisch, und den
Hochschulen gelingt es nicht immer, dem Druck standzuhalten, der von der
Regierung oder „von unten“, nämlich von den Studenten, ausgeübt wird. Es
muss alles daran gesetzt werden, um Situationen wie an der Universität Wien
in den 1930er Jahren zu vermeiden. Damals warfen Studenten jüdische
Professoren und Regimegegner aus den Fenstern der Universitäten.
5) In dem Maße, in dem die Grenzen des Gesetzes ausgeweitet werden können,
können Bürgeraufstände und ziviler Ungehorsam wirksam sein, insbesondere
wenn es um die Wirtschaft geht. Die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften kann
ein Vorteil sein, aber es ist zu erwarten, dass eine rechtsgerichtete
Regierung von Anfang an versuchen wird, sie zu schwächen.
6) In Israel gab es bereits Stimmen, die eine offene Rebellion
vorgeschlagen haben. Andere argumentierten: „Die sind in Sachen Gewalt
besser als wir.“
29 Sep 2024
## LINKS
[1] /Wahlen-in-Ostdeutschland/!6008715
[2] /Demos-gegen-rechts/!5989822
[3] /Forderung-nach-AfD-Verbot/!6039276
## AUTOREN
Hagai Dagan
## TAGS
Kolumne Fernsicht
Israel
Schwerpunkt AfD
Anti-AfD-Proteste
GNS
Realos
Gaza-Krieg
Kolumne Fernsicht
Kolumne Fernsicht
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pessimistische Sätze: Radikal einen Mittelweg suchen
Radikal daherreden kann jeder, zynisch sein kann Söder, heulen und
davonrennen die FDP. Das reicht aber nicht.
Gaza-Krieg und Weltkindertag: Auch Israelis unter den Opfern
Kinder sind die unschuldigen Opfer jedes bewaffneten Konflikts. Doch das
schützt sie nicht davor, instrumentalisiert zu werden – wie derzeit in
Gaza.
Krieg und Angst: Bunker bieten auch kaum Sicherheit
Die Kriege in der Ukraine wie auch im Nahen Osten sind Gold für das
Geschäft der Bunkerbauer. Und sie sorgen wenigstens für ein Gefühl von
Sicherheit.
EU-Wahl und Israel: Techtelmechtel der Rechtsparteien
Auf den ersten Blick erscheint das Bündnis europäischer Rechter mit Israels
Rechtsradikalen paradox. Man trifft sich indes schon beim Fremdenhass.
Nahost-Konflikt und Antisemitismus: Falsche Richtung
Bisweilen entlädt sich der Zorn von in Deutschland lebenden Palästinensern
willkürlich gegen Leute, die Hebräisch reden. Das ist komplett daneben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.