| # taz.de -- Das Problem mit Plastikmüll: Was lässt sich gut recyceln? | |
| > Exxon Mobil wird verklagt, weil die Firma lange fälschlicherweise | |
| > behauptet hat, man könne alles Plastik recyclen. Was heißt das für den | |
| > Klimaschutz? | |
| Bild: Plastikmüll in gelben Säcken: das Recycling funktioniert auch in Deutsc… | |
| Was für eine Nachricht: [1][Der Ölgigant Exxon Mobil wird angeklagt – vom | |
| Staat Kalifornien]. Noch ist nicht klar, um wie viele Milliarden es gehen | |
| soll, aber der Streitwert dürfte gigantisch sein. Denn Exxon wird | |
| vorgeworfen, „ein halbes Jahrhundert“ gelogen zu haben. Wider besseres | |
| Wissen habe der Konzern seit den 1970er Jahren behauptet, dass sich alles | |
| Plastik recyceln lasse. Stattdessen wurde es meist verbrannt oder aber | |
| [2][in Flüsse und Ozeane] geschwemmt. | |
| Es klingt wie späte Gerechtigkeit, wenn endlich einmal ein Ölgigant zur | |
| Rechenschaft gezogen wird. Aber der Fall Exxon ist weit mehr als nur ein | |
| Disput zwischen Staat und Multi. Denn die kalifornische Staatsanwaltschaft | |
| hat zwei Jahre lang wissenschaftlich recherchiert, bevor sie nun ihre | |
| Anklage in San Francisco eingereicht hat. | |
| Diese Akribie dürfte für die gesamte Chemiebranche unangenehm werden, weil | |
| sich zeigte, dass selbst das modernste Recycling nicht gut funktioniert. | |
| Auf dieses „chemische Recycling“ setzt aber auch die deutsche | |
| Chemieindustrie, um irgendwie klimaneutral zu werden. Denn bisher landen | |
| auch in Deutschland die meisten Kunststoffe in der Müllverbrennungsanlage, | |
| wo sie zwar Wärme und Strom erzeugen – aber auch ganz viel CO2. | |
| Doch von vorn: Exxon Mobil ist der weltgrößte Hersteller von Polymeren, aus | |
| denen dann Plastik entsteht. Auf seinen Produkten hat Exxon immer munter | |
| das universale Recyclingsymbol angebracht, obwohl bisher nur etwa fünf | |
| Prozent der Kunststoffe wiederverwendet werden. Zudem hat Exxon behauptet, | |
| es würde „fortschrittliches“ Recycling nutzen. Dahinter verbirgt sich die | |
| sogenannte Pyrolyse, die die Polymere in kleine chemische Einheiten | |
| aufbricht, sodass diese wieder zu neuen Kunststoffen zusammengesetzt werden | |
| können. | |
| Pyrolyse klingt wie der perfekte Kreislauf, benötigt jedoch enorme Mengen | |
| an Energie. Es war daher immer ein Rätsel, wie Exxon eigentlich | |
| wirtschaftlich arbeiten will, wenn der Konzern gleichzeitig auf chemisches | |
| Recycling setzt. Die Lösung hat jetzt die kalifornische Staatsanwaltschaft | |
| geliefert: Exxon betreibt fast gar keine Pyrolyse – sondern redet nur | |
| davon. | |
| ## Klimaschutz und Chemieindustrie gehen nicht zusammen | |
| Die Klage gegen Exxon ist richtig, Lügen müssen bestraft werden. Trotzdem | |
| wäre Häme falsch. Denn Exxon hat nicht nur geschummelt, um billig große | |
| Gewinne einzufahren. Der Konzern war auch ratlos, wie er ehrlich | |
| Klimaschutz betreiben soll, weil das umfassende Recycling von Kunststoffen | |
| technisch an Grenzen stößt und ökonomisch nicht rentabel sein kann. | |
| Die Konsequenz ist eindeutig: Klimaschutz wird nur funktionieren, wenn wir | |
| uns von großen Teilen der Chemieindustrie verabschieden. Für Deutschland | |
| ist das keine frohe Botschaft, denn hierzulande arbeiten etwa 480.000 | |
| Menschen in der Chemie- und Pharmabranche. Standorte wie Ludwigshafen oder | |
| Leverkusen lassen grüßen. | |
| Immerhin: Die Klage gegen Exxon könnte dazu führen, dass mehr Ehrlichkeit | |
| in die Debatte kommt – auch in Deutschland. Schließlich klebt auch hier auf | |
| jedem Kunststoff das Recycling-Symbol und [3][stehen überall gelbe Tonnen, | |
| deren Inhalt allzu oft auf dem Weg in die Müllverbrennung ist]. | |
| Wiederverwertung ist schwierig, aber es gibt eine Ausnahme: diese Kolumne. | |
| Sie muss leider eine längere Pause machen, weil bei mir andere Projekte | |
| drängen und nicht mehr ignoriert werden können. Aber „Cash & Crash“ ist e… | |
| so schöner Titel, dass er bestimmt recycelt wird. Nur der Zeitpunkt ist | |
| noch offen. | |
| 28 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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