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# taz.de -- taz Talk mit Susan Arndt: „Wer AfD wählt, ist ein Nazi“
> Die Literaturwissenschaftlerin Susan Arndt ist in Magdeburg aufgewachsen.
> Sie erklärt, warum die AfD kein spezifisch ostdeutsches Problem ist.
Bild: Susan Arndt im Gespräch mit taz-Redakteur Jan Feddersen
Im Rahmen der [1][taz Panter Foren zu den Ostwahlen 2024] war die
non-binäre Literaturwissenschaftlerin Susan Arndt zu Gast im taz Talk.
Gegenstand des Gesprächs: Arndts Intervention mit dem Titel „[2][Ich bin
ostdeutsch und gegen die AfD]“.
„Was ist ostdeutsch?“ Lautete die Eingangsfrage an die
Literaturwissenschaftlerin Susan Arndt. Ostdeutsch sei eine Position
gegenüber der als Norm begriffenen Angehörigkeit zur Bundesrepublik. Gegen
diese Norm konstituiere sich das Ostdeutsch-sein für Arndt als „Hassliebe“.
Der Osten habe sich 1989 von Bundeskanzler Helmut Kohl und der CDU
einlullen lassen. „Keine Experimente mehr“ sei die Devise, das Leben wie in
Westdeutschland das Versprechen gewesen. Das führte zur Ablehnung der Idee
[3][einer verfassungsgebenden Versammlung].
## Verzwergung und ‚Leitkultur‘
In der Folge seien Ostdeutsche vom Westen verzwergt worden und konnten
nicht zu den eigenen Biografien stehen. Das Unwohlsein und der
Rechtfertigungsdruck (dem sogenannten Westen gegenüber) erzeugte unter die
ostdeutsche Identität als ‚Andere, so Arndt‘. Heikel sei zudem der Begriff
der Integration von Ostdeutschen. Hier setze auch die AfD an, sie erzähle
den Topos der ‚anderen Ostdeutschen‘ weiter und konstruiere gegen
Minderheiten den Begriff einer rassistischen ‚Leitkultur‘.
Arndt sagte, dass die AfD aus der Tradition des völkischen Rassismus
spreche und sei deshalb kein spezifisch ostdeutsches Phänomen, sondern ein
gesamtdeutsches. Die ‚bürgerliche Mitte‘ nutze den Fingerzeig auf
Ostdeutschland, um sich zu entlasten. An genau jene Vertreter*innen der
Zentristen richte Arndt ihre Intervention.
Sie bemängelt das „solidarisierende Moment“, man müsste zugeben, in einer
diversen Gesellschaft mit vielfältigen Diskriminierungsstrukturen zu leben.
„Diskriminierung geschieht tagtäglich, weil dahinter ein System steckt.“
## Probleme der DDR-Sozialisation
„Ich bin sehr opportunistisch sozialisiert worden“, sagt Arndt über ihr
Aufwachsen in der DDR. Beim Schreiben ihres Buches, das ihr Verlag exakt
als ostidentitär gesinntes Buch wollte, beschäftigte sie die
Distanzgewinnung zu ihrer Kindheit und Jugend in der Diktatur. Jedoch
konnte sie, anders als ältere Ostdeutsche, 1989 noch einmal neu anfangen.
So oder so wirke die DDR-Sozialisation noch nach, konstatierte die
Literaturwissenschaftlerin, die an der Universität Bayreuth Professorin
ist: „Es macht etwas mit dir, wenn du in einer Diktatur sozialisiert wirst.
Wo Angst und Lügen zum Alltag gehören.“ Jede Art von Zivilgesellschaft, der
offenen Meinungsäußerung sei durch die Diktatur-Erfahrung abtrainiert
worden, so Arndt. „Die Sachen, die wir als Kinder hören, müssen wir
wirklich verlernen. Das ist Arbeit. Das sind unsere unterschiedlichen
Startpositionen 1989.“
Angesprochen auf die in Ostdeutschland erhöhte Popularität der
rechtspopulistischen AfD sagte die Philologin, dass die etwa 30 Prozent der
AfD-Wähler*innen in Ostdeutschland auch für den Rassismus der AfD stünden.
Was diese Wähler*innen wollen, sei der völkische Rassismus, nichts
weiter.
## Kein Protest oder Rebellentum
Infolgedessen seien die Handlungen und Lügen der AfD-Politiker*innen egal.
„Wer AfD wählt, ist ein Nazi. Das ist kein Protest oder Rebellentum.“ Die
Strategie der Brandmauer müsse im Alltäglichen als Widerstand gegen das
Völkische gestaltet werden. Jedes Mal, wenn man etwas Rassistisches oder
Sexistisches höre, gelte es zu intervenieren.
Der Ausfall der Zivilgesellschaft bei rechtsextremen Entgrenzungen mache
ihr besonders Angst, so Arndt. Jan Feddersen, Moderator des Abends, schlug
Arndt ein weiteres Gespräch vor: Darüber, ob die AfD nicht auch die
gehobenen gesellschaftlichen Positionen der Grünen ausnutze, um gegen deren
Positionen leicht hetzen zu können.
Der taz Talk entstand in enger Zusammenarbeit mit den [4][taz Panter
Foren], unseren politischen Podiumsdiskussionen anlässlich der
Landtagswahlen 2024 im Osten. Ziel der Veranstaltungsreihe ist die
Vernetzung von Menschen und Initiativen und die Bündelung und Stärkung
demokratischer Kräfte.
5 Sep 2024
## LINKS
[1] /taz-Panter-Foren-2024/!v=9e1836c2-3dd0-4ec0-9baf-042b9649113d/
[2] https://www.chbeck.de/arndt-ostdeutsch-gegen-afd/product/36511803
[3] https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/546089/verpasste-chancen-die-ge…
[4] /taz-Panter-Foren-2024/!v=9e1836c2-3dd0-4ec0-9baf-042b9649113d/
## AUTOREN
Simon Bozic
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