# taz.de -- Union-Absage an Schwarz-Grün: „Ein bisschen Neunziger“ | |
> Minister Habeck kommentiert die vorläufige Absage von CDU-Chef Merz | |
> gelassen. Andere Grüne wollen eher in die Opposition, als mit ihm | |
> regieren. | |
Bild: Robert Habeck bei einer Veranstatlung in Osnabrück „Bürgerdialog der … | |
Osnabrück/Steinfurt taz | Am Mittwochabend blickt Robert Habeck auf den | |
Bundestagswahlkampf. Der Vizekanzler sitzt in Osnabrück in einer Fragerunde | |
mit Bürger*innen, die Regionalzeitung NOZ hat zur Veranstaltung eingeladen, | |
und er spricht über die Frage, die seiner Ansicht nach im nächsten Jahr | |
entscheidend ist: „Will das Land genügend Kraft aufbringen, dass Probleme | |
gelöst werden? Oder brüllen wir uns nur gegenseitig nieder?“ | |
Auf welcher Seite sich der designierte Kanzlerkandidat sieht, das ist klar: | |
Die Grünen seien eine „Problemlöserpartei“. Wenn man dieser Perspektive | |
folgt, stellt sich aber spätestens nach der Wahl noch eine große Frage: Mit | |
wem will er die Probleme dann denn noch lösen? Noch mal eine Ampel will | |
keiner. Null Prozent der Befragten nannten sie im „ZDF-Politbarometer“ als | |
bevorzugte Konstellation, und eine Mehrheit bekommen SPD, Grüne und FDP | |
wohl eh nicht. Realistisch sind nach derzeitigen Umfragen zwei | |
Alternativen: Die Union gewinnt die Wahl und kann sich aussuchen, ob sie | |
mit SPD oder Grünen regiert. | |
Diese Woche hat erneut gezeigt, wohin die Präferenz bei CDU und CSU geht. | |
[1][Markus Söder schloss Schwarz-Grün mal wieder aus]. „Die CSU wird das | |
verhindern“, sagte er. Vor allem aber: Auch laut Friedrich Merz, [2][gerade | |
als Kanzlerkandidat ausgerufen], geht so eine Koalition „aus heutiger | |
Sicht“ nicht. Zwar war auch Merz noch nie ein Grünen-Freund und mit seiner | |
Formulierung lässt er sich zumindest eine Hintertür offen. Aber | |
zwischenzeitlich hatte er sich für Schwarz-Grün schon offener gezeigt. | |
Robert Habeck gibt sich gelassen, als er Donnerstag am Rande eines | |
Unternehmensbesuchs in Nordrhein-Westfalen darauf angesprochen wird. „Habe | |
ich zur Kenntnis genommen. Scheint mir ein bisschen Neunziger zu sein“, | |
sagt er. „Ich jedenfalls buhle nicht um irgendwelche Zuneigungen von der | |
Union.“ | |
## Unentschieden und unbeliebt | |
Für die Gelassenheit gibt es einerseits Gründe. Weiterhin gibt es aus der | |
Union ja auch andere Signale. Die Ministerpräsidenten von | |
Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst und Daniel | |
Günther, regieren erfolgreich mit Grünen. In dieser Woche trafen sie sich | |
zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung. „Wir zeigen, dass Schwarz-Grün gut | |
zusammenarbeiten kann“, sagte Günther. Aktuell sind sie damit nicht | |
tonangebend in der Union. Was bis zur Bundestagswahl passiert, ist aber | |
unvorhersehbar. | |
Andererseits spricht zumindest im Moment auch die öffentliche Meinung gegen | |
Schwarz-Grün. [3][In einer Allensbach-Umfrage, über die am Donnerstag die | |
FAZ berichtete,] sprechen sich nur 12 Prozent der Befragten für eine solche | |
Koalition aus. Unbeliebter sind nur Ampel, Jamaika und Konstellationen mit | |
dem BSW. Am populärsten wäre mit 29 Prozent Schwarz-Rot. | |
Stimmungen können sich natürlich wieder drehen. Von allein passiert das | |
aber selten. Woraus sich eine zusätzliche Wahlkampfaufgabe für die Grünen | |
ergibt: die Menschen an die letzte Große Koalition und deren Resultate zu | |
erinnern. Beziehungsweise: eine veränderungsmüde Gesellschaft davon | |
überzeugen, dass ein Bündnis aus zwei strukturkonservativen Parteien auch | |
nicht das Wahre ist. Der Habeck-Sprech von der „Problemlöserpartei“ kommt | |
nicht von ungefähr. | |
Am Ende könnte es für Schwarz-Grün aber noch ein anderes Hindernis geben. | |
So satt die Partei 2021 ihre Oppositionsrolle hatte – mittlerweile gibt es | |
Grüne, die nicht um jeden Preis noch mal regieren wollen. Lieber Opposition | |
als Merz: Nach all den Kompromissen der letzten Jahre könne das eine Chance | |
sein, heißt es bei manchen – um wieder zu sich zu finden, sich mit den | |
eigenen Themen zu profilieren und den Diskurs stärker mitzubestimmen. So, | |
wie es die Union aktuell ja auch schaffe. Und wie es den Grünen vor der | |
Ampel ebenfalls kurz gelang. | |
19 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Markus-Soeder-und-die-K-Frage/!6034316 | |
[2] /Friedrich-Merz-und-Markus-Soeder/!6034235 | |
[3] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/allensbach-umfrage-die-waehler-s… | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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