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# taz.de -- Wegen Anlegeverbot für Rettungsschiffe: Matteo Salvini soll in den…
> Wochenlang blockierte der frühere Innenminister Rettungsschiffe. Jetzt
> fordert die Staatsanwaltschaft Palermo sechs Jahre Haft für Salvini.
Bild: Geflüchtete im Mittelmeer 2019: Die NGO Open Arms kann nach einer Blocka…
Berlin taz | Sechs Jahre Haft für dutzendfache Freiheitsberaubung. Dies ist
die Strafe, die die Staatsanwaltschaft Palermo am [1][Samstag im Prozess
gegen Matteo Salvini], den Chef der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen
Lega und früheren Innenminister Italiens, forderte. Salvini ist angeklagt,
weil er im August 2019 als Chef des Innenressorts dem Schiff der
Nichtregierungsorganisation Open Arms, auf dem sich 147 Geflüchtete
befanden, die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa verweigerte und sie so zu
tagelangem Ausharren an Bord zwang.
Für den Lega-Chef war dieser Akt pure Routine. Seine Partei hatte im Juni
2018 mit der Fünf-Sterne-Bewegung eine Regierung unter Ministerpräsident
Giuseppe Conte gebildet, nachdem die Fünf Sterne mit knapp 33 Prozent und
die Lega mit 17 Prozent die vorherigen Parlamentswahlen gewonnen hatten.
Salvini wiederum hatte sich dort das Innenressort gesichert, das er als
ideale Position sah, um seine rabiate Abweisungspolitik gegen
Migrant*innen voranzutreiben. Vom ersten Tag an setzte er seinen schon
im Wahlkampf verkündeten Kurs der „geschlossenen Häfen“ in die Tat um,
verweigerte immer wieder Schiffen mit Hunderten Geflüchteten an Bord sogar
wochenlang die Einfahrt in italienische Häfen.
Für den Innenminister zahlte sich die als „Verteidigung der Sicherheit
Italiens“ verkaufte Politik aus. Bei den Europawahlen im Mai 2019 schnellte
die Lega auf 34 Prozent hoch, während ihr Koalitionspartner, die
Fünf-Sterne-Bewegung, auf 17 Prozent abrutschte. Aus dieser Umkehrung des
Kräfteverhältnisses zwischen den beiden Regierungsparteien zog Salvini den
Schluss, er müsse das Bündnis platzen lassen, um dann nach von ihm
erhofften zügigen Neuwahlen zum starken Mann Italiens aufzusteigen und – so
seine eigenen Worte – mit „pieni poteri“, mit der „vollen Macht“,
durchregieren zu können.
## Politik auf dem Rücken leidender Menschen gemacht
Schon im August 2019 schritt er zur Tat und ließ die Regierung platzen,
doch bis zuletzt machte er weiter mit den „geschlossenen Häfen“. Deshalb
traf es am 14. August die „Open Arms“, auch wenn Italien nach
internationalem Recht verpflichtet gewesen wäre, dem Schiff einen sicheren
Hafen zuzuweisen. Doch daran dachte Salvini gar nicht. Erst die
italienische Justiz erzwang mit einer Entscheidung vom 20. August 2019 das
Einlaufen der „Open Arms“ in den Hafen von Lampedusa. Völlig rechtswidrig
sei sein Vorgehen gewesen, musste sich der Lega-Chef am Samstag im Plädoyer
der Ankläger vorrechnen lassen.
Es stehe gar nicht zur Diskussion, führte einer der Staatsanwälte aus, dass
„zwischen den Menschenrechten und dem Schutz der staatlichen Souveränität
die Menschenrechte in unserer Gott sei dank demokratischen Rechtsordnung
den Vorrang haben müssen“. Ja mehr noch, auf hoher See gebe es ein
generelles Rettungsgebot, das sogar für Schleuser oder Terroristen in
Seenot gelte. Salvini habe schlicht „Politik auf dem Rücken leidender
Menschen“ gemacht.
Ganz anders sieht das der Angeklagte selbst, aber [2][auch
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.] Sie findet es „unglaublich“, dass „…
Minister sechs Jahre Haft riskiert, weil er mit der Verteidigung der
Grenzen der Nation seine Arbeit getan hat“, schrieb sie auf X. Diese Sicht
dürfte am 18. Oktober auch Salvinis Verteidigerin ausbreiten, wenn sie ihr
Plädoyer hält. Wenige Wochen später soll das Urteil fallen. Doch einen
Strafantritt muss der Lega-Chef nicht befürchten. Bei einer Verurteilung
wird er in Berufung gehen und dann in dritter Instanz vor das
Kassationsgericht ziehen. Wie in Italien üblich, [3][ist mit einem
definitiven Urteil erst in Jahren zu rechnen.] Bis dahin wird Salvini sich
als Märtyrer der „politisierten Justiz“ in Szene setzen.
15 Sep 2024
## LINKS
[1] /Matteo-Salvini-droht-Haftstrafe/!5806599
[2] /Italiens-erste-Regierungschefin/!5980075
[3] /Prozess-gegen-Italiens-Ex-Innenminister-Matteo-Salvini/!5766893
## AUTOREN
Michael Braun
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