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# taz.de -- Neuer Osnabrücker Bischof: Wer hat, dem wird gegeben
> Nicht nur in Osnabrück ist bei der Amtseinführung von Bischöfen Geld kein
> Thema. Warum auch – solange der Staat nur schön weiter fleißig zahlt.
Bild: Osnabrück, 8. September: Dominicus Meier hält den Bischofsstab
Ob Sie glauben oder nicht – Sie müssen dafür zahlen. Fürs Spitzenpersonal
der Christenkirchen kommt der Staat auf, mit ganz normalen
Haushaltsmitteln, also aus der Einkommensteuer, die von Ihnen stammt, von
wem denn sonst.
Insofern ist es ein Thema von allgemeinem Interesse. Und folglich ist
gerechtfertigt, dass Rundfunk und Regionalzeitungen ausführlich über die
Amtseinführung des neuen Osnabrücker Bischofs Dominicus Meier vergangenen
Sonntag [1][berichtet haben]. Ausführlich, wenn auch leider auf jene
seifige Art, die es sonst nur bei Adelshochzeits-Übertragungen gibt und die
das Thema Finanzen strikt vermeidet.
Sonst aber wurde genau hingeschaut! „Während des Gottesdienstes“, hat die
Kreiszeitung Syke bezüglich [2][Bischof Meier I. festgestellt], „wirkte er
gelöst und lächelte mehrmals“. Na, er hatte ja auch allen Grund! Die
katholischen Bistümer Niedersachsens gruppieren ihre Oberhirten in
Besoldungsstufe B7 (Land) ein.
## Möbliertes Dienstpalais
Das bedeutet für den ehemaligen Paderborner Weihbischof – in NRW mutmaßlich
mit A16 besoldet – einen ordentlichen Gehaltssprung auf die alten Tage. Der
65-jährige Dominicus bekommt jetzt 10.841,64 Euro monatlich überwiesen,
keine Kinderzuschläge, dafür aber ein möbliertes Dienstpalais mitten in der
City. Ist echt hübsch!
Diese Besoldung erwirtschaften Bistümer aber nicht selbst. Sie verteilen
nur, was die jeweiligen Bundesländer ihnen als Dotation überweisen. Bayern
hat deren Gehälter [3][in einem eigenen Gesetz festgeschrieben], das
wenigstens für Transparenz sorgt.
Die anderen Länder verunklaren die Spur und setzen wie Niedersachsen
traditionell einen Pauschalbetrag pro Konfession fest. Den teilen sich die
Bistümer dann untereinander. Pro Kopf fällt mit 18,95 Euro am meisten in
Sachsen-Anhalt an, am wenigsten in Hamburg mit 60 Cent, trotz
Erzbischofsstuhl, also die de luxe-Ausgabe. Diese Hamburger. Die wissen
echt, wie man’s macht.
Nichts zu tun hat der Betrag mit der Kirchensteuer. Er steht auch in keinem
direkten Zusammenhang mit der Seelenzahl, für die in der Diözese zu beten
wäre. Und schon gar nicht ins Gewicht fällt die Nachfrage nach den
Dienstleistungen und Produkten des Kults, im vorliegenden Fall
römisch-katholisch.
## Staatsleistungen steigen
Im [4][Jahr 2017 – neuere Zahlen fehlen – nahmen in Osnabrück das
Messfeier-Angebot nur 10,8 Prozent der damals noch 560.000 Mitglieder in
Anspruch.] Von denen waren 2023 nur noch 507.858 übrig. Trotzdem steigen
die Staatsleistungen: Im niedersächsischen Haushaltsplanentwurf für 2025
stehen für die Katholiken rund 11,436 Millionen Euro, zehn Jahre zuvor
waren es noch 8,756. [5][Macht ein Plus von 30,6 Prozent].
Anlass für die Zahlungen sind – lange her – die napoleonischen Enteignungen
der Kirchen von 1803. Schuld daran aber sind frömmelnde Landesfürsten, die
zu Beginn der Restauration den Kirchen die Ausgleichszahlungen regelrecht
aufgedrängt haben. Napoleon hingegen hatte sich für Frankreich 1801
[6][staatskirchenvertraglich zusichern lassen, dass aus den
Beschlagnahmungen kirchlicher Güter eben nie jemals irgendwelche
Forderungen erwachsen]. Un point, c’est tout.
In Osnabrück hat man lieber ein Waterloo-Tor errichtet, um den Endsieg über
die säkulare Tyrannei zu feiern, und das Land beteiligt sich am großen
Zahlen. Das ist zwar seit 1919 mit dem Verfassungsauftrag verbunden, ihm
ein Ende zu bereiten.
Und ausgerechnet unsere süße kleine Ampelregierung hat sich, anscheinend
als erste überhaupt, [7][dieser Aufgabe auch angenommen]. Im Herbst soll
ein Gesetzentwurf dafür vorliegen. Aber dann kommen wieder die
Länderpotentaten zu Wort. Und bezüglich dieser Staatsleistungen hat gerade
erst Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (katholisch) bei der
Vereidigung von Bischof Dominicus vor einer „vorschnellen Ablösung“
[8][gewarnt].
Und es stimmt ja, die Geschwindigkeit ist atemberaubend. Schließlich sind
200 Jahre nur ein Nu, wenn der Zeithorizont die Ewigkeit ist.
12 Sep 2024
## LINKS
[1] /Amtseinfuehrung-des-Osnabruecker-Bischofs/!6032613
[2] https://www.kreiszeitung.de/lokales/niedersachsen/bischof-dominicus-ruft-zu…
[3] https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BAY_2220_3_UK-1
[4] https://fowid.de/meldung/kirchliches-leben-bistum-osnabrueck-1960-2017
[5] https://www.mf.niedersachsen.de/startseite/themen/haushalt/haushaltsrecht_i…
[6] https://www.napoleon.org/histoire-des-2-empires/articles/le-concordat-de-18…
[7] https://www.staatsleistungen.de/
[8] https://www.kirche-und-leben.de/artikel/staatsleistungen-kirche-ministerpra…
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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