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# taz.de -- Aktivistin vor Landtagswahl in Thüringen: „Nicht alle jubeln Hö…
> Gemeinschaft schützt vor Extremismus. Lina Herzog vom Thüringer Bündnis
> „Dorfliebe für alle“ weiß, wie man der AfD die Stirn bietet.
Bild: Klare Kante: „Dorfliebe für alle“ in Aktion
taz: Frau Herzog, [1][vor der Landratswahl im Januar] haben Sie mit Ihrem
Bündnis „Dorfliebe für alle“ erfolgreich zur Wahl des CDU-Kandidaten
aufgerufen, um die AfD zu verhindern. Wie positionieren Sie sich nun vor
der Landtagswahl?
Lina Herzog: Wir rufen dazu auf, an dieser Landtagswahl in Thüringen
teilzunehmen und demokratische Parteien zu unterstützen. Wir informieren
über strategisches Abstimmungsverhalten, zum Beispiel, wenn es darum geht,
die Grünen oder die Linke in den Landtag zu bringen. Aber wir möchten uns
nicht explizit für eine Partei positionieren, da wir uns als überparteilich
und nicht-parteilich verstehen. Trotzdem ist uns klar, dass die
Stimmenverteilung einen Unterschied macht.
taz: Fordern Sie diesmal nicht explizit zur Unterstützung der CDU auf?
Herzog: Nein. Bei der Landratswahl haben wir dazu aufgerufen, eine
demokratische Partei zu wählen, als es zur Stichwahl zwischen AfD und CDU
kam. Es war uns wichtig, nicht direkt für jemanden zu werben, obwohl klar
war, dass der CDU-Kandidat Christian Herrgott die einzige Option war, um
die AfD zu verhindern.
taz: Wie erleben Sie die Stimmung im Wahlkampf in Ihrem Landkreis?
Herzog: Die Menschen, die zu uns kommen, teilen viele Sorgen, manchmal auch
Ängste über die Zukunft. Die Stimmung im Landkreis wird oft nur an Wahlen
gemessen, aber die Frage, wie wir unsere Demokratie schützen, beschäftigt
uns täglich. Der Erfolg unserer Arbeit zeigt sich, wenn wir mit den
Menschen ins Gespräch kommen und etwas verbessern können, was sie
beschäftigt. Zum Beispiel die Einsamkeit, die in der Gesellschaft weit
verbreitet ist.
taz: Was tun Sie konkret, um gegen rechts zu mobilisieren?
Herzog: Wir haben im Mai ein Demokratiefest veranstaltet, bei dem sich ganz
unterschiedliche Menschen getroffen haben und ins Gespräch gekommen sind.
Seit Juni gibt es auch eine Wandergruppe für Frauen, insbesondere für
Mütter und Frauen, die zu uns in den Landkreis geflüchtet sind, um einen
Raum für Austausch zu schaffen.
Außerdem haben wir kurz vor der Wahl mehrere Mahnwachen organisiert,
[2][als Reaktion auf die Sommerfeste der AfD, bei denen Björn Höcke
auftrat.] Dabei haben wir eine Kunstaktion entwickelt, die die Werte des
Grundgesetzes symbolisch als Mauer darstellt – eine Mauer, die nicht
eingerissen werden darf.
taz: Welche Reaktionen kommen von den Menschen?
Herzog: Es entsteht Mut und Zuversicht, nicht allein zu sein. Diese
Aktionen stärken das Gemeinschaftsgefühl und ermutigen die Leute, sich auch
im Alltag gegen Rassismus zu positionieren. Viele entdecken überraschend
Gleichgesinnte in ihrem Umfeld. Das macht es einfacher, sich gegen
extremistisches Gedankengut zu stellen und für die demokratischen Werte zu
kämpfen, die uns im Saale-Orla-Kreis wichtig sind.
taz: Sprechen Sie auch mit Rechten?
Herzog: Ja, aber weniger bei den Gegenprotesten. Es ist wichtig, Wege zu
finden, um mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen. Wir erleben immer
wieder, wie tief verankert rechte bis faschistische Ideen in Teilen der
Gesellschaft sind.
taz: Was würde eine AfD in der Landesregierung für Ihre Arbeit bedeuten?
Herzog: Die größte Sorge ist, [3][dass unsere Fördermittel massiv gekürzt
würden.] Unsere Arbeit hängt stark von diesen Mitteln ab, da viele unserer
Veranstaltungen durch Förderanträge für Demokratieprojekte finanziert
werden.
taz: Was bieten Sie an, damit sich mehr Menschen für die Demokratie
engagieren?
Herzog: Unser Bündnis versteht sich als Stimme der Gesellschaft, die wenig
repräsentiert ist. Wir bieten einen Raum, in dem Menschen Fragen stellen
und Antworten finden können. Besonders wichtig ist mir, Angebote für junge
Menschen zu schaffen, um ihnen eine positive Verbindung zu ihrer Heimat zu
ermöglichen.
taz: Wie finden Sie die Berichterstattung über die Wahlen im Osten?
Herzog: Es wird oft versucht, das Bild des „verlorenen Ostens“ zu
entkräften, aber das geschieht meist, indem man erst das Klischee bedient
und dann widersprochen wird. Dabei sind hier nicht alle rassistisch oder
jubeln Höcke zu. Es ist wichtig, die Realität differenziert darzustellen,
um Ostdeutschland nicht dem Rechtsextremismus zu überlassen.
taz: Wie wird Ihr Engagement über die Wahl hinaus weitergehen?
Herzog: Wir arbeiten daran, mehr Austausch zwischen Einheimischen, Menschen
mit Migrationshintergrund und Geflüchteten im Saale-Orla-Kreis zu schaffen.
Im Herbst werden wir uns wieder stärker darauf konzentrieren, den Alltag so
zu gestalten, wie wir ihn uns wünschen, unabhängig von den Wahlterminen.
30 Aug 2024
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## AUTOREN
Maximilian Arnhold
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