| # taz.de -- Kinotipp der Woche: Das Schicksal der Taube | |
| > Das Kino Krokodil zeigt Werke des tschechischen Regisseurs František | |
| > Vláčil, der für seinen besonderen Umgang mit Schwarz-Weiß-Bildern bekannt | |
| > wurde. | |
| Bild: Die Schwarz-Weiß-Töne des František Vláčil (Szene aus „Marketa Laz… | |
| „Unsere Geschichte spielt in einem harten Winter mit Frösten so barmherzig | |
| wie das Christentum jener Zeit.“ Auf diesen Satz der Erzählerstimme in | |
| „Marketa Lazarová“ folgt ein Wechselspiel zweier rivalisierender | |
| Räuberfamilien, christlicher Missionierung, des böhmischen Königreichs und | |
| des sächsischen Adels im Böhmen inmitten der Christianisierung Anfang des | |
| 10. Jahrhunderts. In Gang gesetzt wird dieses Wechselspiel als zwei Söhne | |
| der Räuberfamilie Kozlík eine Reisegesellschaft von Adligen überfällt und | |
| den jungen Adligen Kristian entführt. Das Oberhaupt der Rivalen hat derweil | |
| eine göttliche Vision und will fortan seine Tochter Marketa ins Kloster | |
| senden. | |
| Das Mittelalterepos, ein Jahr vor dem Prager Frühling und dessen | |
| Niederschlagung 1967 fertiggestellt, ist das Meisterwerk des tschechischen | |
| Regisseurs František Vláčil. In hartem Schwarzweiß, aus dem sich einige | |
| lichtdurchflutete Szenen wie die der Vision von Marketas Vater absetzen, | |
| verfilmte Vláčil über fünf Jahre hinweg die Romanvorlage von Vladislav | |
| Vančura aus den 1930ern. | |
| Als der Kölner Filmverleih Bildstörung den Film vor knapp zehn Jahren in | |
| die deutschen Kinos brachte, war er eine kleine Sensation, unter | |
| tschechischen Filmkritikern galt er schon lange davor als einer der besten | |
| Filme des Landes. Nun hat der Filmpublizist Ralph Eue für das Berliner Kino | |
| Krokodil eine kleine Werkschau der Filme Vláčils zusammengestellt, die ab | |
| Mittwoch zu sehen ist. | |
| Vláčil bezeichnete sich selbst als „der einzige Amateur bei den Barrandov | |
| Studios“, dem größten Filmstudio der CSSR. Nach einem kurzen Versuch als | |
| Kunststudent, studierte Vláčil bis Anfang der 1950er Jahre Kunstgeschichte, | |
| kam dann zum Studio für Animationsfilm, wechselte ins Studio für | |
| wissenschaftlichen und pädagogischen Film und anschließend zum Filmstudio | |
| der Armee, wo er seinen Militärdienst leistete. Während dieser Zeit | |
| entstanden Kurzfilme, von denen in der Reihe eine kleine Auswahl zu sehen | |
| ist. | |
| 1960 stellte er sein Langfilmdebüt „Holubice“ („Die weiße Taube“) fer… | |
| Der Film folgt dem Schicksal der Taube aus dem Titel: auf einem Hügel in | |
| Belgien lassen Taubenzüchter Tauben frei, die ihren Weg nach Fehmarn nehmen | |
| sollen. Doch die Taube landet in Prag, wo sie verwundet und von einem | |
| Jungen wieder aufgepäppelt wird. | |
| Gemeinsam mit Kameramann Jan Čuřík, den er in seiner Zeit beim Filmstudio | |
| der Armee kennengelernt hat, verwebt Vláčil expressive, teils auch leicht | |
| surreal anmutende Schwarzweißbilder mit einer Erzählung, in der Poesie die | |
| Freiräume füllt. Der Film lief außer Konkurrenz auf den Filmfestspielen in | |
| Venedig. Zwei Jahre später folgt die historische Allegorie „Ďáblova past“ | |
| („Die Teufelsfalle“), in der ein Herrscher im 17. Jahrhundert einen Müller | |
| mit Hilfe der Inquisition verfolgt. | |
| Ralph Eues Filmreihe rückt im Krokodil einen Filmemacher der | |
| tschechoslowakischen Nachkriegsmoderne in die Aufmerksamkeit des Berliner | |
| Publikums, dessen Filme noch immer viel zu wenig bekannt sind. | |
| 5 Sep 2024 | |
| ## AUTOREN | |
| Fabian Tietke | |
| ## TAGS | |
| taz Plan | |
| Kino Berlin | |
| Filmreihe | |
| Tschechischer Film | |
| taz Plan | |
| taz Plan | |
| taz Plan | |
| taz Plan | |
| Filmreihe | |
| Spielfilm | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kinotipp der Woche: Hüten versus Horten | |
| Mit politischen Dokus wie „Patrol“ und „Goldrausch–Die Geschichte der | |
| Treuhand“ machen die Dokumentarfilmtage Let’s Dok Halt in Berlin und | |
| Brandenburg. | |
| Filmempfehlungen für Berlin: Von wegen lächerlich | |
| Im neuen Weddinger Spielort migas ertönen Filmgespräche aus dem Archiv, im | |
| Odeon wird Jura in Pink getaucht, das Rollberg zeigt Horror im Feriencamp. | |
| Filmempfehlungen für Berlin: Die Scheiße mit dem Geld | |
| Diese Woche stehen Dünger mit menschlichen Extrementen und angetäuschter | |
| Reichtum auf dem Programm. Dazu Stummfilmklassiker mit bewegter Kamera. | |
| Kinotipp der Woche: Zukunft mit Turbo | |
| Die Reihe „Weird Future“ im Z-inema steht im Zeichen bizarrer | |
| Zukunftsvisionen. Unter den dystopischen Filmen ist auch der | |
| Sci-Fi-Splatter „Turbo Kid“. | |
| Kinotipp der Woche: Wo es um Kohle geht | |
| Die Reihe „Schlagende Wetter“ im Zeughauskino widmet sich erneut dem | |
| Bergbau im Film und weitet den Blick von Deutschland auf das internationale | |
| Kino. | |
| Französischer Film „Gagarin“ im Kino: Die letzten Tage der Cité Gagarine | |
| Zerstörte Hoffnungen, verlorene Heimat: Der Spielfilm „Gagarin – Einmal | |
| schwerelos und zurück“ erzählt vom Abriss einer Neubausiedlung bei Paris. |