| # taz.de -- taz Panter Preis verliehen: Calzone gegen rechts | |
| > Ob Küchenkollektiv, Blaskapelle, POC-Empowerment oder engagierte Omas: | |
| > Der taz Panter Preis richtet sich dieses Jahr an die Zivilgesellschaft im | |
| > Osten. | |
| Bild: Bekommen einiges gebacken: das Küchenkollektiv „Calzone Rivoluzione“ | |
| Chemnitz taz | Erst kommt das Fressen, dann die Revolution. So etwa könnte | |
| man die Haltung von „Calzone Rivoluzione – Pizza gegen Nazis“ beschreiben. | |
| Das Küchenkollektiv aus Dresden bietet bei Demos oder Kulturveranstaltungen | |
| vegane Pizza auf Spendenbasis an, weil es sich mit vollem Magen einfach | |
| besser kämpft. Für ihr zivilgesellschaftliches Engagement wurde Calzone | |
| Rivoluzione zum Ausklang des taz Panter Forums am Samstag in Chemnitz mit | |
| dem [1][taz Panter Preis] geehrt. | |
| [2][Konrad Litschko, Inlandsredakteur der taz], würdigte die | |
| Gewinner:innen in seiner Laudatio: „Auch die zäheste Protestiererin hat | |
| irgendwann Hunger. Und dann steht Calzone Rivoluzione bereit.“ Das | |
| Küchenkollektiv hatte sich während der Coronapandemie 2020 aus einer | |
| kleinen Freundesgruppe heraus gegründet, sagt Mima Kobold. Die Aktivistin | |
| hat vor der Preisverleihung am Nachmittag einen Stand im Innenhof des | |
| Weltecho aufgestellt. | |
| Schnell habe die Gruppe gemerkt, dass sie ganz gut Pizza backen können, und | |
| angefangen, Demos und Proteste zu beliefern. Aus der Freundesgruppe ist ein | |
| veritables Aktionsküchenkollektiv geworden. Ziel ist es, bis zu 5.000 | |
| Menschen täglich mit Essen zu versorgen – vor allem bei Veranstaltungen in | |
| Ostdeutschland. [3][Calzone Rivoluzione ist dabei offen für alle]. „Man | |
| muss nicht Teil des Kollektivs sein, um mitzumachen“, sagt Mima Kobold. | |
| Jahrelang stand bei der Ausschreibung des taz Panter Preises das Thema | |
| Klima im Mittelpunkt. Wegen der Landtagswahlen in Ostdeutschland und der | |
| rechten Bedrohung gegen die Demokratie richtet sich der Preis dieses Jahr | |
| an die Zivilgesellschaft im Osten. Wer gewinnt, entscheiden die | |
| taz-Leser:innen in einer Onlinebefragung. Der Preis wird seit 2005 | |
| verliehen und ist mit je 5.000 Euro dotiert. | |
| Wie das Moderationsduo [4][Gereon Asmuth] und Amina Aziz deutlich machten, | |
| stehen auch die anderen Nominierten dem Gewinnerkollektiv um nichts nach: | |
| Donata Porstmann hat im Januar dieses Jahres im sächsischen Döbeln eine | |
| Gruppe der Omas gegen Rechts gegründet, bei der inzwischen 39 Seniorinnen | |
| mitmachen. Das erzählt sie am Stand der Omas im sonnigen Weltecho-Innenhof. | |
| Seit ihrer Gründung im Januar hätten sie auf 32 Demos protestiert. „Wir | |
| sind alle Antifaschisten“, sagt ihre „Oma-Mitstreiterin“ Ulrike Pentzien. | |
| Bei den Protesten gegen rechts würden sie sich freuen, wenn auch Leute von | |
| der Antifa die Schutzmauer zur Gegenseite bilden. | |
| ## Sauerstoffkur beim Panter Preis | |
| Am Samstag auf dem Panter Forum stehen die Zeichen weniger auf | |
| Konfrontation als auf Austausch. Donata Porstmann beschreibt den Tag als | |
| „Sauerstoffkur“: „Das gibt mir Kraft, weil jetzt viele tiefe Täler | |
| bevorstehen“, sagt sie mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen und die | |
| erstarkte Rechte. Doch Porstmann hat Erfahrung im zivilgesellschaftlichen | |
| Engagement. Sie will sich nicht entmutigen lassen. | |
| Ebenfalls unter den Nominierten ist das [5][Blaskapellenkollektiv Banda | |
| Comunale]. Die Band kämpft seit über 20 Jahren gegen Rechtsextremismus, | |
| Antisemitismus und Rassismus, vor allem in Sachsen. Sie setzt, in den | |
| Worten ihres Mitglieds Michal Tomaszewski, auf „die charmante | |
| Überzeugungsarbeit, die Blasmusik leisten kann“. Die Musiker:innen | |
| kommen aus verschiedenen Herkunftsländern – wenn Rechtsextreme und | |
| Rassisten Auftrieb haben, betrifft sie das direkt selbst. Die Band geht | |
| deshalb an Schulen und Jugendzentren, um dort junge Menschen | |
| musikpädagogisch zu unterrichten, und unterstützt lokale Demos gegen | |
| rechts. | |
| Nicht der Veranstaltung beiwohnen konnten [6][die Sisters*], die ebenfalls | |
| für den taz Panter Preis nominiert waren. Mit ihrem Empowermentprojekt | |
| fördern sie gezielt Mädchen und junge Frauen of Color im ländlichen Raum in | |
| Sachsen. In einem Umfeld, das diesen Frauen und Mädchen großteils alles | |
| andere als gewogen ist, sollen sie die Möglichkeit haben, sich | |
| auszutauschen. | |
| Die Strategien gegen Diskriminierung sind dabei vielfältig. Ein Mädchen | |
| habe ihr erzählt, sagt Abdiiseé Bersissa von den Sisters, „wenn sie auf der | |
| Straße rassistisch doof angeblafft wird, fängt sie richtig doll an zu | |
| sächseln und blafft auf Sächsisch zurück.“ | |
| ## Vielfältiges Engagement | |
| Der [7][taz Panter Stiftung], die den Preis verleiht und durch Spenden | |
| finanziert, ist der Panter Preis in die DNA eingeschrieben, war gar einer | |
| der Hauptgründe für die Stiftungsgründung 2008. In diesem Jahr vergibt sie | |
| gleich drei taz Panter Preise anlässlich der drei Landtagswahlen in | |
| Ostdeutschland. Den ersten Preis in der Dreierserie gewann das Netzwerk | |
| Polylux am 23. Juni im Zughafen Kulturbahnhof in Erfurt. | |
| Die Thüringer Gruppe sieht sich als antifaschistisch und engagiert sich | |
| seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland. So fördert sie | |
| Nachbarschaftsinitiativen, Jugendzentren sowie feministische und | |
| antirassistische Gruppen. Die nächste Verleihung findet am 7. September auf | |
| dem Panter Forum in Cottbus statt. | |
| 25 Aug 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Sich-stark-machen/!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/ | |
| [2] /Konrad-Litschko/!a7/ | |
| [3] https://www.instagram.com/calzone_rivoluzione/ | |
| [4] /Gereon-Asmuth/!a111/ | |
| [5] https://www.bandacomunale.de/ | |
| [6] https://www.maedchenarbeit-sachsen.de/seite/415660/projekt.html | |
| [7] /Panter-Stiftung/!v=e4eb8635-98d1-4a5d-b035-a82efb835967/ | |
| ## AUTOREN | |
| Leon Holly | |
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