# taz.de -- Belastung von Berliner Gewässern: Getrübter Badespaß | |
> Blaualgen im Wannsee und Fäkalbakterien im Teufelssee: Für 11 Badestellen | |
> wurden Badewarnungen ausgesprochen. Was führt zu den Verunreinigungen? | |
Bild: Ziemlich grün für Blaualgen | |
Berlin taz | Verhältnismäßig ruhig war es am Dienstagabend im Strandbad | |
Wannsee. Grund für die geringe Auslastung der sonst gut besuchten | |
Badestelle ist eine Badewarnung wegen Blaualgen. Überall sei darüber | |
berichtet worden und man merke, dass jetzt weniger Leute kommen, sagt ein | |
Mitarbeiter des Strandbads der taz. Es ist wie jedes Jahr: Spätestens Mitte | |
August gibt es Warnungen wegen schlechter Wasserqualität. Denn bei hohen | |
Temperaturen breiten sich Blaualgen aus und produzieren Giftstoffe, die | |
beispielsweise Übelkeit hervorrufen. | |
Ob ein See betroffen ist, hat mit seiner Anbindung zu tun, sagt Markus | |
Venohr vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Der | |
Wannsee etwa liegt am unteren Ende Berlins und bekommt sein Wasser aus dem | |
gesamten Einzugsgebiet der Spree und so auch aus Kläranlagen und der | |
Kanalisation. Die würden laut Venohr zwar in der Regel gut funktionieren, | |
aber es ließe sich nicht vermeiden, dass gereinigtes Abwasser Phosphor und | |
Stickstoff enthält. „Giftstoffe sind das nicht, aber sie liefern Nährstoffe | |
für das starke Wachstum von Blaualgen“, sagt der Experte. | |
Auf dem Weg bis in den Wannsee nimmt das Wasser von Spree und Havel zudem | |
viel Stickstoff aus der Landwirtschaft auf. Dazu kommt [1][Phosphor aus | |
urbanen Quellen]. Die Badegäste selbst tragen mit ihren Ausscheidungen nur | |
einen geringen Teil zu der Belastung bei, so Venohr. | |
Dagegen ist der Schlachtensee nicht an Spree und Havel angebunden, sondern | |
wird vor allem vom Grundwasser gespeißt. Das erklärt laut Venohr, warum es | |
dort anders als beim nahegelegenen Wannsee keine Blaualgen gibt. Denn der | |
Boden, durch den das Grundwasser fließt, funktioniert wie ein Filter, | |
wodurch weniger Nährstoffe ins Seewasser gelangen. | |
## Stark, aber nicht exorbitant | |
Insgesamt sei die „Blaualgenblüte“ dieses Jahr an den betroffenen | |
Badestellen zwar stark, aber nicht exorbitant, sagt Silvia Kostner vom | |
Landesamt für Gesundheit und Soziales, dem Amt, das die Badewarnungen | |
herausgibt. Der zweite Grund für Warnungen ist ein erhöhter Gehalt von | |
E.-Coli-Bakterien. Die Fäkalbakterien kommen seltener vor als Blaualgen. | |
Derzeit gibt es sie im Teufelssee, bis vor Kurzem auch im Müggelsee. | |
Laut Venohr gelangt das Bakterium, das im menschlichen wie tierischen | |
Darmtrakt lebt, über Starkregenniederschläge und das Überlaufen von | |
Mischkanalisationen ins Wasser. In einer Mischkanalisation werden sowohl | |
häusliches und gewerbliches Abwasser als auch Regenwasser von den Straßen | |
gesammelt. Bei Starkregen fließt das ungereinigte Wasser in den | |
Landwehrkanal oder die Spree. | |
Das passiere in Berlin höchstens 20 Mal pro Jahr, auch wenn Messungen | |
darauf hindeuten, dass die Starkregenniederschlage in den letzten Jahren | |
durch den Klimawandel zugenommen haben, so der Wissenschaftler. | |
Mischkanalisationen gibt es vor allem im alten Teil von Berlin, weshalb | |
„die Seen im nördlichen Berlin, die nicht von der Spree durchflossen | |
werden, häufig eine bessere Wasserqualität haben.“ | |
Lageso-Sprecherin Kostner sagt dagegen, dass sich die | |
gesundheitsschädlichen Fäkalbakterien im Teufelssee wegen der vielen | |
Badegäste ausgebreitet haben. Dass die Nutzung einen Einfluss hat, | |
bestätigt auch Venohr: „Jeder Mensch, der ins Wasser geht, hat noch | |
minimale Kotreste an sich und da sind E.-coli-Bakterien enthalten. Jede | |
Schwimmer*in gibt etwas ab, und, wenn extrem viele Leute schwimmen, dann | |
kann es dazu kommen.“ | |
Aktuell sind 11 Badestellen von Badewarnungen betroffen. Die „Bade-Ampel“ | |
steht dort auf Gelb. Das bedeutet, dass das Lageso dort vom Baden abrät, | |
verboten ist es nicht. Sicher vor Algen und Bakterien ist man laut Venohr | |
in Seen außerhalb, die nicht direkt an der Spree oder Havel liegen. | |
21 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Martha Blumenthaler | |
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