Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nachruf auf Alain Delon: Attraktiv wie undurchdringlich
> Er war die filmische Blaupause für den schönen, ruchlosen Mann:
> Schauspieler Alain Delon ist mit 88 gestorben. Seine Ambivalenz wird
> nachwirken.
Bild: Ließ alle kommen und kalt abblitzen: der französische Schauspieler Alai…
Zu Beginn des Films „Der Swimmingpool“ von 1969 erforscht die Kamera
zunächst das blaue Nass im Pool einer Villa. Von der gegenüberliegenden
Seite nähert man sich sodann dem Männerkörper, der am Rand in der Sonne
liegt, besser: prangt. Der Körper ist makellos und gehört Jean-Paul (Alain
Delon), braun gebrannt, dunkelhaarig, nackt bis auf Badehose, Sonnenbrille
und Drink, den er sich in den Mund gießt, ohne aufzustehen. Die Szene hat
etwas Unverschämtes, Freies, Frivoles, als ob die Kamera ihn ableckt. Bald
darauf übernimmt Marianne ([1][Romy Schneider]) diese Fantasie, steigt aus
dem Pool und stellt sich über ihn. Wasser tropft auf seine Haut. Sie legt
sich auf ihn. French kissing. Die Leidenschaft verbindet die Gegensätze.
Regisseur Jacques Deray verließ sich für sein etwas leeres Liebesdrama auf
das Charisma seiner Hauptdarsteller:innen und auf die Erinnerung des
Publikums an deren Affäre. Der Film beinhaltete bereits alles, was Delons
Image festigte und sich bis in sein Privatleben drängte: Delon war die
filmische Blaupause für einen attraktiven wie ruchlosen, zuweilen toxischen
Mann, dessen seltenes Lächeln stets einen Zweck verfolgt und dessen
Verhalten (im Film wie im Leben) auf Traumata schließen lässt.
Geboren 1935 in einem schicken Pariser Vorort, kam er als Kind zu
Pflegeeltern. Nach deren Tod wurde er in ein katholisches Internat
geschickt. Er entwickelte früh jene Züge, die man vernachlässigten
Jugendlichen zuschreibt, galt als tollkühn und rauflustig. Mit 17 ging er
zum Militär, kämpfte im Ersten Indochinakrieg. Geschmeidig bewegte er sich
durch die Pariser Unterwelt.
Doch die Filmbranche krallte sich den Mann mit dem so schönen wie
undurchdringlichen Gesicht. 1957 in Cannes entdeckt, spielte er kurz darauf
ohne jede Erfahrung seine erste Rolle. Im zweiten Film stieß er auf
[2][Jean-Paul Belmondo], mit dem er schauspielerisch einiges teilte; beide
waren die Ausgeburt von „cool“, doch während Belmondo energetisch,
humorvoll und dreist ist, lässt Delon sie alle kommen und kalt abblitzen.
Zu dieser Zeit hatte er einen Autounfall – die kleine Kinnnarbe passte zum
Image des maskulinen Helden.
1958 begann die Romanze mit Schneider, an der sich die Filmwelt berauschte:
Unschuldslamm trifft Teufel. Seine beiden wichtigsten Filme drehte Delon
1960 – in der Patricia-Highsmith-Adaption „Der talentierte Mr. Ripley“
spielte er konzentriert einen gewissenlosen Studenten, der für den
Aufstiegsversuch selbst vor Mord nicht zurückschreckt. Und für den
wütend-sehnsüchtigen Boxer in Luchino Viscontis „Rocco und seine Brüder“
legte er alles an Schmerz in die Darstellung, was ihm möglich war. 1961
hatte er eine Affäre mit Sängerin Nico, beider Sohn Ari, der zeit seines
kurzen Lebens mit Drogensucht kämpfte, erkannte er nie an.
In den USA blieb der Erfolg aus, Delon kehrte Ende der 60er in die Heimat
zurück. Er etablierte sich als schweigsamer Gangsterdarsteller, drehte
mehr als 80 Filme. Die Härte seiner Rollen schien sich auf seine privaten
Ansichten ausgewirkt zu haben – er unterstützte Frankreichs extreme Rechte.
2019 hatte er einen Schlaganfall, der einen erbitterten Erbstreit auslöste.
Mit Delon, der am Sonntag nahe Paris 88-jährig „friedlich einschlief“,
starb ein zeittypisches Männerbild. Dessen Ambivalenz und Attraktivität
werden lange nachwirken.
18 Aug 2024
## LINKS
[1] /Berlinale-Biopic-ueber-Romy-Schneider/!5482872
[2] /Zum-Tod-von-Jean-Paul-Belmondo/!5795525
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Schauspieler
Alain Delon
Romy Schneider
Schwerpunkt Frankreich
Social-Auswahl
Französisches Kino
Schauspieler
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes
Romy Schneider
## ARTIKEL ZUM THEMA
Film „Lautlos wie die Nacht“ mit Delon: Trotziger Großkotz
Arte würdigt den verstorbenen Alain Delon mit Filmen und Dokumentationen.
Einer der Filme: Der Heist-Film „Lautlos wie die Nacht“.
Zum Tod von Jean-Paul Belmondo: Furchtlose Großartigkeit
Er ließ den gefühllosen Macho-Protagonisten der 50er- und 60er-Jahre hinter
sich. Nun ist der französische Schauspieler Jean-Paul Belmondo gestorben.
Filmfestspiele in Cannes: Manson, Zombies und Delon
Ein dezidiert politischer Wettbewerb, begleitet von Ärger über die
Ehrenpalme für Alain Delon. Am Dienstag beginnt in Cannes das Filmfestival.
Berlinale: Biopic über Romy Schneider: Der letzte deutsche Weltstar
Auch 35 Jahre nach ihrem Tod fasziniert Romy Schneider. „3 Tage in
Quiberon“ zeigt, dass auch ihr Privatleben auf tragische Weise filmreif
war.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.