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# taz.de -- Frankfurter Bahnhofsviertel: Zwei Jahre nach Polizeigewalt
> 50 Menschen versammelten sich in Frankfurt zu einer Gedenkkundgebung. Die
> Staatsanwaltschaft hatte zuletzt die Ermittlungen eingestellt.
Bild: Flugblatt für die Gedenkveranstaltung für den getöteten 23-jährigen A…
Frankfurt am Main taz | Das Frankfurter Bahnhofsviertel gilt seit Jahren
als Problemviertel der Stadt: Die Polizeipräsenz ist stark, Polizeieinsätze
gehören mittlerweile zum Alltag. So kam es im August 2022 zu einem
tödlichen Einsatz in einem Hotel in der Moselstraße. An den getöteten
23-jährigen Amin F. erinnerten am Donnerstagabend rund 50 Menschen auf dem
Willy-Brandt-Platz.
Amin F. hatte in der Nacht zum 2. August zwei Sexarbeiterinnen im Mosel
Hotel bedroht, woraufhin eine der beide aus dem Fenster sprang. Nach
Hilferufen der Frauen war ein Spezialeinsatzkommando (SEK) eingetroffen,
das die Tür des Hotelzimmers aufgebrochen und einen Polizeihund
vorgeschickt hatte. Nachdem er den Polizeihund mit einem Messer schwer
verletzt hatte, trafen den 23-Jährigen aus Somalia fünf von sechs
Polizeischüssen – einer davon in den Kopf.
Amin F. starb nicht im Krankenhaus, wie die Polizei und das
Landeskriminalamt zuerst behaupteten, sondern noch unmittelbar am Tatort.
Nach knapp zweijährigen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft kürzlich
die Ermittlungen gegen den Todesschützen wegen Totschlags eingestellt, da
der Polizist „in Notwehr gehandelt“ habe.
Zu der Gedenkveranstaltung hatten die Initiativen copwatchffm, Hausprojekt
Nika & Somali Community Service aufgerufen. „Wie so oft in solchen Fällen:
Solange es keinen Druck von Angehörigen und der Zivilgesellschaft gibt,
passiert erst einmal gar nichts“, kritisierte eine Sprecherin des
Hausprojekts Nika den Einsatz in der Tatnacht. Vor allem Fragen zum
Tatgeschehen und zum Vorgehen der Polizei seien unbeantwortet geblieben.
Das SEK solle genau für solche besondere Situationen geschult sein und
Strategien kennen, doch „was in dieser Nacht in dem Hotelzimmer in der
Moselstraße passiert ist, hat mit Deeskalation nichts zu tun“, so die
Sprecherin.
Auch ein Polizeiinsider kritisierte in der vergangenen Woche gegenüber der
[1][Frankfurter Rundschau] den damaligen Einsatz. Es habe „überhaupt keine
Notwendigkeit“ bestanden, einen Polizeihund auf den 23-Jährigen zu hetzen
„und die Lage so vollkommen unnötig zu eskalieren“. Zudem sei Amin F. zum
Zeitpunkt des Einsatzes allein in seinem Zimmer gewesen. In solchen
Situationen sei es üblich, den Einsatzort abzusperren, den Täter zu
umstellen und dann zu verhandeln, um ihn zur Aufgabe zu bewegen.
Die Demoorganisator:innen beklagen zudem Racial Profiling. So
machten sie darauf aufmerksam, dass es sich bei dem Opfer um einen
schwarzen Mann aus Somalia handelte. „Nicht-weiße Menschen per se in die
Täterecke zu stellen und als Gefahr wahrzunehmen, ob auf der Straße bei
einer verdachtsunabhängigen Kontrolle oder bei einem durch einen Anruf
ausgelösten Einsatz in einem Hotel, kann für die Betroffenen leider tödlich
enden“, so die Sprecherin des Hausprojekts.
Die Reaktionen auf die Tötung von Amin F., das Vorgehen in der Tatnacht und
das darauf folgende Urteil seien Ausdruck der Darstellung „gefährlicher und
krimineller Migranten“. Es gebe zu viele Fälle, in denen Menschen getötet
werden, die wie Amin F. Flüchtlinge sind.
Im September 2022 hatte sich der Hessische Landtag in einer
[2][Sondersitzung des Innenausschusses] mit dem Todesfall befasst. Es gebe
keine Hinweise auf strukturellen Rassismus, sagte der damalige
Landesinnenminister Peter Beuth (CDU). Zudem habe man zum Zeitpunkt des
Einsatzes davon ausgehen müssen, dass Amin F. eine Schusswaffe bei sich
habe. Im Jahr 2022 kam es zu neun weiteren tödlichen Polizeieinsätzen in
Deutschland. Unter anderem wurde der 16-jährige [3][Mouhamed D]. in
Dortmund von einem Polizisten mit einer Maschinenpistole erschossen.
2 Aug 2024
## LINKS
[1] https://www.fr.de/frankfurt/kundgebung-fuer-opfer-von-polizeigewalt-in-fran…
[2] /Vorfaelle-bei-Frankfurter-Polizei/!5870209
[3] /Von-Polizei-erschossener-Jugendlicher/!5870705
## AUTOREN
Yağmur Ekim Çay
## TAGS
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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