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# taz.de -- Serie mit Engelke und Pastewka: Cleveres Spiel mit Versatzstücken
> Kein Dauerwitzeln, sondern gekonnt inszenierte romantische Komödie: Anke
> Engelke und Bastian Pastewka glänzen in „Perfekt verpasst“.
Bild: Die eine hoch, der andere runter – Marburg halt!
28 Jahre ist es her, dass [1][Anke Engelke] und [2][Bastian Pastewka] sich
bei der Nachrichten-Sketchsendung „Die Wochenshow“ kennenlernten und
erstmals gemeinsam vor der Kamera standen. Seither haben sich die beiden
längst als Deutschlands Comedy-Traumpaar etabliert, mit gemeinsamen
Projekten wie „Fröhliche Weihnachten!“, Gastauftritten in den Produktionen
der jeweils anderen oder jüngst den im Doppelpack absolvierten Abstechern
zu „LOL: Last One Laughing“. Trotzdem ist „Perfekt verpasst“ (ab 15. Au…
bei Amazon Prime Video) nun die erste fiktionale Serie, für die Engelke und
Pastewka wirklich zusammen vor der Kamera standen. Oder auch eben gerade
nicht, wie das Publikum verblüfft feststellen wird.
Der Titel ist bei „Perfekt verpasst“ jedenfalls Programm: Die beiden
Hauptfiguren, die Engelke und Pastewka sich mitsamt der Prämisse selbst
ausgedacht haben, bevor schließlich ein vierköpfiger Writers Room
involviert wurde, laufen sich nämlich praktisch die gesamte Serie über gar
nicht (bewusst) über den Weg. Und das, obwohl sie nicht nur im eher
[3][übersichtlichen Marburg] leben, sondern obendrein auch ziemlich gut
zueinander passen würden.
Maria (Engelke) ist Buchhändlerin mit entzückendem eigenem Laden und einer
patenten, jungen Mitarbeiterin ([4][Melodie Simina]). Dass sie nicht so
richtig glücklich und entspannt ist, hat viel damit zu tun, dass sie –
anders als ihre ehemals beste Freundin und jetzt Erzfeindin – die fixe Idee
vom eigenen Roman nie umgesetzt hat. Und noch mehr damit, dass sie von
ihrem Ex (Serkan Kaya) zwar längst getrennt ist, es aber trotz dessen neuer
Beziehung nicht lassen kann, mit ihm ins Bett zu steigen. Ähnlich viel
Unzufriedenheit herrscht bei Sportladenbesitzer Ralf (Pastewka), der sich
gerade von seiner Ehefrau scheiden lässt und in diesem Kontext nicht nur
das Verhältnis zu seinen beiden nicht mehr gerade kleinen Töchtern neu
ausloten, sondern auch mit dem ungewohnten Singledasein klarkommen muss.
Wieder und wieder laufen (oder radeln) sich Maria und Ralf beinahe in die
Arme, ab und zu befinden sie sich sogar, ohne es zu wissen, im gleichen
Raum und ihre privaten Bekannten- bzw. Verwandtschaftskreise überschneiden
sich durchaus. Doch in schöner Regelmäßigkeit verhindert der Zufall, dass
sich diese beiden gleichermaßen von den Irrungen und Wirrungen des Lebens
geprägten Kleinstadtneurotiker endlich kennenlernen.
## Eher Dramedy
Wer nun erwartet, dass diese Geschichte in „Perfekt verpasst“
brüllendkomisch erzählt wird und hier ein Schenkelklopfer den nächsten
jagt, liegt allerdings vollkommen falsch. Von Wolfgang und Anneliese oder
anderen Sketch-Schöpfungen, die Engelke und Pastewka über die Jahre auf den
Bildschirm gebracht haben, sind die Figuren und der Tonfall der Serie weit
entfernt. Das passende Schlagwort ist eher Dramedy, Neudeutsch für
Tragikomödie, was so viel heißen will wie: Natürlich kann hier gelacht oder
mindestens geschmunzelt werden. Aber der Fokus liegt doch deutlich darauf,
wie schwierig und auch bitter Selbst- und Neufindungsprozesse ablaufen
können, wenn man sein halbes Leben schon hinter sich hat.
Dass Engelke und Pastewka neben knalligen Pointen auch beiläufigen Witz und
nuancierte Emotionalität beherrschen, ist eigentlich keine Neuigkeit. Doch
das Erfreuliche hier ist, wie sehr auch das Drumherum stimmt. Das Konzept
des Sich-Verpassens (samt Wissensvorsprung des Publikums) trägt nicht nur
über acht Folgen, sondern bietet auch Raum für ein cleveres Spiel mit
Versatzstücken der romantischen Komödie sowie einen interessanten Spagat
zwischen realistischer Wahrhaftigkeit und kleinen Momenten herrlichster
Absurdität.
Das Schönste aber ist, wie die Serie durch das Verhindern der Paardynamik
zu einer echten Ensemble-Angelegenheit wird. Was wunderbare Nebencharaktere
und deren Darsteller*innen angeht, von Edin Hasanovic als Hundetrainer
und Fritzi Haberlandt als Marias frühere Freundin oder Michael Wittenborn
als ihrem schwulen Papa und Peter Jordan als einem von Ralfs Band-Kumpels,
sucht „Perfekt verpasst“ seinesgleichen. Denn was das Timing und die Tiefe
der Figuren angeht, umgeben sich Engelke und Pastewka hier mit
Gleichgesinnten auf Augenhöhe.
14 Aug 2024
## LINKS
[1] /Anke-Engelke-ueber-ihre-neue-Show/!5062432
[2] /Bastian-Pastewka-ueber-Pastewka/!5565288
[3] /Gentrifizierung-in-Marburg/!5520343
[4] https://www.instagram.com/melodie_dinah/?hl=de
## AUTOREN
Patrick Heidmann
## TAGS
Komödie
TV-Serien
Comedy
Serien-Guide
Bastian Pastewka
Gentrifizierung
WDR
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