| # taz.de -- Rassismus bei ARD und ZDF: Die lange Reise von Sam dem Sachsen | |
| > Die wahre Geschichte um den ersten schwarzen DDR-Polizisten wurde von ARD | |
| > und ZDF abgelehnt. Erst nach dem Erfolg von Disney traut sich der MDR | |
| > ran. | |
| Bild: Disney+ hat mit „Sam – ein Sachse“ auch gleich den Grimme-Preis gew… | |
| Die Geschichte ist so irre, gerade weil sie wahr ist: [1][„Sam – ein | |
| Sachse“] erzählt die Lebensgeschichte des 1970 in Zwenkau bei Leipzig | |
| geborenen Samuel Meffire. Der Vater kam aus Kamerun, die Mutter aus | |
| Deutschland und ihr Sohn erlebte [2][den Alltagsrassismus in der damaligen | |
| DDR] buchstäblich am eigenen Leib. Und weil ihn auch die Volkspolizei kaum | |
| schützte, ging er genau dorthin. | |
| Dann kam die Wende. Meffire wurde Kriminalbeamter und prangte ab 1992 als | |
| It-Man ausgerechnet auf den Werbeplakaten der sächsischen Polizei. Im Jahr | |
| 1994 quittierte er den Dienst und geriet auf die schiefe Bahn. Er saß im | |
| Knast, wurde dann Personenschützer, engagierte sich in Projekten mit | |
| straffälligen Jugendlichen und bei der Hilfe für Geflüchtete. Heute | |
| arbeitet Meffire als Trainer für Gefahrenlagen. | |
| Das ist klarer Filmstoff, ach Quatsch, mindestens genug für ’ne Serie. Und | |
| die läuft ab Ende September im MDR. Die Geschichte der Produktion ist dabei | |
| genauso irre wie ihr Inhalt. Denn eigentlich hätte es „Sam – ein Sachse“ | |
| schon 2006 geben können. Gemacht von niemand Geringerem als dem Produzenten | |
| Tyron Ricketts und Emmy-Preisträger Jörg Winger. Ricketts, dessen Vater aus | |
| Jamaika stammt, hatte Meffire Anfang der 2000er Jahre persönlich | |
| kennengelernt. | |
| Da war Ricketts als Rapper [3][mit Brothers Keepers] auf Tour durch den | |
| Osten und brauchte wegen der massiven Übergriffe gegen People of Color | |
| Schutz. | |
| ## Schwarze Hauptdarsteller wolle keiner sehen | |
| Meffire hatte gerade seine Haftstrafe abgesessen und arbeitete bei der | |
| Sicherheitsfirma, die bei der Tour zum Einsatz kam. Natürlich waren sie | |
| zuerst bei ARD und ZDF mit ihrem Stoff. Und was machen die draus? Nichts! | |
| Das sei ’ne spannende Geschichte, aber einen schwarzen Hauptdarsteller | |
| wolle ja keiner im deutschen Fernsehen sehen, mussten sich Winger und | |
| Ricketts noch 2006 anhören. Und nur weil Ricketts nicht losließ und Winger | |
| mittlerweile so richtig wichtig war, hat dann rund 15 Jahre später … Nee, | |
| nicht der MDR! | |
| Der Streamer Disney+ hat „Sam – ein Sachse“ gemacht. Es gab zwar auch | |
| wieder Gespräche mit den Öffentlich-Rechtlichen, aber das habe zu lange | |
| gedauert, sagt Ricketts mit höflicher Zurückhaltung. Es ist nicht zu | |
| fassen! „Guten Stoff erkennen, ist ja nicht nur das eine. Den Mut und die | |
| Argumente für eine Umsetzung in einem so großen Laden zusammenzubringen, | |
| ist das unmögliche Abenteuer“, sagt die Mitbewohnerin. „Da wissen oftmals | |
| die Öffis auch selbst nicht, was bei rumkommt.“ | |
| Disney+ hat mit „Sam – ein Sachse“ auch gleich den Grimme-Preis gewonnen. | |
| Und prompt traut sich 2024 auch der MDR, die Serie zu wiederholen. Mit | |
| knapp 20-jähriger Verspätung kommt so der Stoff dahin, wo er von Anfang an | |
| hingehört hätte. Dass dies den öffentlich-rechtlichen Anstalten eine Lehre | |
| ist, darf leider getrost bezweifelt werden. Und der Alltagsrassismus längst | |
| nicht nur in der ehemaligen DDR muss leider auch nicht näher erklärt | |
| werden. | |
| 10 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Steffen Grimberg | |
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