| # taz.de -- Flüchtlingunterkunft in Berlin: Wegen Überfüllung weiter offen | |
| > Die Notunterkunft im ehemaligen Flughafen Tegel ist überfüllt und teuer. | |
| > Die Sozialsenatorin will sie verkleinern. Die CDU bremst. | |
| Bild: Katastrophale Zustände in der Notunterkunft in Tegel | |
| Berlin taz | Soll die [1][Notunterkunft im früheren Flughafen Tege]l | |
| erweitert werden oder schließen? Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) | |
| will die Unterkunftsplätze reduzieren und Notunterkünfte mittelfristig am | |
| liebsten ganz abschaffen. Oder soll Tegel, wo vor allem [2][Flüchtlinge aus | |
| der Ukraine] untergebracht sind, wachsen? Darüber ist in der Koalition ein | |
| Streit entbrannt. | |
| Der Vertrag des Landes Berlin über Tegel läuft noch bis Ende 2025. Im | |
| laufenden Jahr plant die Senatorin gut 2.000 Plätze in besseren | |
| Unterkünften und 2025 weitere 3.000. Kiziltepe weist auf Probleme in Tegel | |
| für die Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Integration hin. „Es ist für | |
| die Menschen nicht gut, wenn 14 Personen auf engstem Raum schlafen müssen, | |
| ohne Perspektive, wann sie die Unterkunft wieder verlassen können“, so die | |
| Sozialsenatorin. | |
| „Ob wir Tegel nach 2025 weiternutzen, hängt auch davon ab, wie schnell wir | |
| weitere Unterkünfte in der Stadt finden“, konkretisiert Kiziltepes Sprecher | |
| Stefan Strauß gegenüber der taz. Außerdem gebe es Unwägbarkeiten, etwa die | |
| künftigen Flüchtlingszahlen. „Eine Prognose ist hier schwierig und hängt | |
| von der weltpolitischen Lage ab, zum Beispiel von Kriegen und Krisen.“ | |
| Dirk Stettner hält dagegen. Für den CDU-Fraktionschef führt an weiteren | |
| Großunterkünften in Berlin kein Weg vorbei. „Solange der Bund seine | |
| Asylpolitik nicht ändert und den hohen Zustrom an Asylbewerbern nicht | |
| stoppt oder wenigstens stark drosselt, werden wir weiter Großunterkünfte | |
| brauchen“, sagt Stettner. | |
| ## Katastrophale Zustände | |
| Vor allem der Flüchtlingsrat setzt sich schon lange für eine „sofortige | |
| Schließung der katastrophalen, menschenunwürdigen, abgeschotteten und | |
| extrem kostspieligen“ [3][Massenunterkunft] ein. Gefordert wird eine | |
| „dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen, mindestens jedoch | |
| in Gemeinschaftsunterkünften mit Apartmentstrukturen und Möglichkeiten zur | |
| Selbstversorgung“. So sagt es die Sprecherin des Flüchtlingsrats, Djairan | |
| Jetka. | |
| In Tegel und in weiteren Berliner Notunterkünften bekommen die Bewohner | |
| zwar Mahlzeiten. Sie haben aber keine Möglichkeiten, sich selbst etwas | |
| zuzubereiten. Auch auf kulturell und gesundheitlich bedingte | |
| Ernährungsanforderungen kann kaum Rücksicht genommen werden. Auch deshalb | |
| meint der Flüchtlingsrat: „Tegel gehört geschlossen und nicht erweitert.“ | |
| Im Moment wird die Unterkunft in Tegel aber gerade erweitert. Das Land | |
| lässt dort zusätzliche Großzelte aufstellen. In denen sollen etwa 1.000 | |
| Menschen auf engstem Raum untergebracht werden. Derzeit wohnen 10 bis 14 | |
| Personen in einer Schlafkabine ohne ausreichend Platz, ihre Sachen | |
| abzustellen. Wer für den Deutschkurs oder die Schule lernen will, hat | |
| Schwierigkeiten, ein geeignetes Plätzchen zu finden. | |
| ## Reserve für steigende Zahlen | |
| „Aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren dienen die neuen | |
| Hallen als Reserve, da im Spätsommer und Herbst die Zahlen der neu nach | |
| Berlin kommenden Menschen immer gestiegen sind“, begründet Sascha | |
| Langenbach vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten die Erweiterung. | |
| Pflegefälle, die derzeit auch in die [4][Massenschlafkabinen mit anderen | |
| Menschen] zusammengepfercht leben, sollen woanders untergebracht werden. | |
| „Wenn es gut läuft, noch im August“, kündigt Langenbach an. | |
| Derzeit hat Tegel eine Kapazität für 6.400 Menschen. 4.054 Betten sind mit | |
| Ukrainern und Ukrainerinnen belegt, 816 mit Asylbewerbern. Da Plätze frei | |
| sind, werde derzeit daran gearbeitet, einige Schlafkabinen mit nur 4 bis 10 | |
| Personen zu belegen, sagt Langenbach der taz. „Dann gibt es auch mehr | |
| Ablagen, Stühle und einen Tisch.“ | |
| Die Unterkunft Tegel ist nicht nur die schlechteste in Berlin, sie ist mit | |
| hoher Wahrscheinlichkeit auch die teuerste. Zwar hält der schwarz-rote | |
| Senat die genauen Kosten geheim. Auf der Grundlage eines Teils der | |
| öffentlichen Daten hat der Flüchtlingsrat allerdings einen Tagessatz pro | |
| Nacht und Person von rund 260 Euro teils errechnet und teils geschätzt. | |
| Rechnungen der taz kommen auf einen geringfügig höheren Betrag, wenn man | |
| zugrunde legt, dass Tegel das Land pro Tag 1,6 Millionen Euro kosten würde. | |
| Diese Zahl nannte ein Vertreter der Landesregierung vertraulich. Für 260 | |
| oder 280 Euro kann man auch in einem Sternehotel wohnen. In regulären | |
| Sammelunterkünften mit besseren Standards für die Bewohner als in Tegel | |
| sind Tagessätze von gut 30 Euro üblich. | |
| Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurt (SPD) hatte einmal gesagt, man könnte von | |
| dem Geld, das Tegel koste, „jeden Monat eine MUF bauen“, also eine feste | |
| Unterkunft für 500 Menschen. Laut internen Unterlagen der Landesregierung, | |
| die der taz vorliegen, gehen der Löwenanteil der Finanzierung für Tegel an | |
| die Messe Berlin GmbH unter anderem für die Security, an die Tegel Projekt | |
| GmbH, zum Beispiel für Miete und Betriebskosten, sowie an das Sozialwerk | |
| des DRK, das die Unterkunft betreibt. | |
| Die Vergabe erfolgte 2022 durch die damalige Sozialsenatorin Katja Kipping | |
| (Linke) ohne Ausschreibung, weil nach Ausbruch des Ukrainekrieges dafür | |
| keine Zeit war und eine riesige Zahl von Ukrainerinnen schnell | |
| untergebracht werden musste. Nach Kenntnis der taz ist auch nachträglich | |
| zumindest bisher keine Ausschreibung erfolgt. | |
| 9 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marina Mai | |
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