| # taz.de -- Kampnagel-Sommerfestival in Hamburg: Entspannte Ruhe vor dem Trubel | |
| > Das Internationale Sommerfestival präsentiert ab Mittwoch drei Wochen | |
| > lang Tanz, Theater, Kunst und Musik. Die taz war da, bevor der Trubel | |
| > losgeht. | |
| Bild: Glitzernder Drehpunkt des Festivals: Der „Avantgarden“ während einer… | |
| Dass auf dem Hamburger Kampnagel-Gelände im August das [1][Internationale | |
| Sommerfestival] stattfinden wird, davon ist Ende Juli dort noch nicht viel | |
| zu spüren. Drei Wochen lang präsentiert es jede Menge Tanz und | |
| Performances, Theater und Musik, Kunst und Filmen, Installationen, | |
| Konzerten, Parties und Literatur- und Theorieveranstaltungen mit Hunderten | |
| von Künstler:innen. Noch ist die Stimmung entspannt, auf dem Platz vor | |
| den Hallen und im Café sitzen an diesem lauen Nachmittag nur ein paar | |
| Grüppchen in der Sonne. | |
| Gerade ist Lucinda Childs aus New York nach Hamburg gekommen. Jetzt sitzt | |
| die Tänzerin und Choreografin, die mit ihren postmodernen Arbeiten [2][die | |
| Tanzgeschichte seit den 1970ern so maßgeblich geprägt hat], im Schatten | |
| eines großen Sonnenschirms an einem Tisch. Sie wirkt entspannt und gut | |
| gelaunt, die lange Reise merkt man der 84-Jährigen nicht an. | |
| Childs ist für ein besonderes Projekt nach Hamburg gekommen. Beim | |
| Sommerfestival zeigt sie gleich vier Uraufführungen, bei einer von ihnen | |
| steht sie selbst mit auf der Bühne. Es sind die ersten neuen Arbeiten, die | |
| sie mit ihrer Lucinda Childs Dance Company seit fast zehn Jahren entwickelt | |
| hat. Für die vier Stücke, die sie zum Festivalauftakt am Mittwoch zeigt, | |
| hat sie dabei mit namhaften Künstler:innen zusammengearbeitet: [3][mit | |
| dem Minimal Music-Pionier Philip Glass], mit der isländischen | |
| [4][Avantgarde-Komponistin Hildur Guðnadóttir], die 2019 für ihren | |
| Soundtrack zur Comicverfilmung „Joker“ mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, | |
| sowie mit dem albanischen Künstler Anri Sala. | |
| Wie gewohnt sind viele der Künstler:innen wieder mehrfach am Festival | |
| beteiligt. Das Konzept: Die Tradition der Avantgarde-Kunst mit | |
| zeitgenössischem Pop verbinden, um zeitgemäß Kritik zu formulieren. | |
| Dahinter steckt ein Verständnis künstlerischer Strategien, die auf flache | |
| Hierarchien und intensiven Dialog untereinander setzen. Und so zeigt Anri | |
| Sala im Kampnagel-Foyer auch eine großformatige Videoinstallation, seit ein | |
| paar Tagen zimmern Handwerker:innen in einer der Hallen dafür die | |
| Leinwand. Das Gerüst steht schon, nun kommen noch Platten darauf, erzählt | |
| einer von ihnen. | |
| Anri Sala beteiligt sich auch an der gemeinsam mit der Kunsthalle | |
| entwickelten Ausstellung „Untranquil Now“. Sie zeigt Videoarbeiten, | |
| Installationen und Performances unter anderem von Lucinda Childs und der | |
| Choreografin und Tänzerin Trisha Brown. Gemeinsam mit Brown hatte Childs in | |
| New York den postmodernen Tanz entwickelt. Browns legendäre Performance | |
| „Man Walking Down the Side of a Building“ von 1970 wird am kommenden | |
| Samstag und Sonntag jeweils dreimal gezeigt: Um 14 Uhr, um 16 Uhr und um 18 | |
| Uhr läuft die kalifornische Vertical Dance Company die gläserne | |
| Außenfassade der Galerie der Gegenwart der Kunsthalle hinunter. | |
| Am Tisch neben Lucinda Childs sitzt die im rumänischen Bukarest geborene | |
| Berliner Künstlerin Anca Munteanu Rimnic mit dem Künstlerischen Leiter des | |
| Sommerfestivals, András Siebold. Für ihre Arbeit „Rite for Fall“, die sie | |
| im Rahmen der „Untranquil Now“-Ausstellung auf der noblen Einkaufsstraße | |
| Neuer Wall in der Hamburger Innenstadt zeigen wird, sucht sie noch | |
| Performer:innen. In einem leerstehenden ehemaligen Lampengeschäft mit | |
| seinen typischen großen Glasscheiben will Rimnic einen Heuhaufen mit einer | |
| Rüttelplatte zum Beben bringen. Die Performer:innen will sie damit | |
| interagieren lassen, der Sounddesigner Arno Kraehahn entwickelt dazu | |
| Klänge. | |
| Einen Performer hat sie heute vielleicht schon gefunden. „Jürgen Wehnert | |
| hat auf Kampnagel schon mal [5][drei Stunden lang ein Auto geküsst] und hat | |
| also die besten Voraussetzungen“, sagt Siebold dazu. Noch isst Wehnert im | |
| Restaurant neben dem Eingang, dann will Rimnic ihn fragen. | |
| Den Heuhafen habe sie bereits im Juni auf der Art Basel gezeigt, erzählt | |
| sie. Wie genau die Performance in Hamburg aussehen wird, weiß Rimnic noch | |
| nicht. „Ich möchte etwas machen, das die Leute, die dort mit Prada-Tüten | |
| vorbeilaufen, ein bisschen aus ihrer Shoppingwelt herausreißt.“ Jetzt müsse | |
| sie erst mal den Raum sehen, um mit der Entwicklung zu beginnen. | |
| Auch Siebold sieht noch entspannt aus. Gerade ist er leicht erkältet aus | |
| Barcelona zurückgekommen, wo er sich Lola Arias' Theaterstück „Los Días | |
| Afuera“ angesehen hat. Das Stück der [6][argentinischen Schriftstellerin | |
| und aktuellen Ibsen-Preisträgerin] ist eine Koproduktion des | |
| Sommerfestivals unter anderem mit dem Festival d’Avignon, wo es | |
| uraufgeführt wurde. In Form eines Musicals inszeniert Arias gemeinsam mit | |
| ehemaligen Gefängnisinsass:innen deren Leben hinter Gittern und die | |
| Zeit danach. Parallel dazu drehte Arias mit der Gruppe darüber [7][einen | |
| Dokumentarfilm], ebenfalls in Form eines Musicals. Premiere hatte der Film | |
| auf der Berlinale. | |
| Aufwendig und nicht unkompliziert sei die Produktion gewesen, erzählt | |
| Siebold. Umso beruhigender sei es dann, wenn man sehe, wie gut ein Stück | |
| geworden sei und dass alles funktioniere. Arias sei es gelungen, aus | |
| ehemaligen Gefängnisinsass:innen echte Schauspielstars zu machen. Nur | |
| eine Sorge hat Siebold jetzt noch: In Barcelona habe es nach dem Stück | |
| minutenlang Standing Ovations gegeben, hoffentlich sei das Ensemble in | |
| Hamburg nicht enttäuscht, falls es nicht ganz so viel Applaus gibt. Das | |
| Theaterstück ist von Donnerstag bis Samstag zu sehen, der Film am Sonntag | |
| im Alabama-Kino auf dem Kampnagel-Gelände. | |
| Im Probenraum neben dem noch ganz ungemähten frühlingswilden Garten hinter | |
| den Hallen, in dem wieder der Festival-„Avantgarden“ entstehen wird, wartet | |
| die Berliner Rapperin, Choreografin und Tanzlehrerin Money Mami auf [8][die | |
| Hamburger R&B-Musikerin Ace Tee], die auf dem Festival ihre erste | |
| Performance-Arbeit zeigen will. Money Mami, die schon mit der Rapperin | |
| Shirin David getanzt und im vergangenen Jahr ihren ersten eigenen | |
| Hip-Hop-Song veröffentlicht hat, choreografiert Ace Tees aktuelles Album. | |
| Siebold erkundigt sich, wie es läuft. Money Mami ist gut gelaunt und | |
| zuversichtlich: Sie hat einen Hund dabei, den sie zum „Therapiehund“ | |
| ausbilden wolle. Das helfe auch beim Tanzenlernen, sagt sie. | |
| Dann muss Siebold wieder ins Büro und sich noch auf die Suche nach einer | |
| zweiten Performerin für Anca Rimnic machen. Bis es am 7. August unter | |
| anderem mit Lucinda Childs, der Theatergruppe Nesterval und einem Konzert | |
| der kanadischen Folk-Band Timber Timbre losgeht, ist noch einiges zu tun. | |
| 5 Aug 2024 | |
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| [8] /Hamburger-Rapperin-Ace-Tee/!5452164 | |
| ## AUTOREN | |
| Robert Matthies | |
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