# taz.de -- App für einfachere Umzüge: Tiptapp, und raus bist du | |
> Eine schwedische App behauptet, alles für einen einfachen Umzug zu | |
> bieten. Und profitiert so auf zynische Weise von der Berliner | |
> Wohnungskrise. | |
Bild: Wenn es mal wieder soweit ist: Kisten packen, Transporter organisieren, u… | |
Eine Wohnung in Berlin zu finden ist schwierig, einen unbefristeten | |
Mietvertrag nahezu unmöglich. Es sei denn, man ist zufällig mit einem | |
immensen Vermögen gesegnet. Seit Jahren sind [1][Kurzzeitverträge und | |
Untermieten zur Normalität] geworden. Und das führt dazu, dass vor allem | |
junge, neu zugezogene Menschen immer öfter umziehen müssen. | |
Es ist der perfekte Zeitpunkt für das schwedische Unternehmen Tiptapp, um | |
eine Lösung für den Umzugstransport anzubieten. Das Prinzip der App ist | |
simpel: Nutzer stellen online ein, wann sie etwas transportieren müssen, | |
und entscheiden selbst, welchen Preis sie dafür zahlen wollen. Andere | |
Personen können diesen Auftrag daraufhin ausführen. Somit sei „alles, was | |
die Umziehenden benötigen“, in dieser App zu finden, freut sich der Gründer | |
Tim Bjelkstam. Was er dabei vergisst: den benötigten Wohnraum. | |
Mit der App werde Berlin zum „Vorreiter einer modernen, urbanen Lebensart, | |
in der Wohnungswechsel ein integraler Bestandteil sind“, so das | |
Unternehmen. Also keine Angst, wer mal wieder gekündigt wird und sich | |
erneut auf die quälende Wohnungssuche begeben muss – zumindest für den | |
Transport ist gesorgt. Eine gute Nachricht für alle, die von der | |
unsichtbaren Hand des Berliner Wohnungsmarkts vor die Tür gesetzt werden. | |
Die App verspricht zudem, durch eine vermeintlich neue Art des | |
nachhaltigeren Transports eine Bereicherung für die Hauptstadt zu sein. | |
Besonders das [2][Müllproblem, das Berlin vor allem seit der Coronapandemie | |
zu schaffen macht], soll damit angegangen werden. Durch eine Zusammenarbeit | |
mit der Berliner Stadtreinigung sollen Menschen ohne Auto ihren Sperrmüll | |
zu relativ niedrigen Preisen abholen lassen können. Zusätzlich entdeckt man | |
in der App weitere Inserate wie Einkaufen für ältere Menschen. | |
## Krise als Lifestyle | |
Der Ansatz von Tiptapp ist gut, doch die Präsentation zynisch. Die App | |
normalisiert einen sozialen Missstand und macht dabei noch ein Unternehmen | |
reich. Wie das geht: Sie kreiert einen neuen Lifestyle, den sogenannten | |
„dynamischen Lebensstil“, wie der Gründer es nennt. Technische und schnelle | |
Lösungen kaschieren elegant die zugrunde liegenden Probleme. Tiptapp reitet | |
auf der Spitze der Trendwelle. Wenn Umzüge jetzt so einfach sind, gibt es | |
dann überhaupt noch ein Problem? | |
Das Unternehmen spricht von einer „neuen Normalität“. Vielleicht hat es | |
erkannt, [3][dass Wegner & Co die Wohnungskrise nicht lösen] – warum dann | |
nicht davon profitieren? Hier zeigt sich wieder, was passiert, wenn eine | |
reale Dystopie als neue Utopie missverstanden wird. | |
30 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Befristeter-und-moeblierter-Wohnraum/!6018646 | |
[2] /Sperrmuell-Kieztage-in-Berlin/!5920588 | |
[3] /Mietenpolitik-der-Berliner-SPD/!6024716 | |
## AUTOREN | |
Emma Doermann | |
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