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# taz.de -- Europäische Trägerrakete: Ariane 6 erstmals gestartet
> Es ist ein großer Erfolg für die europäische Raumfahrt: Die Trägerrakete
> Ariane 6 ist erstmals ins All geflogen. Doch nicht alles verlief nach
> Plan.
Bild: Start der Ariane 6 am Dienstag: Die Rakete soll zukünftig den Zugang Eur…
Kourou dpa | Die Spitzen der [1][europäischen Raumfahr]t feiern es als
einen „unglaublichen Erfolg“: Erstmals ist die europäische Rakete Ariane 6
in den Weltraum gestartet und holt Europas Raumfahrt damit aus der Krise
ihres Trägerraketensektors.
Die Rakete startete am Dienstag gegen 21.00 Uhr deutscher Zeit am
europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana unter den
gebannten Blicken zahlreicher Beteiligter und Raumfahrtbegeisterter.
Gut eine Stunde später verkündete die Esa dann den Erfolg des Flugs,
nachdem die Rakete mehrere Satelliten ausgeliefert hatte. „Wir schreiben
heute Geschichte“, sagte Esa-Chef Josef Aschbacher unter Applaus in Kourou.
„Heute ist ein großer Tag, zum Feiern.“ Er sei persönlich erleichtert.
Der gesamte Flug der 56 Meter hohen und 540 Tonnen schweren Rakete war auf
knapp drei Stunden angesetzt. Bereits kurz nach dem Abheben, als die
Ablösung der Booster verkündet wurde, brach auf den Terrassen am
europäischen Weltraumbahnhof Jubel und Applaus aus. Bei jedem weiteren
Meilenstein, den die Rakete erfolgreich absolvierte, erfüllten Freude und
Erleichterung den Weltraumbahnhof.
## Mit der Ariane 6 raus aus der Krise
Schon seit Monaten hat Europas Raumfahrt auf den Jungfernflug seiner neuen
Rakete hingefiebert. Denn für den Kontinent steht viel auf dem Spiel. Die
Hoffnungsträgerin Ariane 6 soll wieder einen eigenen Zugang zum All
herstellen und so die Unabhängigkeit sichern.
Seitdem vor ziemlich genau einem Jahr die letzte Ariane 5, die Vorgängerin
der Ariane 6, in den Weltraum gestartet ist, hatte die europäische
Raumfahrt keine eigenen Transporter mehr, um größere Satelliten in den
Weltraum zu bringen. Die Esa gestand eine ernsthafte Krise des europäischen
Trägerraketensektors ein, Aschbacher sprach von einem riesigen Problem.
Denn Ärger gab es auch bei den kleineren Satelliten. Nach einem
erfolgreichen Erststart missglückte der erste kommerzielle Flug der Vega C
Ende 2022. Eine Rakete dieses Typs soll erst im November wieder fliegen.
Teils wich die Esa für Satellitenstarts auf Falcon-9-Raketen des
US-Unternehmens [2][SpaceX von Elon Musk] aus.
## Gelungener Flug nur der Anfang
Mit dem Erstflug der Ariane 6 ist für Aschbacher klar: „Europa ist zurück.�…
Aus der Krise sei man raus. Er erklärte aber auch: „Dies ist nur der erste
Schritt, wir haben noch viel Arbeit vor uns.“ Bereits Ende des Jahres soll
die nächste Ariane 6 fliegen.
Die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR), Anke Kaysser-Pyzalla, lobte: „Es ist gelungen, hier wieder eine
Rakete zu erstellen, die man zukünftig in einer Art Raketenfabrik immer
wieder bauen kann.“ Laut Rolf Densing, Leiter des Esa-Kontrollzentrums in
Darmstadt reichten die Industriekapazitäten für bis zu elf Starts pro Jahr.
Der Chef des Raketenbetreibers Arianespace, Stéphane Israël, sagte, schon
im kommenden Jahr wolle man sechsmal eine Ariane 6 in den Weltraum
schicken.
## Vorfall in Demophase
Ganz nach Plan verlief bei dem Jungfernflug aber nicht alles. Nach der
erfolgreichen Startphase folgte eine technische Demonstrationsphase. In
dieser zündete ein Hilfsantrieb in der Oberstufe zwar zunächst, stoppte
dann aber, wie der Chef des Raketenbauers ArianeGroup, Martin Sion,
erklärte. Warum, wisse man noch nicht.
Sion sagte zu dem Vorfall: „Das ist bedauerlich, aber das ist auch der
Grund, weshalb wir eine technische Demonstration vornehmen, weil es Dinge
gibt, die wir nicht am Boden testen können.“ Mit der Testphase am Ende des
Erstflugs habe man so viele Informationen wie möglich sammeln wollen. Man
habe schauen wollen, wie sich die Oberstufe der Rakete in sogenannter
Mikrogravitation verhält, einem Zustand, in dem die Gravitationskraft nicht
oder extrem schwach wirkt.
## „Es muss nicht alles bis zum Letzten klappen“
Ein Problem sieht die Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und
Raumfahrt, Anna Christmann, in dem Vorfall ebenfalls nicht. „Ich finde, das
zeichnet ja solche Technologien wie Raumfahrt auch aus, dass man genau
solche Dinge auch ausprobieren muss“, sagte Christmann. „Und man sieht, es
muss nicht immer alles bis zum Letzten klappen, aber daraus lernt man und
daraus wird die Ariane 6 in den nächsten Malen sicher noch besser werden.“
Insgesamt findet sie: „Der Startablauf lief eigentlich wie geschmiert.“
Vorgesehen war, dass die Rakete bei ihrem Jungfernflug 17 Nutzlasten ins
All bringt. Nach gut sieben Minuten wurde die Oberstufe abgetrennt. Das
wiederzündbare Vinci-Triebwerk wurde zweifach gezündet. In drei Phasen
setzte die Rakete technische Passagiere in den Weltraum.
Am Ende sollte die Oberstufe auf dem Weg zurück zur Erde eigentlich
verglühen. Weil der Hilfsantrieb stoppte, zündete das Vinci-Triebwerk der
Oberstufe nicht erneut, um die zwei letzten Nutzlasten auszusenden. Sie
werden nun in der Oberstufe bleiben, die im All verbleibt.
## Esa lobt Ariane 6 für ihre Flexibilität
Die Ariane 6 musste zehn Jahre lang auf ihren Erststart warten. Sie ist das
Nachfolgemodell der [3][Ariane 5, die von 1996 bis Sommer 2023 im Einsatz
war]. Die Rakete soll Satelliten für kommerzielle und öffentliche
Auftraggeber ins All befördern und ist deutlich günstiger als ihre
Vorgängerin.
Je nach Mission kann die flexible und modulare Rakete mit zwei oder vier
Boostern ausgestattet werden und unterschiedliche Nutzlasten in einem
kleineren oder einem längeren Oberteil unterbringen. Bis zu 11,5 Tonnen
Gesamtfracht kann sie bei geostationären Satelliten transportieren und 21,6
Tonnen in niedrigeren Umlaufbahnen.
Einer der zentralsten Fortschritte dürfte aber sein, dass die Ariane 6
Satelliten in unterschiedliche Orbits ausliefern kann. Somit kann sie auch
Konstellationen ins All bringen.
Möglich ist das dank des wiederzündbaren Vinci-Triebwerks der im Bremer
Werk des Raketenbauers ArianeGroup montierten Oberstufe. Laut Walther
Pelzer, Generaldirektor der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, hat
Deutschland damit die wichtigste Innovation verantwortet.
## Experte hält Rakete nicht für besonders modern
Wie modern die Rakete ist, daran scheiden sich die Geister. Esa-Chef
Aschbacher ist überzeugt, dass die Rakete den aktuellen Herausforderungen
entspricht. Raumfahrtexperte Martin Tajmar von der TU Dresden antwortet
hingegen auf die Frage, ob die Rakete auf der Höhe der Zeit sei: „Das kann
man vergessen.“
Tajmars Blick geht dabei in die USA und zu SpaceX: „2015 ist das erste Mal
die Falcon-9-Rakete erfolgreich wieder gelandet und hat quasi das Zeitalter
der wiederverwendbaren Raumfahrt gegründet, wo natürlich alle anderen jetzt
dann komplett alt ausschauen.“
Immerhin: Laut Esa-Raumtransportdirektor Toni Tolker-Nielsen soll die
Rakete, die die Ariane 6 ablöst, auch wiederverwendbar sein. Derzeit plant
die Esa, die Ariane 6 bis mindestens Mitte der 2030er Jahre zu nutzen.
Tajmar meint, dann sei man aber wieder 20 Jahre hinterher. Nur: Die
langwierigen Entscheidungsprozesse bei der Esa könne man auch nicht mit der
Arbeitsweise von SpaceX vergleichen.
Europas früherer Raumfahrtchef Jan Wörner meint zudem: „Ariane 6 schafft
zwar einen autonomen Zugang als Schwerlastrakete. Europa hat aber viel
weniger Starts als etwa in den USA. Deshalb ist eine mögliche
Wiederverwendbarkeit der Rakete nur bei einer totalen Veränderung der
Industrie sinnvoll.“
## Deutschland wichtig für Entwicklung der Rakete
Gut ein Dutzend Länder waren am Bau der Ariane 6 beteiligt. Die Oberstufe
wurde in Bremen montiert, die Tanks der Oberstufe und Teile des Triebwerks
kommen aus Augsburg beziehungsweise Ottobrunn. Im baden-württembergischen
Lampoldshausen wurde das Vinci-Triebwerk getestet. Nach Frankreich ist
Deutschland unter den Esa-Ländern der wichtigste Geldgeber und hat etwa 20
Prozent der rund 4 Milliarden Euro hohen Kosten der Rakete geschultert.
10 Jul 2024
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