# taz.de -- Mahnmal für ermordete Sinti und Roma: Die Aushöhlung des Gedenkens | |
> Unter dem Mahnmal des Porajmos in Berlin ist ein S-Bahn-Tunnel geplant. | |
> Hinterbliebene fürchten um das Gedenken. Doch Senat und Bahn wiegeln ab. | |
Bild: Erschütterungen durch durchfahrende S-Bahnen könnten das Mahnmal besch�… | |
Berlin taz | Die Organisation Romatrial bezeichnet die Vorgänge, mit denen | |
sie aktuell im Berliner Tiergarten konfrontiert ist, als ein „skandalöses | |
Versagen“ der Gedenkkultur in Deutschland. [1][In einem offenen Brief | |
protestiert] die Selbstorganisation von Roma und Sinti gegen den Bau eines | |
S-Bahn-Tunnels, der ihrer Auffassung nach ein dortiges Mahnmal „massiv | |
beschädigen“ würde. | |
„Die Pläne offenbaren einen noch verheerenderen Eingriff in das Denkmal der | |
ermordeten Sinti und Roma Europas als zuvor angenommen“, heißt es in dem | |
Schreiben, das am Mittwoch fast 160 Menschen unterzeichnet hatten. Die | |
Deutsche Bahn und die Berliner Senatsverwaltung für Verkehr bekräftigen | |
angesichts der Vorwürfe, alles dafür tun zu wollen, die Einschränkungen | |
durch den Bau so gering wie möglich zu halten, wollen aber an dem Vorhaben | |
festhalten. | |
Die Bahn will in Berlin eine neue Strecke bauen, mit der mittelfristig eine | |
zweite Nord-Süd-Verbindung im Stadtgebiet entstehen soll. Mit ihrem offenen | |
Brief protestiert die Organisation Romatrial gegen das | |
Planfeststellungsverfahren und die Baupläne im Tiergarten. „Wir fordern | |
eine alternative Trassenführung für den Bau der S21, die den Gedenkort | |
unbeschadet lässt“, heißt es. | |
## Störung des Gedenkens | |
Die Unterzeichnenden kritisieren, dass der geplante S-Bahn-Tunnel nur einen | |
Meter unter dem Denkmal entlangführe. Damit würden Erschütterungen durch | |
durchfahrende S-Bahnen spürbar, dies würde das stille Gedenken an dem Ort | |
massiv stören. Zudem würde [2][das Gesamtensemble des Mahnmals] | |
„irreversibel beschädigt“, weil wegen des geplanten Tunnels die umliegenden | |
Bäume gefällt werden müssten und die neuen Pflanzen wegen der Unterhöhlung | |
nicht dieselbe Höhe erreichen würden. | |
Das Denkmal befindet sich an einer unscheinbaren Stelle am äußeren Rand des | |
Tiergartens. Ein schmales Tor in einer Wand aus Milchglasplatten führt auf | |
das Gelände. Dort steht, umringt von Informationstafeln, ein runder | |
Brunnen, in dessen Mitte liegt eine frische Blume auf einem dreieckigen | |
Stein – sie wird jeden Tag erneuert. Konzipiert ist das Mahnmal von dem | |
verstorbenen israelischen Künstler Dani Karavan. | |
Schätzungsweise eine halbe Million Sinti und Roma – Männer, Frauen und | |
Kinder – ermordeten die Nationalsozialisten bis 1945. Im kollektiven | |
Gedächtnis der Deutschen ist der Porajmos (Romanes für „das Verschlingen“… | |
der Völkermord an den Sinti und Roma, aber wenig verankert. | |
## Bahn und Senat versuchen zu besänftigen | |
„Es sind sich alle bewusst, um was für einen Ort es sich handelt“, sagte | |
eine Senatssprecherin gegenüber der taz. Die Planungen seien abgeschlossen, | |
doch die Bahn müsse noch weitere Auflagen erfüllen. Das Unternehmen müsse | |
für die Umsetzung der Bauarbeiten ein „freiraumplanerisches Konzept“ | |
vorlegen, mit dem sie darlege, wie sie die Auswirkungen der Bauarbeiten so | |
gering wie möglich halten wolle. | |
Die Sprecherin wies außerdem den Vorwurf zurück, dass es durch den | |
Tunnelbau oder den Bahnbetrieb zu Erschütterungen an dem Mahnmal käme. Ein | |
Bahn-Sprecher erklärte gegenüber der taz, dass der „maximale Schutz des | |
Denkmals“ im Planungsprozess „eine Schlüsselrolle“ einnehme. | |
24 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://save-sinti-roma-memorial.org/ | |
[2] /Angriff-auf-Gedenken/!5969451 | |
## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
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